Weinheim: Betrunkene kletterten auf Kirchturm-Dach

Feuerwehrchef Albrecht: "Habe das in 40 Jahren nicht erlebt"

05.09.2016 UPDATE: 06.09.2016 06:00 Uhr 2 Minuten, 2 Sekunden

Zwei Betrunkene haben den Turm der Markuskirche als Klettergerüst missbraucht. Foto: Kreutzer

Von Philipp Weber

Weinheim. Zwei Betrunkene sind am späten Sonntagabend auf den Turm der Markuskirche geklettert und haben damit einen kostspieligen Polizei- und Feuerwehreinsatz ausgelöst. Zunächst waren die 25 und 26 Jahre alten Männer auf ein Baugerüst rund um den Turm gestiegen, dessen Betonschale zur Zeit saniert wird. Dann kletterten sie immer höher. Die Nachbarn trauten ihren Augen nicht - und riefen schließlich Jörn zur Brügge an. Er ist Mitglied im Ältestenkreis der Evangelischen Gemeinde in der Weststadt. Zur Brügge alarmierte um 21.15 Uhr die Polizei.

"Wir standen unten, und die Männer bewegten sich über das Dach - sie reagierten auch auf Zurufe nicht", beschreibt zur Brügge die Situation: "Man hat in der einbrechenden Dunkelheit auch nur zum Teil gesehen, was da oben vor sich ging." Als die Beamten eintrafen, waren die Kletterer bereits auf der Spitze des 38 Meter hohen Kirchturms angekommen.

Die Polizisten forderten die jungen Männer per Megafon auf herunterzukommen. Doch die weigerten sich. Die Polizei rief daraufhin die Weinheimer Feuerwehr, um die Männer bergen zu lassen. Doch Stadtbrandmeister Reinhold Albrecht musste passen: "Unsere Drehleiter hat eine Rettungslänge von nur 23 Metern", sagte er gestern im RNZ-Gespräch: "Es war eine Situation, wie ich sie in 40 Jahren Feuerwehrarbeit noch nicht erlebt habe." Der nächste Anruf ging an die Feuerwache Nord in Mannheim-Käfertal. Dort ist die Höhenrettung der Berufsfeuerwehr beheimatet. Nach Auskunft eines Mannheimer Feuerwehrsprechers machten sich fünf Beamte auf den Weg. Doch sie hätten kurz darauf wieder umkehren können. Die beiden Kletterer hätten den Turm "freiwillig" verlassen und sich an den Abstieg gemacht. Sie kamen im wahrsten Wortsinne auf dem Boden der Tatsachen an.

Die Polizei nahm sie mit, um ihre Personalien festzustellen. Einer kam aufs Polizeirevier, der andere wurde nach Hause gebracht - weil er seinen Personalausweis dort hatte liegen lassen. Auf die Männer komme nun eine Anzeige wegen Hausfriedensbruchs zu, heißt es im Polizeibericht: "Zudem wird geprüft, ob sie für die Kosten des Polizeieinsatzes aufkommen müssen."

Das mit der Anzeige konnte Pfarrer Stefan Royar als Vorsitzender der Weinheimer Kirchrengemeinde gestern nicht bestätigen: "Ich bin gerade erst aus den Ferien zurückgekehrt und hatte bisher keine Gelegenheit, mich mit Jörn zur Brügge kurzzuschließen", sagte er. Die Mannheimer Polizeiverwaltung überprüfe wiederum, wer die Kosten des Einsatzes mit immerhin zwei Streifenwagen tragen muss, erklärte ein Polizeisprecher.

"Wenn die Verwaltung zu der Erkenntnis gelangt, dass die Betroffenen die Einsatzkosten tragen müssen, leitet sie das Ganze an unsere Rechtsabteilung weiter." Gebe auch die grünes Licht, bekämen die Verursacher einen Kostenbescheid: "Danach steht noch der Rechtsweg offen." Ob und wie viel die Kletterer zahlen müssen, konnte er nicht sagen: "Dass Leute auf Kirchtürme klettern, ist ein sehr seltener Vorgang", meinte er und lachte.

Wesentlich öfter überprüfe die Polizei, ob sie die Kosten für das "in Gewahrsam nehmen" stark Betrunkener, die Bergung entlaufener Hunde oder das Verursachen von Fehlalarmen weitergeben kann. So ähnlich verhält es sich auch bei der Berufsfeuerwehr, so deren Mannheimer Sprecher. "Anders als bei der Landespolizei gelten hier jedoch die Kostensatzungen der Kommunen", sagte er: "Unsere Verwaltung rechnet Fahrzeug- und Personenstunden ab." Hätten die Rettungsbeamten eingreifen müssen, wären Kosten in drei- bis vierstelliger Höhe auf die Kletterer zugekommen, schätzt er.

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