Kein Muss, aber ein Soll: Wohnraum in Edingen-Neckarhausen

MVV stellte Bedarfsanalyse vor - 12,5 Hektar Bauland fehlen

16.03.2017 UPDATE: 17.03.2017 06:00 Uhr 2 Minuten, 3 Sekunden

Das Mittelgewann in Edingen. Foto: sti

Edingen-Neckarhausen. (mwg) Die Kommune benötigt in den kommenden 15 Jahren 15,7 Hektar Wohnbauland. Zu diesem Schluss kommt die Bedarfsanalyse der MVV Regioplan, die am Mittwoch im Gemeinderat vorgestellt wurde. Zuvor hatte die Offene Grüne Liste ihren Vertagungsantrag zurückgezogen. "Uns ist der Boden unter den Füßen weggezogen worden, weil das Gutachten mittlerweile in der Welt ist", sagte Fraktionssprecher Thomas Hoffmann.

Hintergrund

Stimmen zur Analyse

Hans Stahl (UBL) an MVV: "Sie haben sich viel Mühe gemacht. Dass Nachfrage fürs Mittelgewann da ist, wussten wir aber schon vorher. Wir wollten, dass Sie die Möglichkeiten der Innenentwicklung aufzeigen, zum

[+] Lesen Sie mehr

Stimmen zur Analyse

Hans Stahl (UBL) an MVV: "Sie haben sich viel Mühe gemacht. Dass Nachfrage fürs Mittelgewann da ist, wussten wir aber schon vorher. Wir wollten, dass Sie die Möglichkeiten der Innenentwicklung aufzeigen, zum Beispiel, wie viele Ein-Personen-Haushalte es gibt, was man hier tun kann. Das Gutachten hat das Thema verfehlt - wir bekommen hier ein Wunschkonzert für den Bürgermeister und die Befürworter des Baugebiets."

Thomas Hoffmann (OGL) an MVV Regioplan: "Sie verdienen Anerkennung für eine ehrliche Darstellung. Was fehlt, ist die Berücksichtigung des Fachplans Landesweiter Biotopverbund, der Kernflächen im Mittelgewann ausweist. Das ist rechtlich höher zu bewerten als der Hamsterschutz."

Stephan Kraus-Vierling (UBL) an MVV Regioplan: "Wir wollten eine Wohnraumbedarfsanalyse. Ihre Analyse ist überschrieben mit dem Titel ‚Baulandbedarf‘. Zum jetzigen Zeitpunkt ist das sehr kritisch zu sehen."

Klaus Merkle (UBL) an MVV Regioplan: "Lag es an der fehlenden Zeit, die es Ihnen nicht erlaubt hat, eine Befragung zur Innenentwicklung und zu Ein-Personen-Haushalten zu machen? Die Zeitschiene erschließt sich uns nicht."

Bürgermeister Simon Michler an Klaus Merkle: "Der Gemeinderat hat aber gesagt, er wolle es schnellstmöglich haben."

Dietrich Herold (UBL) an MVV Regioplan: "Es ist nicht vergeblich, was hier abgeliefert wurde. Es wird uns als Diskussionsgrundlage begleiten. Aber dürfen wir mit einer Ergänzung rechnen? Uns fehlt ein entscheidender Teil."

Horst Göhrig, Bauamtsleiter an Stahl, Kraus-Vierling, Merkle: "Das Büro hat alles abgearbeitet nach Angebot. Ich laste mir selbst die Diskrepanz an zwischen dem Auftrag und den Wünschen des Gemeinderats. Das liegt auch daran, dass ich mir nicht vorstellen konnte, wie man solche Fragestellungen ermitteln könnte."

Michael Bangert (SPD) an MVV Regioplan: "Könnte der Naturschutz den Bebauungsplan canceln?"

Bernhard Schwoerer-Böhning (MVV Regioplan) an Bangert: "So einfach nicht. Ökologisch muss alles geprüft und abgewogen werden. Das Vorhandensein gefährdeter Arten ist oft kein Hinderungsgrund, macht die Sache aber teurer, wenn umgesiedelt werden muss."

Thomas Hoffmann (OGL) an die Gemeinderäte: "Ich rege eine Bürgerinformationsveranstaltung zum Thema an."

Thomas Zachler (SPD) an Hoffmann: "Das unterstützen wir voll."

Thomas Zachler an MVV Regioplan: "Respekt. Sie haben uns Orientierungsmerkmale und das Rüstzeug für weitere Entscheidungen an die Hand gegeben. Was wir mit diesem Handwerkszeug machen, ist nun unsere Sache." nip

[-] Weniger anzeigen

Die errechneten fast 16 Hektar, die in Edingen-Neckarhausen laut der Untersuchung benötigt werden, sind sogenannter Bruttowohnbaulandbedarf. Werden davon die Flächen für Straßen oder einen Kindergarten abgezogen, bleiben laut MVV 12,5 Hektar an sogenanntem Nettowohnbauland, das benötigt werde. "Das ist ein Bedarf an Fläche, dem man sich stellen kann oder muss", sagte Alexander Kuhn, Projektleiter der Untersuchung. Sein Kollege Bernhard Schwoerer-Böhning erklärte, wie sich der errechnete Bedarf zusammensetzt. Drei Faktoren seien dabei berücksichtigt worden:

Beim Eigenbedarf der Kommune verwies Schwoerer-Böhning besonders darauf, dass eine Kommune gleichwertige Lebensverhältnisse für ihre Bürger schaffen müsse. Für diesem sogenannten Komfortbedarf gelte unter anderem die durchschnittliche Wohnfläche je Einwohner, die 2015 in Baden-Württemberg bei etwas über 45 Quadratmetern lag. Um diesen Eigenbedarf zu decken, benötige die Gemeinde in den kommenden 15 Jahren knapp zehn Hektar Nettobauland.

Zur Daseinsvorsorge zählt unter anderem bezahlbarer Wohnraum für finanzschwache Bürger. Auf einer Warteliste im Rathaus stünden 113 Bewerber für Sozialwohnungen, sagte Schwoerer-Böhning. Die MVV hat für Edingen-Neckarhausen einen Bedarf von etwa einem Hektar Nettobauland errechnet, um der Daseinsvorsorge gerecht zu werden.

Die zukünftige Bevölkerungsentwicklung ist der strittigste Faktor, der in die Untersuchung eingeflossen ist. Verlässlich vorauszusagen, wie stark die Doppelgemeinde in den kommenden 15 Jahren wachsen wird, ist schier unmöglich. Weil Edingen-Neckarhausen im Zentrum der Metropolregion Rhein-Neckar liegt, rechnet die MVV mit einem Bevölkerungswachstum von mindestens 4,2 Prozent. "Es könnte aber mehr sein oder weniger", sagte Schwoerer-Böhning. Will die Gemeinde dieser Prognose gerecht werden, müsste sie knapp neun Hektar Nettobauland zur Verfügung stellen.

Auch interessant
: Nachgehakt: SPD zur Bebauung des Edinger Mittelgewanns

Werden alle drei Faktoren zusammengerechnet, ergibt sich für Edingen-Neckarhausen ein Nettobaulandbedarf von knapp 20 Hektar. Von diesem Wert hat die MVV in ihrer Analyse unter anderem Baulücken und Flächenreserven von rund acht Hektar abgezogen. Am Ende bleiben 12,5 Hektar Nettobauland, die nicht gedeckt werden können.

Den Bedarf nach Bauland für Häuser gibt es demnach. Wie Edingen-Neckarhausen letztendlich mit den Zahlen aus der Untersuchung umgehe, bleibe aber den politischen Entscheidungsträgern überlassen, sagte Schwoerer-Böhning. "Wir können nur eine Entscheidungshilfe geben."

Die Doppelgemeinde sei nicht verpflichtet, über ihren Eigenbedarf hinaus Bauland auszuweisen, sagte Schwoerer-Böhning gestern noch einmal auf RNZ-Nachfrage. Das müssten nur Kommunen, die im Einheitlichen Regionalplan Rhein-Neckar als "Siedlungsbereiche Wohnen" festgelegt seien. Darunter fallen zum Beispiel Heidelberg und Mannheim, Eberbach, Walldorf oder Weinheim. Sie bieten bei Infrastruktur oder Verkehrsanbindung die besten Voraussetzungen für neuen Wohnraum.

Für Kommunen, die nicht unter diese verbindliche Vorgabe fallen, wurden Grundsätze der Regionalplanung formuliert, die zumindest eine Richtung vorgeben. Edingen-Neckarhausen dürfe die Vorgaben der übergeordneten Planungen daher nicht völlig ignorieren, so Schwoerer-Böhning. Die Gemeinde liege an der sogenannten Entwicklungsachse in der Metropolregion, an der sich die Siedlungsentwicklung orientieren sollte.

Die MVV hat neben dem Wohnbauland auch den Bedarf an Gewerbeflächen in der Kommune untersucht und kommt zu dem Schluss, dass bis zu 5,6 Hektar Fläche fehlen. Dringend oder gar dringendst gebraucht würden bis zu 0,9 Hektar.

(Der Kommentar wurde vom Verfasser bearbeitet.)
(zur Freigabe)
Möchten sie diesen Kommentar wirklich löschen?
Möchten Sie diesen Kommentar wirklich melden?
Sie haben diesen Kommentar bereits gemeldet. Er wird von uns geprüft und gegebenenfalls gelöscht.
Kommentare
Das Kommentarfeld darf nicht leer sein!
Beim Speichern des Kommentares ist ein Fehler aufgetreten, bitte versuchen sie es später erneut.
Beim Speichern ihres Nickname ist ein Fehler aufgetreten. Versuchen Sie bitte sich aus- und wieder einzuloggen.
Um zu kommentieren benötigen Sie einen Nicknamen
Bitte beachten Sie unsere Netiquette
Zum Kommentieren dieses Artikels müssen Sie als RNZ+-Abonnent angemeldet sein.