Flüchtlingsunterkünfte: Weinheim kann Container bestellen

Gemeinderat stimmt Millioneninvestition zu - "Der Wohnungsmarkt ist leer gefegt"

16.10.2015 UPDATE: 17.10.2015 06:00 Uhr 1 Minute, 59 Sekunden

Der Rat stimmte für Wohncontainer. F: Kreutzer

Weinheim. (keke) FDP und Weinheimer Liste enthielten sich, alle anderen waren dafür: Mit großer Mehrheit hat der Gemeinderat am Mittwochabend für den Antrag der Verwaltung votiert, außerplanmäßig 1,2 Millionen Euro zur Verfügung zu stellen. Mit dem Geld sollen so schnell wie möglich Wohncontainer zur "Anschlussunterbringung" von rund 90 Flüchtlingen bestellt werden. Der Rhein-Neckar-Kreis hatte im Vorfeld angekündigt, Weinheim im Jahr 2016 etwa 180 Personen zuzuweisen. Über den möglichen Standort der Container, die neben Einzelzimmern Gemeinschaftsküchen, Sozial- und Sanitärräume aufweisen, wird im November entschieden.

Die Lage stelle sich als "ausgesprochen schwierig" dar, so Erster Bürgermeister Dr. Torsten Fetzner. Angesichts von Lieferzeiten von mehr als einem Jahr seien geeignete Container oder Systembauten nicht kurzfristig zu beschaffen. Hinzu kommen steigende Preise. Deshalb sei es besser, "auf Vorrat" zu bestellen.

Die Anschaffung von Containern sei zudem kostengünstiger als die Erstellung fester Wohnungen, so Fetzner. Außerdem könne man Container schnell abbauen und veräußern. Dennoch bestehe die Möglichkeit, Wohneinheiten zu schaffen, in denen Familien für ihren jeweils eigenen Bereich verantwortlich sind.

In der Kürze der Zeit sei es nicht möglich, feste Wohnungen zu bauen, gab sich Holger Haring (CDU) als Realist zu erkennen. An die Adresse der Landesregierung richtete er die Forderung, den derzeit 25-prozentigen Zuschuss für Container-Anschaffungen zu erhöhen.

Für Daniel Schwöbel (SPD) eine "unabdingbare Prämisse" bei der Standortentscheidung: Das Ganze dürfe nur eine kurzfristige Lösung darstellen. Vor allem aber: "Keine Container in der Weststadt", sondern eine Verteilung auf mehrere Standorte. Mit ein Argument für das "Ja" von Gerhard Mackert (FW): Die Anschaffung von Containern sei förderfähig, die Kosten für den Unterhalt der Unterkünfte zahle der Kreis. "Wir brauchen nur den Standort."

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Mit den "aktuellen Zahlen von heute" - 1374 Neuaufnahmen an einem Tag in Baden-Württemberg - untermauerte Uli Sckerl die Zustimmung von Grünen und GAL. Seit Anfang September hätten 43.595 Personen im Land um Asyl gebeten: "Der Löwenanteil davon könnte ein Bleiberecht erhalten". Und: "Wir haben keinen Lieblingsstadtteil für die Unterbringung von Flüchtlingen."

"Lieber schauen, über welchen Wohnungsbestand wir bereits verfügen", mochte Michael Lehner (WL). Immerhin stünden 22 städtische Wohnungen zur Verfügung, pro Jahr kämen 13 weitere hinzu. "Auch Weinheimer Bürger wollen Wohnungen vermieten", plädierte er für öffentliche Aufrufe. Container verhinderten die Integration der Neuankömmlinge. Es gebe fast 600 Wohnungssuchende in Weinheim, so Fetzners Replik. Die Stadt könne "nicht nur alles in Richtung Flüchtlinge schieben". Auch in Armut lebende Weinheimer hätten ein Recht auf sozialen Wohnraum.

Da es sich nur um eine "zeitlich begrenzte Situation" handele, schlug Wolfgang Wetzel (FDP) vor, die Container "zu mieten statt zu kaufen". Auch er hält die Unterbringung Bleibeberechtigter in Containern für fraglich. Die Stadt müsse in Vorlage gehen, stimmte Carsten Labudda (Die Linke) zu. Der Wohnungsmarkt sei leer gefegt. Es räche sich, dass seit Jahren nicht in Sozialwohnungen investiert wurde. Einig war man sich, dass Eigenbedarfskündigungen der Stadt zugunsten von Flüchtlingen nicht infrage kommen. Auf wenig Verständnis stieß Susanne Tröscher (CDU) mit dem Vorschlag, zur "Gettoisierungs-Abwehr" für die 1,2 Millionen Euro Immobilien zu kaufen. Dafür reiche das Geld nicht, beschieden ihr die Ratskollegen.

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