Alphornbläser in Weinheim

Am See dröhnten die Beats, in der City tönten die Alphörner

Beim 41. Baden-Württembergischen Alphornbläsertreffen vereinigten sich die Hornisten zu einem beeindruckenden Klangkörper

24.07.2017 UPDATE: 25.07.2017 06:00 Uhr 2 Minuten, 9 Sekunden

Die Alphornbläser stellten sich im Schlosspark auf und boten den Passanten und rund 500 Zuhörern einen beeindruckenden Anblick. Und es hörte sich auch gar nicht schlecht an: Immerhin können die Bläser Polka und Walzer spielen. Foto: Kreutzer

Von Günther Grosch

Weinheim. Hier Waidsee, dort Marktplatz, Burgruine Windeck und Wachenburg. Brauchtumsmusik als Kontrastprogramm zu Hip-Hop und Schlagerschnulzen. Der Klang von Alphörnern im Wettbewerb mit harten Beats und Gitarrenriffs. Weinheim sah sich am vergangenen Wochenende in ein musikalisches Meer der Gegensätze getaucht.

Rund 21.000 Besucher beim Waidseefestival vor den Toren der Stadt. Drinnen eher beschaulich, aber nicht weniger imposant anzusehen: Das 41. Baden-Württembergische Alphornbläsertreffen mit 26 Gruppen und 100 angemeldeten Musikanten aus allen Landesteilen.

Während sich die einen zu früher Sonntagmorgenstunde in ihrem Bett lieber noch einmal auf die andere Seite gedreht hätten, erklang vom Marktplatz her bereits der "Weckruf" von fast 30 Bläsern, denen von den Burgen herab als Antwort gut vernehmbar das Echo der dort Musizierenden antwortete.

Gut drei Dutzend "Alpinisten" hatten es sich nicht nehmen lassen, den Weg samt ihren etwa vier Kilogramm schweren Instrumenten nach oben zu nehmen. Dass sie unterwegs nicht außer Puste geraten waren und immer noch genug Luft in ihren Lungen vorhanden war, bewies wenig später die Lautstärke, mit denen die Schneckentaeler, Balderschwanger, Alpträumer, das Berglandecho, der Schwabenklang Stuttgart und die Frei-gerichter Alphornisten ihre Musikstücke vom Wind getragen als "Echo" hinunter ins Tal wehen ließen.

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Als Weinheimer Lokalmatadoren bliesen die Kurpfälzer Alphornbläser um Werner Wolf, Günter Keller, Wolf-Rüdiger Würtz und Alexander Weber die Backen. Aus der näheren Nachbarschaft waren darüber hinaus die Odenwälder Alphornbläser aus Mörlenbach mit von der Partie. Und sogar in Schleswig-Holstein wird mächtig ins Horn gestoßen, wie die am weitesten gereisten Alphornbläser "Zwischen den Meeren" aus Beldorf bewiesen.

Zur Mittagsstunde vereinigten sich alle Gruppen und Solisten unter der Leitung der in Markgräfler Tracht gekleideten Landesmusikreferentin Erika Hansert im Rund der großen Schlossparkwiese zu einem zahlenmäßig stattlichen wie fulminanten Gesamtklangkörper. Als glanzvolles "Hörstück" erwies sich die anno 2008 zur Gründung des Alphornverbands von Berthold Schick komponierte "Alphornserenade".

Aber auch die "Enzian Polka", der "Ruf der Freundschaft", "Uf d’r Bänklialp", der "Allgemeine Hirtenruf" und "Am Dorfrand" riefen immer wieder spontanen Applaus unter den schätzungsweise mehr als 500 Zuschauern und Zuhörern hervor. Von Baden-Württemberg als "Musikland Nummer 1" mit mehr als einer Million in Ensembles, Orchestern oder solistisch musizierenden Menschen, die den Südwesten zu einem "klingenden Land" werden ließen, schwärmten zur gleichen Zeit der Generalsekretär des Alphornverbands, Professor Hubert Kempter, und dessen Erster Vorsitzender, Kurt Bohlhalter.

"Als Telefon, Handy, Smartphone, E-Mail und Internet noch unbekannt waren, wurde das Alphorn nicht nur als musikalisches Instrument benutzt. Das in der Regel 3,76 Meter lange Horn diente in erster Linie dazu, sich über Berge und Täler hinweg zu verständigen", lautete die historisches Erklärung des Phänomens Alphorn. Heute spielt die Musik die Hauptrolle. Wobei die Töne des Alphorns bei klarer Luft und guten Windverhältnissen noch in fünf bis acht Kilometern Entfernung zu vernehmen sind.

Erst seit knapp zehn Jahren sind die aktuell gut 100 bestehenden Gruppen mit ihren fast 300 Alphornbläsern in Verbänden organisiert. Dennoch kann das Alphornblasen auf eine lange Tradition zurückblicken, wie das mittlerweile 41. Landestreffen beweist. Wichtig dabei ist, so Kempter, dass es gelinge, die Vielfalt und Identität des Alphorns aufzuzeigen. Wer glaubt, die meist auf "F" oder "Ges" gestimmten, zur Familie der Blechblasinstrumente gehörigen Alphörner könnten nur wenige hörenswerte Töne hervorbringen, der irrt gewaltig: "Wir können auch Polka und Walzer", so Kempter.

Info: Das 42. Baden-Württembergische Alphornbläsertreffen findet am 18. und 19. August 2018 in Rötenbach-Kißlegg statt.

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