Bebauungsplan "Wingertsäcker-Wiese"

Wenn Wohnen auf Arbeiten prallt

Bäko fordert, Vorhaben zu stoppen - Michler: "Das kann sich Edingen-Neckarhausen nicht leisten"

04.06.2019 UPDATE: 05.06.2019 06:00 Uhr 2 Minuten, 29 Sekunden

Auf der Wiese direkt gegenüber der Bäko sollen spätestens nächstes Jahr 24 Reihenhäuser gebaut werden. Das Unternehmen befürchtet, dass die neuen Eigentümer sich wegen des Lärms beschweren könnten. In der Generalversammlung wurde nun bekräftigt, dass die Bäko gegen den Bebauungsplan klagen werde. Foto: Pilz

Von Maren Wagner

Edingen-Neckarhausen. Leben und arbeiten - im Idealfall für eine Gemeinde geht beides zusammen. Während die einen Wohnraum finden, ermöglichen es die anderen, dass hier die Brötchen verdient werden können und zahlen Gewerbesteuer. Doch was geschieht, wenn es irgendwann leben oder arbeiten heißt?

Das befürchtet Jochen Früauff, einer der beiden Vorstände der Bäcker- und Konditorengenossenschaft Bäko Süd-West. Seit fast 60 Jahren liefert sie von Neckarhausen aus Bäckereien und Konditoreien all das, was diese benötigen, um zum Beispiel ihre Waren herzustellen. Täglich fahren unzählige Lastwagen vom und auf das Firmengelände. Das Be- und Entladen, die Arbeit in den Hallen, die Fahrzeuge an sich, all das macht Lärm, und vereinzelt haben sich Anwohner deshalb schon beschwert. "In den letzten 30 Jahren wurde der Betrieb immer stärker eingeschränkt durch die heranrückende Wohnbebauung aus allen Himmelsrichtungen", sagt Früauff.

Vor knapp zwei Jahren hat der Gemeinderat dann beschlossen, dass die Wiese direkt gegenüber der Bäko mit 24 Reihenhäusern bebaut werden solle. Für das Unternehmen bedeutet das mindestens 24 Menschen mehr, die sich über Lärm beschweren und irgendwann einmal Erfolg damit haben könnten.

Der Bebauungsplan liegt noch aus, die Bäko wird ihre Einwände dagegen vorbringen. Auf der Generalversammlung Ende Mai hat der Vorstand bekräftigt, dagegen klagen zu wollen.

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Geschehen ist das noch nicht. Aber sollte sich die Unternehmensleitung nicht mit der Gemeinde auf eine Lösung einigen können, wird sie den Rechtsweg beschreiten. Und es scheint so, als sehe der Vorstand diese Lösung längst nicht mehr darin, dass die Gemeinde eine Lärmschutzwand zwischen die Häuser und das Firmengelände baut. "Im Zweifelsfall sollte man sich überlegen, ob man am Bebauungsplan festhält, ob das der richtige Platz für eine Wohnbebauung ist", sagt Früauff. Am liebsten hätte die Bäko also, dass der Gemeinderat von seinem Beschluss zurücktritt.

"Das kann sich die Gemeinde nicht leisten", sagt Bürgermeister Simon Michler. Es gehe hier um Millionenbeträge. Man habe alles getan, was die Bäko gefordert habe, ein Lärmgutachten bezahlt und die Räume der Häuser so ausgerichtet, dass der Lärm größtenteils abgehalten wird. Die Bauexperten sähen keine Probleme auf das Unternehmen zukommen.

Neben dem Geld will die Gemeinde mit der Bebauung auch die sogenannte Innenverdichtung vorantreiben. Als das Neubaugebiet Mittelgewann in einem Bürgerentscheid abgeschmettert wurde, haben dessen Gegner immer wieder betont, man solle zunächst die Lücken in der Gemeinde schließen, bevor man beginne, die Ränder zu bebauen. Das bekommt die Bäko nun zu spüren, aber nicht nur die.

Nachdem der Gemeinderat Anfang 2017 beschlossen hatte, den noch aus den 1990er Jahren stammenden Bebauungsplan "Wingertsäcker-Wiese" neu aufzulegen, hatte die Bäko kurzerhand eine geplante Investition über zweieinhalb Millionen Euro gestoppt. Mit dem Geld sollte ein Anbau für eine Kommissionier-Zone geschaffen werden. Das Projekt liegt bis heute auf Eis. "Wenn ich eine Investition tätige, muss die mittelfristige Planung sichergestellt sein", sagt Früauff. Die Bäko muss also darauf vertrauen können, die nächsten Jahre am Standort bleiben zu können. Dieses Vertrauen scheint erschüttert.

Der Großhandel sortiert sich ohnehin gerade neu. "Es kommt nun darauf an, welche Einschränkungen uns durch die Wohnbebauung drohen. Irgendwann müssen wir dann vielleicht die Standortfrage stellen", sagt Früauff. Sollte das tatsächlich geschehen, drohen der Gemeinde massive Einbußen bei der Gewerbesteuer.

Bürgermeister Michler sagt, der Gemeinderat stehe weiter zum Standort. Spätestens nächstes Jahr sollen die ersten Häuser gebaut werden. Der Bäko könne er nur anbieten, dass man sich noch einmal mit den Fraktionen zusammensetze. "Von unserer Seite gibt es offene Türen." Und die Gemeinde könnte bei der Vermarktung der Häuser ausdrücklich in der Beschreibung festhalten, dass sich gegenüber ein großer Betrieb befindet.

Das, so Michler, bedeute aber nicht, dass es die möglichen Eigentümer ewig davon abhalte, sich vielleicht wegen des Lärms zu beschweren.

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