Unternehmensvertreter drohen mit Wegzug von Firmen aus Weinheim
IG Gewerbegebiet Hintere Mult und Gewerbeverein machen Stadträten Druck - In Ausschusssitzung konnten sie aber nicht sprechen

Die Erschließungsgegner warnten vor "Bodendiebstahl" in der Hinteren Mult. Foto: Kreutzer
Von Philipp Weber
Weinheim. Der öffentliche Teil der ATU-Sitzung am Mittwoch war gerade zu Ende, als Dirk Ahlheim (IG Gewerbegebiet Hintere Mult) und Manfred Müller-Jehle (Gewerbeverein Weinheim) die Pressevertreter zu sich baten. Ahlheim hatte als Mitglied des Ausschusses für Technik und Umwelt ein Statement vorbereitet. Denn das Gremium sollte im nicht-öffentlichen Teil der Sitzung den Offenlagebeschluss für den Bebauungsplan "Hintere Mult" vorberaten. Allerdings habe ihm OB Heiner Bernhard empfohlen, hieran nicht aktiv teilzunehmen. Der Grund: Ihm könne als einem der betroffenen Unternehmer Befangenheit unterstellt werden, so der sichtlich angefressene Ahlheim.
Er sehe sich aber gezwungen, sein Statement abzugeben, sagte er. Hintergrund sei eine Rundmail an alle Mitglieder der politischen Gremien: Darin hätten die Gegner eines Gewerbegebiets in der Hinteren Mult der erweiterungswilligen Firma B&S vorgeworfen, lediglich Arbeitsplätze für Osteuropäer vorzuhalten, welche unter unmenschlichen Bedingungen und als Billigjobber schuften müssten. Dies und anderes könne so nicht stehen bleiben: "Hier ist die Grenze überschritten." So gab er seine Erklärung an die Medien weiter: "Das Echo auf die Ankündigung, die Fläche Hintere Mult als Gewerbegebiet zu entwickeln, ist seitens der Wirtschaft auf große Resonanz gestoßen", sagte er. Als IG-Sprecher repräsentiere er ortsansässige Firmen, die hier Erweiterungsabsichten hegen. Er stehe aber auch in Verbindung mit ortsfremden Firmen, die Interesse zeigen.
Das Gesamtvorhaben fuße auf einem langjährigen Flächennutzungsplan. Der sehe hier ein Gewerbegebiet vor, sofern Bedarf seitens der Wirtschaft vorhanden ist: "Genau dieser Bedarf wurde angezeigt. So stark, dass schon jetzt von einer zügigen und erfolgreichen Vermarktung ausgegangen werden kann, ja muss."
Ziel müsse nun sein, dem Gewerbe- und Wirtschaftsstandort einen Impuls zu geben, um sich entwickeln zu können: "Nicht mehr und nicht weniger." Dabei hätten die letzten Wochen aber gezeigt, dass dies nicht ohne Widerstand geht: "Ausgehend von einigen wenigen Personen mit ganz individuellem Partikularinteresse wird auf der emotionalen Ebene versucht, den Zielen einer ungehinderten und oftmals intensiven Landwirtschaftsentwicklung ab-solute Priorität einzuräumen."
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Dabei würden Wahrheiten verdreht, "häufig auch bewusst", um zu provozieren. Die Unternehmensvertreter am Standort Olbrichtstraße beteiligten sich nicht an dieser Diskussion - "vor allem nicht auf diesem Niveau". Es werde aber registriert, wie Gemeinderat und Verwaltung mit dem Thema umgehen - und es würden Schlüsse gezogen: "Für ansässige Unternehmen mit Erweiterungsbedarf bedeutet das vielleicht Abwanderung. Ortsfremde werden dann wohl einen Bogen um die Gemeinde machen."
Eine Ablehnung des Gewerbegebiets oder auch nur eine Vertagung des Offenlegungsbeschlusses in der entscheidenden Gemeinderatssitzung kommende Woche werde tiefe Spuren hinterlassen: "Schon jetzt dürfte ein Imageschaden entstanden sein, ein Scheitern wäre aber fatal. Jetzt wäre der Zeitpunkt für jeden Stadtrat, der hinter einer positiven Wirtschaftsentwicklung steht, dies kundzutun."
Auf Nachfrage räumte er zwar ein, dass es wohl keine sofortigen Firmen-Umzüge geben werde, wenn der Gemeinderat nächste Woche tatsächlich für eine Vertagung votiert. "Aber es gibt Unternehmen, die sich in den kommenden Jahren verändern wollen oder müssen. Im Moment halten wir sie noch bei der Stange, in dem wir klarstellen, dass die Stimmung hier nicht so wirtschaftsfeindlich ist, wie es in der Öffentlichkeit erscheinen mag", so Ahlheim.
Ihm dränge sich zudem der Verdacht auf, dass die andere Seite mit Absicht auf Zeit spielt. "Erst wollten sie das Protokoll zur Ratsklausurtagung ,Gewerbeentwicklung‘ sehen, jetzt fordern sie, dass man die OB-Wahl abwartet." Aber bis ein(e) neue(r) OB Zeit für dieses Thema findet, könnten Monate vergehen: "Und dann kann ich Ihnen Brief und Siegel darauf geben, dass B&S weg ist. Ebenso wie ein anderes Unternehmen."



