Sanierung der Ortsdurchfahrt - "Das hält man kaum aus"
Verirrte Laster in Wohngebieten sind weiter eine große Last - Letzter Ausweg Schranke?

Von Benjamin Miltner
Bammental. Geht nicht? Gibt’s nicht! An dieses einst von einer Baumarktkette ausgerufene Motto scheinen sich einige Lkw-Fahrer im Zuge der Sanierung der Reilsheimer Straße (Kreisstraße K4160) zu klammern. Riesengroße Verbotsschilder, ausgeschriebene außerörtliche Umleitungen, ja sogar Absperrungen werden einfach ignoriert. "Wir haben da schon die tollsten Geschichten erlebt", meinte Oliver Busch in der jüngsten Gemeinderatssitzung. Zu Demonstrationszwecken spielte der Bauamtsleiter im Multifunktionsgebäude ein Beweisvideo ab. Es zeigte einen Brummifahrer, der sich mitten durch die Absperrgitter in Reilsheim seinen Weg bahnte – und zwar indem er diese mit der Kraft seiner PS beiseite fuhr.
Der wachsende Unmut
Der Verkehr ist ein sehr großes Thema in Bammental – nicht erst mit den Baustellen, die sich seit drei Jahren durch die Ortsdurchfahrt ziehen. Beschwerden gibt es schon lange – doch seit rund drei Wochen haben diese eine neue Dimension erreicht. Damals ist die Sanierung der Reilsheimer Straße in den zweiten Bauabschnitt gegangen, aus der halbseitigen Sperrung mit Ampel wurde eine Vollsperrung mit Umleitung durch Reilsheim. Entweder ist die Strecke von den das Durchfahrtverbot missachtenden Lastern verstopft oder es wird gerast – und der Lärm ist sowieso immer da. Diese Kritik hört man aus der Langhecken- und Schulstraße, durch die die Umleitung seit Ende vergangener Woche nun auch in beide Richtungen führt. "Der ganze Durchgangsverkehr wird jetzt durch unser Wohngebiet geleitet – das hält man kaum aus", erzählt Gustav Gattner der RNZ. Der 68-jährige ehemalige Polizist zählt bis zu zehn Lastwagen pro Stunde – "und zwar die langen Sattelzüge mit weit über 7,5 Tonnen". "Teils fahren drei, vier Laster hintereinander durch die Strecke", berichtete auch Friedbert Ohlheiser (CDU/BV) im Gemeinderat. Sein Fazit: "Die Situation ist grausam, absolut belastend."

Die größten Probleme
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"Warum wurde die Langheckenstraße zur Vorfahrtsstraße umgewandelt, wo zuvor rechts vor links galt?" Diese Frage warf Anette Rehfuss (Grüne) im Gemeinderat auf. In Kombination mit dem Halteverbot und der freien Sicht führen die Autos nun sehr zügig durch das Wohngebiet. "Das stellt eine große Gefährdung da, gerade für den Regenbogenkindergarten", befürchtete Rehfuss. Bauamtsleiter Busch verwies auf das zuständige Landratsamt. Hierhin hatte sich Gattner schon zuvor mit ähnlichen Sorgen gewandt. Die Antwort der Straßenverkehrsbehörde: Diese Maßnahme werde während der Bauzeit als zweckmäßig erachtet. "Was ist daran zweckmäßig, wenn Anwohner Geschwindigkeitsüberschreitungen und Schwerlastverkehr dulden müssen?", macht Gattner seinen Ärger deutlich. Er hat zudem in der Schulstraße Schäden besonders am Pflaster und Randsteinen ausgemacht, die er auf die höhere Verkehrsbelastung gerade durch die Schwerlaster zurückführt. "Die Schulstraße wird nach der Umleitung ein Sanierungsfall sein", befürchtet Gattner. "Die Schäden am Pflaster waren schon vorher da", sieht Bauamtsleiter Busch den jetzige Umleitungsverkehr dagegen nicht als Auslöser. Er verspricht: "Wo die Straße nicht mehr verkehrssicher ist, werden wir die Schadstellen nach der Umleitung beheben." Aktuell das größte Problem bleibt aber indes die Missachtung des Durchfahrtverbots durch die Brummifahrer.
Die gescheiterten Lösungsansätze
"Man kann die Strecke für Lkw nicht so zumachen, dass keine reinkönnen, weil es müssen ja welche rein" – dieser hinter vorgehaltener Hand ausgesprochene Widerspruch bringt das Dilemma auf einen Punkt. Der Lieferverkehr für zwei örtliche Gewerbebetriebe und der Linienverkehr sind aufrechtzuerhalten. "Wenn ein großer Bus einfahren darf, stellt das eine Einladung für jeden Lkw-Fahrer dar", meint Gattner. Er plädiert für mehr Kontrollen durch die Polizei. "Wir machen das gerne stundenweise, können aber nicht sämtliche Ausweichstrecken dauerhaft überwachen", macht Gerhard Mackert als Leiter des zuständigen Polizeireviers Neckargemünd aufgrund der engen Personallage gegenüber der RNZ wenig Hoffnung. Und was ist mit zusätzlichen Schildern? "Wir haben extrem gut ausgeschildert", betonte Oliver Busch im Gemeinderat. Bei einigen Lkw-Fahrern sei aber die Bereitschaft der Befolgung einfach nicht da – "da können wir die Anzahl der Schilder auch auf 50 erhöhen."

Der letzte Versuch
Ein neues Maßnahmenbündel soll Linderung bringen: Auf der K 4160 aus Gauangelloch in Richtung Bammental soll für die Dauer der Baustelle Tempo 30 statt Tempo 70 gelten und ein Überholverbot eingeführt werden. Auf Höhe des Parkplatzes zwischen den beiden Orten wird auf der Fahrbahn in Richtung Bammental eine Barke mit Blinklicht installiert. Dadurch müssen alle Fahrzeuge kurzzeitig die Gegenspur überqueren und die Lkw werden quasi auf den Parkplatz – die letzte Wendemöglichkeit – geleitet. "Das ist der letzte Versuch, mehr fällt uns nicht ein", so Busch. Die Maßnahme sei von den Behörden genehmigt und die Umsetzung solle diese Woche erfolgen, teilte er dem Gemeinderat mit. Ein genauer Zeitpunkt war auf RNZ-Nachfrage am Montag weder von der Gemeinde noch vom zuständigen Landratsamt zu erfahren. Friedbert Ohlheiser gab Busch den Rat mit, ein an gleicher Stelle angebrachtes Schild mit der Aufschrift "Keine Lkw – no trucks" weiter in Richtung Gauangelloch zu verschieben. "Das Schild verwirrt viele, weil sie denken, dass sie nicht in den Parkplatz reinfahren dürfen", erklärte Ohlheiser das Potenzial für Missdeutungen, auf das Gustav Gattner bei den Behörden ebenfalls bereits aufmerksam gemacht hatte. "Wir müssen dem Ganzen Zeit geben, bis sich die Dinge einspielen", war es Bürgermeister Holger Karl, der die Situation insgesamt einordnete. Wohl selten zuvor haben die Bammentaler so inständig gehofft, ihr Rathauschef möge recht behalten ...