Mobilfunknetz Walldorf

"Ganz schlecht für Notrufe"

Empfang lässt in einigen Teilen zu wünschen übrig - Wer im Süden und Westen wohnt, der hat Glück

01.07.2018 UPDATE: 02.07.2018 06:00 Uhr 2 Minuten, 2 Sekunden

Sie informierten über das Thema Mobilfunk in Walldorf: (v.li.) Stadtbaumeister Andreas Tisch, der Erste Beigeordnete Otto Steinmann, Bürgermeisterin Christiane Staab, Prof. Dr. Gerhard Wiesmüller und Markus Ridder. Foto: Pfeifer

Von Michael Rappe

Walldorf. In Sachen Mobilfunknetz ist Walldorf eine geteilte Stadt. Wer im Süden und Westen wohnt oder arbeitet, der hat Glück. Er kann mit einer ausreichenden Netzabdeckung rechnen. Im Norden und Osten sowie in Teilen des Stadtkerns sieht das ganz anders aus.

Langsames Internet und schlechte Verbindungen mit dem Mobiltelefon sind Alltag, für Geschäftsleute und Freiberufler beispielsweise ein bedeutender Standortnachteil. Diese Problematik wurde in der Vergangenheit von Bürgern immer wieder an die Stadt herangetragen. Aber auch von Seiten der Mobilfunkanbieter wurde es häufig thematisiert.

Eine Verbesserung dieser Situation steht schon seit Längerem auf der Agenda der Stadt Walldorf. Doch eine Veränderung des Status quo ist schwierig. Der Gemeinderat hat sich 2004 verpflichtet, dass auf öffentlichen Plätzen keine Mobilfunkmasten aufgestellt werden.

Die Stadt möchte mit den Bürgern ins Gespräch kommen, daher lud Bürgermeisterin Christiane Staab zu einer Informationsveranstaltung in den Ratssaal ein. "Es ist eine schwere Diskussion, hierzu brauchen wir die Bürgerschaft", sagte die Bürgermeisterin zur Begrüßung. Sie monierte beispielsweise die ungenügende Netzabdeckung im Schulzentrum.

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"Das ist ganz schlecht für Notrufe in Krisenzeiten", stellte Christiane Staab klar. Sie hatte mit Prof. Dr. Gerhard A. Wiesmüller von der Gesellschaft für Hygiene, Umweltmedizin und Präventivmedizin in Köln und Diplom-Ingenieur Markus Ridder von der Firma IMST GmbH in Kamp-Lintfort zwei Experten fürs Podium geladen.

Ridder gab zunächst einen Überblick über die vorhandene Abdeckung. Derzeit gibt es etwa zehn Sektoren, die Richtung Innenstadt gerichtet sind. Maximal acht Telefone können gleichzeitig mit einer Sendefrequenz bedient werden, das heißt, nur 80 Gespräche sind gleichzeitig möglich.

Ridder brachte das Beispiel der Stadt Haltern am See in Nordrhein-Westfalen, die wie Walldorf rund 16.000 Einwohner hat. Dort gibt es 34 Sektoren. "In Walldorf sieht es für mich nach einer Unterdeckung aus", so Ridder.

Die rund 30 erschienenen Bürger gaben überwiegend ihrer Sorge um gesundheitliche Schädigungen Ausdruck. Prof. Wiesmüller, Facharzt für Hygiene und Umweltmedizin, argumentierte allerdings, dass "die aktuelle wissenschaftliche Literatur die Befürchtung, dass Mobilfunkfelder ursächlich für Erkrankungen sind, nicht stützt".

Ein erhöhtes Krebsrisiko sei nicht nachgewiesen. "Nach wissenschaftlichem Kenntnisstand sind keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen durch hochfrequentierte Felder zu erwarten, wenn Grenzwerte eingehalten werden", sagte Wiesmüller. Allerdings gäbe es die Frage der Langzeitwirkungen über 15 Jahre hinaus.

Er stellte aber auch klar, dass der Aufenthalt direkt neben einer Anlage - in einem Abstand von etwa sechs Metern - gesundheitsgefährdend sei. Und es gibt sehr, sehr viele Studien, die auch zu anderen Schlussfolgerungen kommen.

Die Wiener Ärztekammer beispielsweise fordert ein Handyverbot für Kinder unter 16 Jahren. Hierzu wandte Wiesmüller jedoch ein, dass beispielsweise in Nordrhein-Westfalen die Schule digitalisiert werden soll.

In der Fragerunde wies eine Bürgerin darauf hin, dass viele Jugendliche gar kein Festnetz mehr hätten und nur noch mobil telefonieren würden. Diese Altersgruppe könne die schlechte Netzabdeckung in Teilen Walldorfs sicherlich nicht nachvollziehen.

Nach gut zweieinhalb Stunden schloss Bürgermeisterin Christiane Staab den Informationsabend mit der Ankündigung, dass sich Gemeinderat und Verwaltung intensiv mit der Frage einer besseren Netzabdeckung beschäftigen würden.

"Wenn der Gemeinderat den Beschluss von 2004 kippt, müssen Experten entscheiden, wo ein Mast gesetzt wird." Ein festgelegtes Zeitfenster gebe es nicht, aber "wir können es auch nicht auf den Sankt-Nimmerleinstag verschieben", sagte die Bürgermeisterin.

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