Hochhausen

Wie die große Kunst in die kleine Kirche kam

Günter Hofmann hat die Notburgakirche Hochhausen zukunftsfähig gemacht. Auch der Förderverein steht unter neuer Führung.

27.05.2022 UPDATE: 29.05.2022 06:00 Uhr 2 Minuten, 53 Sekunden
Der ehemalige Vorsitzende Günter Hofmann hat 2012 den Förderverein gegründet, der den Erhalt der denkmalgeschützten Kirche um die sagenumwobene Notburga in Hochhausen unterstützt. Seit Kurzem führen die neue Vorsitzende Monique von Helmstatt (Mitte) und ihre Stellvertreterin Susanne Knapp die Vereinsgeschäfte. Foto: Christina Bock

Von Christina Bock

Hochhausen. Dass er einmal mit der Kriminalpolizei zu tun haben würde, hatte Günter Hofmann nicht gedacht, als er anfing, sich für die Instandhaltung der mittelalterlichen Notburgakirche in Hochhausen zu engagieren. Fast 60 Jahre ist sein Einsatz bei der damaligen Kirchenrenovierung her. Viele Projekte hat er seitdem begleitet, um das Denkmal zukunftsfähig zu machen. Heute überrascht die kleine Dorfkirche im Innern mit einer besonderen Rauminszenierung aus alter und moderner Kunst.

Nach zehn Jahren als Vorsitzender des zugehörigen Fördervereins hat Hofmann vor Kurzem sein Amt aus Altersgründen niedergelegt. Die Vorstandsmitglieder danken ihm für sein langjähriges Engagement zugunsten der denkmalgeschützten Kirche. Den Verein rief Hofmann 2012 ins Leben. "Damals stand eine weitere Renovierung an", erklärt der ehemalige Vorsitzende. "Die Kirchengemeinde konnte die Kosten aber nicht alleine stemmen. Deshalb haben wir den Verein gegründet und Spenden gesammelt." Heute unterhält der Förderverein Kunst und Kultur in der Notburgakirche und unterstützt die evangelische Kirchengemeinde bei der Denkmalpflege.

Im Leben des 1937 geborenen Hochhauseners spielte die Notburgakirche schon immer eine besondere Rolle. Wohl kein anderer kennt das Bauwerk besser als Hofmann. Er sammelte alles Wissenswerte zu Kirchengeschichte, Notburgasage und mittelalterlicher Kunst, sprach mit Kirchenbauleuten, Historikern und Restauratoren und veröffentlichte eine Kirchenführerbroschüre. Ungezählten Interessierten zeigte er den auf 1340 datierten Chorraum, das spätgotische Altarretabel sowie die Wandmalereien aus dem späten 15. Jahrhundert und ermöglichte den Besuchern spannende Einblicke in die Herrschaftsverhältnisse im Mittelalter. Noch heute hat der 84-Jährige alle Zahlen und Namen der Patronatsfamilien im Kopf.

Gerne gab Hofmann bei Kirchenführungen die Anekdote über den besagten Polizeieinsatz zum Besten, die ihren Ursprung im Diebstahl einer mittelalterlichen Kreuzigungsgruppe in den 1970er-Jahren hat. "Nach den drei Holzfiguren wurde lange gefahndet", erinnert er sich. "Aber selbst eine Belohnung von 20.000 Mark brachte keinen Hinweis zum Täter." Erst 2003 tauchte das Kunstwerk wieder auf, als eine Witwe beim Aufräumen ihres Dachbodens die Figuren entdeckte und sie ahnungslos einem Antiquitätenhändler zum Kauf anbot. Spezialisten des Landeskriminalamtes entdeckten beim Durchsehen des Auktionskatalogs das gestohlene Werk und brachten es in die Kirche zurück. Hofmann sagt: "Nach all den Jahren war das wirklich großes Glück."

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Dass die Kriminalgeschichte doch noch gut ausgehen könnte, hatte damals wohl niemand gedacht, denn Anfang der 1980er-Jahre entschied man, die Figurengruppe durch ein anderes Kunstwerk zu ersetzen. Der für seine monumentalen Skulpturen bekannte Eichtersheimer Künstler Jürgen Goertz fertigte ein Aluminiumrelief zum biblischen Gleichnis des verlorenen Sohnes. Nicht nur die dadurch entstandene Freundschaft mit Hofmann, sondern auch Goertz’ Verbundenheit mit dem Kulturdenkmal führten dazu, dass der renommierte Künstler weitere Werke für die Notburgakirche gestaltete – zuletzt 2020, als er eine Trilogie von Buntglasfenstern vollendete. Die modernen Fenster illustrieren Notburga, Flucht und Zuflucht sowie die Zehn Gebote. "Damit haben wir etwas ganz Besonderes, das auch Besucher von weiter her anzieht", sagt Hofmann.

Den Staffelstab gibt er weiter an die neue Vereinsvorsitzende Monique von Helmstatt und ihre Stellvertreterin Susanne Knapp. Beide Frauen sind bereits seit Jahren im Förderverein aktiv. Von Helmstatt, deren Familiengeschichte eng mit der Notburgakirche verknüpft ist, führt regelmäßig Besucher durch das mittelalterliche Bauwerk, Knapp engagiert sich in der evangelischen Kirchengemeinde und ist für den gottesdienstlichen Kirchenschmuck zuständig. Mit ihren neuen Ämtern wollen die beiden Hochhausenerinnen den eingeschlagenen Weg weitergehen. "Wir möchten die Notburgakirche mit Führungen und Kulturveranstaltungen regelmäßig öffnen, damit Besucher die besondere Atmosphäre erleben können", sagt Monique von Helmstatt.

Leicht ist das im Moment nicht. Die Coronakrise hat auch dem Förderverein zugesetzt. Konzerte mussten abgesagt werden, Führungen fielen aus, Spenden brachen dadurch weg. Die Kosten für die Instandhaltung des Denkmals laufen indes weiter. "Die alten Kunstwerke benötigen ein bestimmtes Raumklima, damit sie keinen Schaden nehmen, und ihr Zustand muss regelmäßig von Experten überprüft werden. Restaurierungen fallen dennoch an, das kostet alles viel Geld", erklärt von Helmstatt. "Deshalb brauchen wir dringend Einnahmen."

Auf Spenden hofft der Förderverein bei den ersten Veranstaltungen nach der Coronapause: Am 24. Juni gibt ein amerikanischer Jugendchor ein Konzert, am 3. Juli lädt der Förderverein zum offenen Sonntag mit Führung ein. Dass die kleine Dorfkirche sich so ein zweites Standbein schafft und nicht nur für Gottesdienste, Hochzeiten und Taufen genutzt wird, erscheint angesichts der bevorstehenden Kosteneinsparungen und Umstrukturierungen in der Evangelischen Landeskirche heute wichtiger denn je. Knapp ergänzt: "Seit Jahrhunderten kommen Menschen in der Notburgakirche zusammen. Wir möchten, dass dieses Kleinod auch künftigen Generationen erhalten bleibt." So führt der Förderverein die Arbeit in Hofmanns Sinne weiter.

Info: Aktuelle Informationen zu den Besuchsmöglichkeiten finden sich unter www.notburgakirche-hochhausen.de. Wer den Förderverein durch eine Spende unterstützen möchte, kann folgende IBAN nutzen: DE75.6746.0041.0033 9600 00.

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