Hat die Innenstadt ein Problem oder Potenzial?
Um den Kern langfristig zu stärken, hat der Gemeinderat eine städtebauliche Feinuntersuchung in Auftrag gegeben

Wie geht es weiter mit Walldürns Kern? Eine städtebauliche Feinuntersuchung soll Klarheit schaffen. Fotos: Janek Mayer
Walldürn. (jam) Leben in die Innenstadt bringen - diese Aufgabe beschäftigt derzeit so manchen Gemeinderat. "Viele Zentren sind mit Funktionsverlusten, Gebäudeleerständen und rückläufigen Nutzungsintensitäten konfrontiert", heißt es bereits 2015 in einem Bericht der Bundesregierung. Walldürn ist in seinem Dilemma also nicht allein: Zahlreichen Innenstädten droht der soziale und ökonomische Tod.
Das hat immerhin einen Vorteil: Aus den Erfahrungen anderer kann man lernen. Um den eigenen Stadtkern zu stärken, greift Walldürn nun auf einen Stadtplaner zurück, der bereits in Bamberg, Iphofen und Ostfildern Lösungen entwickelt hat, um dem Innenstadtsterben entgegenzuwirken. Dabei, so Stadtplaner Franz Ullrich, wird nichts weniger als ein "Stadtumbau" nötig.

Die Seestraße zählte Stadtplaner Franz Ullrich zu den "schwierigen Orten".
Leerstände zu bekämpfen und die Innenstadt zu beleben, "bedarf allerdings eines langen Atems", betonte der Experte, dessen Bamberger Büro für knapp 100.000 Euro eine "städtebauliche Feinuntersuchung mit Verkehrskonzept" erarbeiten soll. "Die Untersuchung ist lediglich das Mittel zum Zweck - und der Zweck ist die Beseitigung von Leerständen", so Ullrich. Dabei setze man dann auf Eigentümer und Investoren, denen man mit dem Zugang zu Fördermöglichkeiten und Nutzungskonzepten die Angst vor Investitionen nehmen möchte.
"Wir benötigen dieses Gesamtkonzept, denn wir haben bei der Ortsbegehung viele Ecken entdeckt, an denen wir neue Ideen brauchen", erläuterte Bürgermeister Markus Günther den Hintergrund für die beinahe sechsstellige Ausgabe. Für dieses Geld erhält die Stadt eine Feinuntersuchung, die Konflikte, Missstände, Chancen und Potenziale aufzeigt. Ullrich: "Wir betrachten jedes Gebäude innerhalb des Untersuchungsgebiets" - das umfasst bisher eine Fläche von rund zwölf Hektar.
Bei seiner Präsentation gab der Experte auch gleich einen ersten Abriss: Als aufwertungsbedürftig bezeichnete er sowohl Untere Vorstadtstraße und Adolf-Kolping-Straße als auch das Parken rund um das Schloss. Potenziale sieht er dagegen in zum Teil "sehr attraktiven" Bereichen der Hauptstraße, deren Ende er allerdings als "schwierigen Ort" bezeichnete.
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"Das Bettendorfareal und die Zufahrt Kirchenstieg harren ebenfalls einer Lösung", sagte der Stadtplaner. Abhilfe könnte die Verkehrskonzeption schaffen. "Wenn wir touristisch mehr machen wollen, müssen wir die Besucher zu unseren Highlights wie Basilika und Rathaus führen", betonte auch der Bürgermeister.

Die Turmgasse harrt ebenfalls einer Lösung.
Der nutzte die Gelegenheit gleich, um einigen Gemeinderäten inkonsequentes Vorgehen vorzuwerfen: "Unsere Verkehrsplanung wird in zahllosen Sitzungen und Jahresrückblicken bemängelt - jetzt wird das Vorgehen trotzdem kritisiert. Wir können ein solches Konzept nicht einfach selbst machen."
"Das Stadtentwicklungskonzept enthält keine Verkehrsplanung und keine Feinplanung", wies Günther anschließend auch Kritik vonseiten der Freien Wähler zurück. Die hatten die Auftragsvergabe abgelehnt und dabei auf einen ganzen Stapel alter Untersuchungen und Gutachten verwiesen, deren Ergebnisse noch nicht oder nur kaum umgesetzt worden seien - darunter auch das Innenstadtentwicklungskonzept von 2013.
Auf den Wunsch der DCB, die eine Verschiebung der Entscheidung forderte, um weitere Angebote einzuholen, entgegnete der Bürgermeister: "Das Ganze fällt uns nicht auf die Füße, das Geld ist schon längst im Haushalt eingestellt." Der DCB-Fraktionsvorsitzende Schmeiser warnte zusätzlich davor, "eine Planung zu machen, die in der Schublade verschwindet".
Eine geeignete Antwort hatte Bürgermeister Günther an anderer Stelle der Diskussion parat: "Wenn wir nichts in der Schublade haben, kommen wir nicht an die Fördertöpfe heran." Das bekräftigte anschließend auch der Experte aus Bamberg: "Ohne abgestimmte Konzepte ist der Zugang zu den Förderungen unmöglich."
Letztlich stimmte der Gemeinderat der Auftragsvergabe bei sechs Gegenstimmen (DCB und Freie Wähler) zu.