Theodor-Frey-Schule Eberbach

"Das Thema Mobbing wird überbewertet"

Schulleiter und Jugendsozialarbeiterin der Theodor-Frey-Schule im Gespräch - Präventionsmaßnahmen und Unterstützungssystem

19.09.2017 UPDATE: 20.09.2017 06:00 Uhr 3 Minuten, 13 Sekunden

Schulleiter Martin Staniczek, die stellvertretende Schulleiterin Valerie Sieber-Schmitt und Jugendsozialarbeiterin Dominique Deetjen-Hornek (v.l.). Foto: Hajo Eckert

Von Hajo Eckert

Eberbach. Inwieweit Mobbing Thema an der Theodor-Frey-Schule (TFS) in Eberbach ist, erfuhren wir in einem Gespräch mit Schulleiter Martin Staniczek, seiner Stellvertreterin Valerie Sieber-Schmitt und Jugendsozialarbeiterin Dominique Deetjen-Hornek.

Wie viele Schüler und Lehrer gibt es an der TFS?

Martin Staniczek: Wir haben etwa 750 Schüler und 53 Stamm-Lehrkräfte. Hinzu kommen noch zehn abgeordnete Lehrer anderer Schulen.

Wie beurteilen Sie das Thema Mobbing und Cyber-Mobbing an Ihrer Schule?

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Staniczek: Die Schüler der TFS sind nur über kürzere Zeiträume zusammen. Am Berufskolleg ist es jeweils rund ein Jahr. Die Berufsschüler treffen sich nur zu den einzelnen Blöcken à sechs Wochen. Deshalb sind die Reibungsflächen und Reibungsbereiche unter den Schülern geringer als an Schulen, wo die Schüler ständig über längere Zeit zusammen sind.

Dominique Deetjen-Hornek: Mobbing entsteht dadurch seltener.

Gibt es soziale Kriterien für das Entstehen von Mobbing unter Schülern?

Deetjen-Hornek: Das Mobbing und die Person des Mobbenden sind unabhängig von Herkunft, Bildungsschicht und Elternhaus. Das Cyber-Mobbing kommt überall vor.

Wie regelt die Schule den Handy-Gebrauch?

Valerie Sieber-Schmitt: Die Handys sind während des Unterrichts nicht erlaubt.

Was lässt den Gemobbten so intensiv leiden?

Deetjen-Hornek: Beschimpfungen, Beleidigungen und Ausgrenzungen gab es auch früher unter Schülern. Die Verbreitung über Internet mit dem Einbezug weiter Personenkreise kann einen Gemobbten nachhaltiger schädigen.

Sieber-Schmitt: Zwischen Mobbing und Cyber-Mobbing muss man differenzieren. Cyber-Mobbing ist die gängige Form. Die Hemmschwelle geht verloren, die Mobbenden agieren anonym über Handy oder PC.

Entstehen die Mobbing-Konflikte eher innerhalb oder außerhalb der Schule?

Deetjen-Hornek: Mobbing-Fälle sind meist Geschichten, die von außen in die Schule hineingetragen werden. In der Regel kommen sie aus dem Privatleben. Akut entstehen Fälle meist nicht an unserer Schule.

Was wäre ein Beispiel für Cyber-Mobbing?

Deetjen-Hornek: Häufig sind Beschimpfungen durch eine Whatsapp-Gruppe. Ein solcher Fall wird thematisiert, und die Beteiligten darauf hingewiesen, dass dies verletzend ist.

Wird an der Schule eine Prävention gegen Mobbing durchgeführt?

Deetjen-Hornek: Die Prävention an der Schule ist auf das Klientel abgestimmt; also auf die Schüler in den unterschiedlichen Altersgruppen und Schulbereichen, wie Berufskolleg, Wirtschaftsoberschule. Die Prävention gegen Mobbing führen wir für alle Klassen zu Beginn des Schuljahres durch.

Staniczek: Die Schüler an der TFS sind zwischen 16 bis etwa 25 Jahren alt, teils bis Anfang 30. Ein Grund für unterschiedliche Präventionsprogramme.

Welche Präventionsmaßnahmen gibt es?

Staniczek: Am Anfang steht eine Kennenlernphase, da die Schüler aus verschiedenen Schulen zur TFS kommen. Durchgeführt wird ein Kooperationstraining, Stärkung des Selbstvertrauens, Anti-Mobbing Themen, usw. Angewendet werden unter anderem Integrationsmodelle.

Deetjen-Hornek: Die aktive Schulsozialarbeit im Alltag gehört ebenfalls zu den Präventionsmaßnahmen. Wir wenden auch den "No-Blame-Approach" (Ansatz ohne Schuldzuweisung) an. Dabei nehmen die Mobbenden die Sichtweise des Gemobbten ein.

Welche Ansätze und Ergebnisse verfolgt die Prävention?

Deetjen-Hornek: "Wisst ihr, warum das so ist", so stellt sich die Ausgangsfrage in einem Mobbing-Fall. Mobbing geht immer von einer Gruppe in der Klasse aus. Es gibt kein Mobbing zwischen zwei Schülern. Den Mobbing-Kreislauf gilt es zu durchbrechen. Dabei soll die Empathie gefördert werden und das Verständnis für die Mitschüler. Man darf keinen verletzen. Das eigenes Verhalten wird reflektiert.

Sieber-Schmitt: Während des Schuljahrs werden weitere Präventionsmaßnahmen durchgeführt. In einem Theaterstück der Berufskollegiate wird Gewalt thematisiert mit einer Überleitung zu Gesprächen mit anderen Schülern.

Staniczek: Mobbing gehört zum Schulalltag. Es ist soweit als möglich zurückzudrängen durch Präventionsmaßnahmen.

Was sind Mobbing-Themen?

Deetjen-Hornek: Hauptsächlich geht es bei den Gemobbten um pubertäre Probleme, wie Figur oder den Freund ausspannen. Meist kommt der betroffene Schüler auf den Schulsozialarbeiter zu.

Staniczek: In bisherigen Fällen konnten die Mobbing-Probleme behoben werden. Die sozialen Netzwerke bilden den Schwerpunkt bei der Verbreitung der Mobbing-Attacken.

Handelt es sich um harmlosere Sachen, die durch die größere, schnellere digitale Verbreitung eine sehr verletzende Dimension erlangen?

Deetjen-Hornek: Die Probleme beim Mobbing unter Jugendlichen sind Probleme, die im Erwachsenenalter meist kein Mobbing-Grund und Problem darstellen. Manchmal sind es, von außen betrachtet, Kinkerlitzchen. Für die gemobbte Person ist es aber schlimm. Unter Jugendlichen werden diese Themen und Ursachen dramatischer gesehen.

Sieber-Schmitt: Von der Erwachsenenseite, also auch von den Eltern, muss man das ernst nehmen, auch wenn es sich teils um Banalitäten handelt.

Belastet Mobbing, das von außen hineingetragen wird, den Schulbetrieb?

Sieber-Schmitt: An der Schule spielt es in Summe keine zentrale, belastende Rolle für den Schulbetrieb. Für den einzelnen Schüler ist es sehr wohl belastend.

Wie stellte sich ein Fall dar, der tiefer ging?

Staniczek: Ein Schüler mit schulischen Leistungsproblemen forderte Mitschüler auf auch weniger Leistung zu bringen. Das Ganze lief auch über Social Media ab. Wir wollen hierauf aber nicht näher eingehen. Das Thema konnte mit positivem Ergebnis gelöst werden. Ansonsten hatten wir keine gravierenden Fälle an der TFS.

Haben Sie ein Resümee?

Staniczek: Die TFS verfügt über gut eingeführte Präventionsmaßnahmen und ein großes Unterstützungssystem. Die Fälle, die an der Schule aufschlagen, kommen von außen. Die Schule bietet Hilfe an. Bisher konnten alle Mobbing-Probleme erfolgreich gelöst werden. Das Thema Mobbing wird überbewertet, zumindest was die TFS betrifft.

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