Wie sich der Klimawandel auf den Schefflenzer Wald auswirkt
Erst die Käfer, jetzt die Pilze: Der Wald leidet - Förster Gerd Hauck zeigt die Auswirkungen - Inzwischen sind auch Buchen massiv geschädigt

Von Stephanie Kern
Schefflenz. Erst kreischt es. Dann knackt und rauscht es. Dann gibt’s einen großen Wumms. Baum gefällt. In Schefflenz muss man aktuell noch anfügen: Gefahr gebannt. Denn Förster Gerd Hauck legte dem Gemeinderat in der jüngsten Sitzung alarmierende Zahlen vor. 4100 Festmeter Holz (vor allem Fichte) hat der Gemeindewald an den Sturm "Sabrina" im Frühjahr verloren, 1700 Festmeter Fichte fielen dem Borkenkäfer zum Opfer. Seit September werden nun Buchen eingeschlagen. 6300 Festmeter bisher. Das ist insgesamt deutlich mehr, als für 2020 geplant war: 8500 Festmeter.
Beim Spaziergang im Oberschefflenzer Wald mit Gerd Hauck wird klar, warum so viel gefällt werden muss. Hauck zeigt die vielen Buchen, die am Wegesrand liegen. Nahezu alle haben einen schwarzen Kern, der manchmal sogar fast hübsch aussieht. Der Grund ist ein Pilz: Phytophthora (Wurzelfäule). "Die Buche kommt nicht mehr klar", verdeutlicht Hauck die hässlichen Folgen. Drei Faktoren haben dazu beigetragen. Die Hitze und starke Sonneneinstrahlung der vergangenen Jahre von oben, die Trockenheit von unten (also im Boden) und die Zunahme von Pilzen und Schädlingen. Die Bäume sind nach drei harten Sommern entkräftet, können sich nicht mehr wehren. "Es muss bei den Menschen ankommen: Der Wald leidet massiv", erklärt Hauck.
In normalen Zeiten belief sich das Schadholz auf zehn Prozent des Einschlags. Inzwischen macht es – zumindest in Schefflenz – 90 Prozent aus. "Wir sind getrieben von der Situation", sagt Hauck. 1118 Hektar Wald betreut der Forstwirt auf Gemarkung Schefflenz. Im Vergleich mit anderen Gemeinden ihrer Größe ist Schefflenz eine der größten Waldbesitzerinnen in der Region Neckar-Odenwald.
Bereits im Jahr 2019 war es im Schefflenzer Wald vor allem trocken. 18.000 Festmeter Holz mussten eingeschlagen werden. Auch da war die Buche schon schwer getroffen von der großen Hitze im Sommer und den gleichzeitig ausbleibenden geringen Niederschlägen. Doch Hauck blieb nicht untätig. Zum Start in den Herbst meldete er sich und "seinen" Wald für das "Einheitsbuddeln" am 3. Oktober an. Denn Hauck hatte für den Herbst und Winter ein straffes Aufforstungsprogramm geplant. 18.000 Bäume wurden gepflanzt. "Normal waren sonst drei- bis fünftausend Bäume", so der Waldexperte. Die Aktion im Oktober hatte mehrere positive Effekte. Unter anderem auch, dass sich zwei freiwillige Helferinnen fanden, die weiter pflanzten. Eine hilft heute immer noch – ehrenamtlich.
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Aufforsten ist eine Arbeit, die dem Förster eigentlich Freude bereitet. Doch ob der schieren Masse an Nachpflanzungen und auch bei den veränderten klimatischen Bedingungen, ändert sich auch das. "Ich muss überlegen, was ich noch pflanzen kann. Die Fichte hat keine Chance mehr, hier zu überleben, die Buche fällt wohl auch aus. Ich muss Alternativen suchen, und das ist schwierig." Er versuchte es im vergangenen Jahr mit Roteichen, Esskastanien und Douglasien. Besonders die Douglasie wurde den Förstern in den vergangenen Jahren als Ersatz für die Fichte empfohlen. Doch auch hier hat Hauck schlechte Nachrichten: 50 Prozent der neu gepflanzten Douglasien sind gar nicht richtig angewachsen. Auf manchen Flächen sind gar alle ausgefallen. "Dass die Fichte ein Auslaufmodell ist, war schon lange klar. Aber dass die Buche nicht klimastabil ist, hatte ich nicht gedacht", sagt Hauck, während ein paar Meter weiter gerade wieder ein Exemplar dieser Baumart gefällt wird. Wieder mit schwarzer Zeichnung.
Dabei geht es nicht nur darum, das Holz zu noch einigermaßen rentablen Preisen zu verkaufen. Die Buchen werden durch den Befall mit dem Pilz von oben her dürr, die Äste von der Krone her immer instabiler. Es reicht ein Windhauch, und sie krachen herunter. Selbst junge Bäume bekommen den Pilz. Die drei harten Sommer haben sie ausgezehrt, ein kleiner Riss in der Rinde reicht, und der Pilz dringt ein.
Gerd Hauck ist aber auch ein Tüftler. Vor allem, was die Zusammensetzung des Waldes angeht. Bereits vor 18 Jahren begann der Nussliebhaber, Nussbäume im Wald zu pflanzen. Inzwischen sind es insgesamt 10.000 Nussbäume im Schefflenzer Wald. Eine Baumart, die sich hier wohlfühlt. Auch bei der großen Pflanzaktion im vergangenen Jahr waren viele Nussbäume dabei. Sie dienen vor allem dazu, lückenhafte Buchenbestände aufzufüllen. "Ich ergänze sie damit gerne, um eine klimastabile Art auf der Fläche zu haben", meint Hauck. "Umso mehr sich die Auswirkungen des Klimawandels bei uns zeigen, umso wohler fühlen sich die Nussbäume", stellt er fest.
Klimawandelleugnern kann und will er gar nicht mehr viel entgegnen. Er empfiehlt einen Blick in den Wald. Oder einen Blick in die Urlaubstage- und Überstundenstatistik von Förstern und Waldarbeitern. Dass, was den Förstern nämlich gerne vorgeworfen wird – "Kahlschlag" im Wald – sei nämlich nicht das, was er und seine Kollegen aktuell machen würden. "Es ist nötig. Wir sehen wo die größten Schäden sind – und da handeln wir", sagt Hauck. "Es steht so viel an, dass es kaum machbar ist." Kahlschlag ist das nicht. Klimawandel trifft es eher.
