Leser entdecken Apfelparadies auf dem Röhrleinshof in Katzental
Bei der Sommertour zeigte Familie Gätschenberger, wie viel Arbeit und Know-how in jedem Apfel steckt – vom Baum bis ins Lager, frisch und knackig.

Von Caspar Oesterreich
Katzental. Von Auerbach bis Öhringen erstrecken sich die Felder der Familie Gätschenberger, 300 Hektar sind es in Summe. Mehr als die Hälfte der Fläche nimmt der Obstanbau ein – vor allem für ihre "Äpfel mit Biss" sind die Landwirte weit über die Region hinaus bekannt.
Was alles dazugehört, um die verführerische Frucht am Ende schön groß und rot, saftig und knackig frisch vom Baum ernten zu können, erfuhren 30 Abonnenten der Rhein-Neckar-Zeitung beim vorletzten Stopp der diesjährig RNZ-Sommertour auf dem Röhrleinshof in Katzental. Knapp 100 Leser hatten sich im Vorfeld beworben.

Zwei Stunden lang führte Arno Gätschenberger die ausgelosten Besucherinnen und Besucher durch den Betrieb. Erst hinein in eine Plantage, dann vorbei an der großen automatischen Apfelwasch- und Sortieranlage hin zu einer der ganz speziellen Lagerhallen, in denen man normalerweise gar nicht Atmen kann.
Dass die Dimensionen und Bedingungen auf dem Röhrleinshof ganz andere sind als im eigenen Garten, wurde den Besuchern schon bei der Anfahrt klar: Hunderte Obstkisten, jede fast so groß wie zwei Badewannen nebeneinander und nur mittels Gabelstapler bewegbar, standen fein säuberlich aufeinandergetürmt auf der Wiese hinter dem Hofladen und überragten gar die weitläufigen Produktionshallen. 30 festangestellte Mitarbeitende zählt der Betrieb. Als Saisonkräfte kommen noch einmal rund 50 Erntehelfer dazu.
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"Auf 120 Hektar machen wir klassischen Ackerbau mit Zuckerrüben, Weizen oder Mais", berichtete der Agrarbetriebswirt zwischen den ersten Apfelbaumreihen. "Die anderen 180 Hektar nimmt der Obstanbau hauptsächlich mit Äpfeln, aber auch mit Sauerkirschen und Süßkirschen, Birnen, Zwetschgen und Mirabellen ein."
Während sich Arno Gätschenberger draußen um die Feldarbeit kümmert, verantwortet sein Bruder Udo drinnen die Weiterverarbeitung, Vermarktung und den Vertrieb der landwirtschaftlichen Erzeugnisse.
Rund 3000 Tonnen Äpfel werden auf den eigenen Plantagen jedes Jahr geerntet, gereinigt, sortiert, eingelagert und etwa für Bäckereien auch weiterverarbeitet. Als Dienstleister kommen noch einmal weitere 1500 Tonnen jährlich aus anderen Betrieben dazu.
Während die Mirabellen vor allem in Frankreich ihre Abnehmer finden, werden die süßen Schwarzkirschen in erster Linie zu Brotaufstrich verarbeitet. Einer der größten Player im Marmeladengeschäft zählt seit Jahren zu den wichtigsten Stammkunden der Gätschenbergers, verarbeitet die Früchte in einem Werk in Dänemark weiter und bringt die fertige Marmelade dann hauptsächlich in Norddeutschland an den Mann und die Frau.

Die Sauerkirschen werden vornehmlich ortsnah zu Saft gepresst. Genauso wie die Zwetschgen, über die sich stets auch der ein oder andere lokale Schnapsbrenner freut, ebenso wie über die Birnen.
Das Hauptgeschäft sind und bleiben aber die Äpfel. Vor allem die Sorten Gala, Elstar, Jonagold, Braeburn, Pinova und Fuji baut Arno Gätschenberger an. "Insgesamt sind es 15 Apfelsorten auf mehr als 90 Hektar", berichtete der Landwirt den Zeitungslesern. Auf 20 Hektar werden die Früchte maschinell für die Mostobst-Produktion geerntet, der große Rest wird per Hand gepflückt.
Das ist zwar teuer – die Personalkosten machen am Ende mehr als die Hälfte vom Preis aus –, geht aber nicht anders, um die höchste Güteklasse I zu erreichen. "Die Qualität muss stimmen", machte Gätschenberger deutlich. "Eine kleine Delle, und der Apfel bleibt im Supermarktregal liegen." Falle die Klasse-I-Quote unter 80 Prozent, werde die gesamte Parzelle neu angelegt.
Und dann ist erst einmal Geduld gefragt: Fünf Jahre dauert es, bis ein junger Apfelbaum den vollen Ertrag bringt. Wachsen etwa im zweiten Laub nicht mehr als fünf Kilogramm Äpfel an seinen Ästen, liefert er bei Vollertrag rund 20 Kilogramm im Jahr. Es könnten auch mehr sein, wenn die Bäume nach der Ernte nicht immer so radikal zurückgeschnitten würden.

Doch genau das brauche es, um große und saftig-süße Früchte mit viel Zuckeranteil zu bekommen. "Hat der Baum mehr Äste und mehr Äpfel, bekommt jede Frucht weniger Nährstoffe ab", verdeutlichte Arno Gätschenberger seinen Gästen.
Im Durchschnitt 20 Jahre – "es können auch zwölf sein oder 30", so der Landwirt – stehen die Apfelbäume auf dem Acker. Dann werden sie herausgerissen, um Platz für neue zu machen. Aber immer erst dann, wenn ihr Alter die Zahl der Früchte mindert, Krankheiten oder Verletzungen den Baum schwächen und für eine schlechtere Qualität sorgen.
Der Bürokratie wegen muss Gätschenberger dennoch jedes Jahr Größe und Alter seiner Plantagen den Behörden melden. "Es ist so viel Papierkram geworden. Das macht vor allem kleineren Betreiben immer mehr zu schaffen, die dafür nicht extra jemanden abstellen können."
Interessiert hörten die RNZ-Leserinnen und -Leser dem Experten beim Gang durch die Plantage zu – und hatten auch jede Menge Fragen an den Profi. Zum richtigen Obstbaumschnitt gab der Fachmann allerlei Tipps, klärte über Dünge- und Pflanzenschutzmittel auf.

Bei Letzterem halte man den Einsatz so gering wie möglich, erklärte Gätschenberger. Das geht allerdings nur dank modernster Technik: "Auf jeder Plantage habe ich eine Wetterstation, die Daten kommen direkt in die App aufs Handy." Denn wenn sich Feuchtigkeit länger als zwölf Stunden auf den Bäumen hält, steigt die Gefahr eines Pilzbefalls stark an.
Außerdem beim Pflanzenschutz stets im Blick sind die Bienen. "Die sind unsere wichtigsten Mitarbeiter, ohne die Bienen keine Bestäubung und Ernte", machte der Landwirt deutlich und lobte auch Bussarde und Falken als "wichtige tierische Helfer". Schließlich halten die Greifvögel nicht nur andere Schwärme ab, die gerne an den Kirschen picken, sondern auch die Population der Feldmäuse einigermaßen im Zaum. "Ansonsten würden die uns alle Wurzeln anknabbern und den Bäumen dadurch sehr stark schaden."
Gedüngt wird mit einer Tonne Hühnermist pro Hektar, der vor allem aber Regenwürmer anlockt, die wiederum für einen aufgelockerten Boden sorgen, was dem Apfelbaum gefällt. Die unerwünschten Apfelwickler verwirre man mit Duftstoffen anstatt mit Pflanzenschutzmitteln, berichtete Gätschenberger stolz. "Das geht aber im Garten nicht so einfach, da braucht man schon eine größere Fläche für diese Methode", riet er im Privaten von der Maßnahme ab. "Da müsste dann auch die ganze Nachbarschaft mitziehen, damit das wirklich funktioniert."
Um wie viele Äpfel es auf dem Röhrleinshof wirklich geht, wurde den Besuchern erst in den Produktionshallen so richtig deutlich. Sechs Tonnen Äpfel werde hier pro Stunde gewaschen, im Schnelldurchlauf Dutzende Male fotografiert und schließlich sortiert, bevor sie in eines der riesigen "Ultra-Low-Oxygen-Lager" kommen.
Mit nur einem Prozent Sauerstoff in der Luft und heruntergekühlt auf etwa ein Grad Celsius bleiben die Früchte darin über Monate frisch und lecker. "Wirklich beeindruckend, wie viel Arbeit am Ende doch in so einem Apfel steckt und in welchen Dimensionen die hier quasi direkt vor unserer Haustür angebaut und weiterverarbeitet werden", urteilte ein RNZ-Leser am Ende der Tour im Hofladen angekommen.
Hintergrund
Welche Apfelsorte ist die beliebteste im Neckar-Odenwald-Kreis? Das wollen der Fachdienst Landwirtschaft und Familie Gätschenberger gemeinsam mit Interessierten herausfinden. Am Freitag, 10. Oktober, lädt Familie Gätschenberger von 14 Uhr bis 17 Uhr im Rahmen der Aktion "Gläsernen Produktion" zum Apfeltestessen auf ihren Hof ein.
Außerdem gibt es jede Menge Informatives rund um den Apfel. Bei einem Betriebsrundgang erfahren die Teilnehmer außerdem, worauf der Betrieb besonderen Wert legt und welche Arbeiten rund ums Jahr in der Apfelplantage anstehen.
Die Teilnahme ist nur nach Anmeldung bis Dienstag, 30. September, beim Fachdienst Landwirtschaft in Buchen per E-Mail an ernaehrung@neckar-odenwald-kreis.de möglich. Es wird ein Unkostenbeitrag erhoben.




