Prozess vor Mosbacher Landgericht

"Sie haben Ihre Familie komplett zerstört"

Der 46-jährige US-Amerikaner muss wegen sexuellen Missbrauchs seiner Adoptivtochter für viereinhalb Jahre ins Gefängnis.

16.09.2023 UPDATE: 25.09.2023 18:00 Uhr 5 Minuten, 23 Sekunden
Der 46-jährige Angeklagte (blaues Polo) wurde wegen sexuellen Missbrauchs seiner Adoptivtochter zu einer viereinhalbjährigen Gefängnisstrafe verurteilt. Foto: Rüdiger Busch

Buchen/Mosbach. (rüb/lu) "Die Folgen der Taten sind für Ihre Adoptivtochter gravierend: Sie leidet auch heute noch massiv darunter!", sagte Vorsitzender Richter Michael Haas zu dem Angeklagten. Doch nicht nur das: "Nicht nur Ihrer Adoptivtochter, sondern auch Ihrer Ex-Frau geht es sehr schlecht. Und Ihr Sohn ist in der Psychiatrie." Kurzum: "Sie haben Ihre Familie komplett zerstört!" Wegen des sexuellen Missbrauchs seiner damals höchstens 13 Jahre alten Adoptivtochter wurde der 46-jährige US-Amerikaner am Montag vor dem Landgericht Mosbach zu einer Haftstraße von viereinhalb Jahren verurteilt.

Die Staatsanwaltschaft hatte dem zuletzt in Buchen wohnenden Mann zur Last gelegt, zwischen 2012 und 2015 seine Adoptivtochter mehrfach geküsst und unsittlich berührt zu haben (wir berichteten). Der Angeklagte lebte zur Tatzeit mit seiner Ehefrau, deren in Deutschland geborener Tochter, die er adoptiert hatte, und dem gemeinsamen Sohn im US-Bundesstaat Washington. Ans Licht gekommen waren die Taten aber erst Jahre später: Das Opfer hatte sich der Polizei erst nach einer Hausdurchsuchung durch das FBI offenbart. Der Angeklagte hatte im Darknet eine Pädophilen-Plattform aufgesucht und war so ins Visier der Ermittler geraten. Kurze Zeit später reiste er nach Deutschland und beantragte hier Asyl. Der Asylantrag wurde inzwischen abgelehnt, wogegen er vor dem Verwaltungsgericht Karlsruhe klagt.

Um sich dem Mädchen sexuell zu nähern, sei der heute 46-Jährige äußerst perfide vorgegangen: Die Mutter hatte ihrer Tochter verboten, unter der Woche abends am Computer zu spielen. In Abwesenheit der Mutter versuchte das Mädchen, ihren Adoptivvater zu überreden, sie dennoch spielen zu lassen. Unter der Bedingung, ihn zunächst zu umarmen und zu küssen und später zuzulassen, dass er sie erst über, dann unter der Kleidung intim berühren darf, sah der Mann über das Spielverbot hinweg. Das Kind ließ derartige Übergriffe mehrfach über sich ergehen, um spielen zu dürfen.

Zudem soll er die junge Frau 2019 und 2020 mit seinem Wissen über einen Diebstahl erpresst haben. Der Mann versprach seiner Adoptivtochter, sie nicht bei ihrer Mutter zu verraten, wenn sie nackt vor ihm durch das Haus laufe. Dieser Forderung habe er teils mit Gewaltandrohung Nachdruck verliehen. Die junge Frau ließ sich auch hierauf wiederholt ein.

Der Angeklagte, der auf Hawaii geboren wurde, war zehn Jahre lang mit der Mutter seines Opfers verheiratet und hat mir ihr einen Sohn. Mittlerweile hat er einen weiteren, einjährigen Sohn mit einer anderen Frau, die er erst vor Kurzem im Gefängnis geheiratet hat.

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Anklage: 13-Jährige soll drei Jahre lang sexuell missbraucht worden sein

In einer von seiner Verteidigerin verlesenen Erklärung hatte der Angeklagte die Vorwürfe weitgehend eingeräumt. Allerdings beharrte er darauf, dass seine Adoptivtochter bei den ersten Übergriffen mindestens 14 Jahre alt gewesen sei. Im Gegensatz dazu standen die Aussagen des heute 21-jährigen Opfers, das im Vorfeld der Verhandlung in den USA vernommen worden war. Eine Aufzeichnung ihrer mehr als vierstündigen Aussage war am ersten Prozesstag unter Ausschluss der Öffentlichkeit im Gerichtssaal abgespielt worden.

Bei den Plädoyers am Montag war die Öffentlichkeit auf Antrag der Nebenklägervertreterin ebenfalls ausgeschlossen. Staatsanwältin Jana Wolf-Mittmann hatte eine Freiheitsstrafe von fünf Jahren und neun Monaten gefordert. Dieser Forderung schloss sich die Vertreterin der Nebenklägerin an. Die Verteidigung hatte für eine Bewährungsstrafe plädiert.

Vorsitzender Richter Michael Haas blieb mit viereinhalb Jahren etwas unter dem beantragten Strafmaß der Staatsanwaltschaft: "Für europäische Verhältnisse ist das recht hoch, für amerikanische eher niedrig." Der Richter begründete Urteil und Strafmaß unter anderem mit den erlebnisorientierten Beschreibungen der Taten durch das Opfer. Diese seien glaubwürdig gewesen, wie auch eine Sachverständige bestätigte. Zudem habe die junge Frau konkrete Anhaltspunkte geliefert, die eindeutig dafür sprächen, dass sie zu Beginn der Taten wirklich erst zwölf Jahre alt gewesen sei und nicht älter, wie der Angeklagte angab.

Was den Missbrauch angeht, gebe es zwar Taten, die deutlich schwerer seien als die angeklagten intimen Berührungen. Aber die perfide Art und Weise, wie der Angeklagte die Situation immer wieder ausgenutzt habe, zeuge von einer ganz erheblichen kriminellen Energie. Und nicht zuletzt berücksichtigte das Gericht auch die Tatsache, dass das Opfer auch heute noch psychisch massiv unter den Folgen der Tat leide.

Update: Montag, 25. September 2023, 18 Uhr


Viereinhalb Jahre Haft für Missbrauch an Adoptivtochter

Buchen/Mosbach. (rüb) Weil er seine damals höchstens 13-jährige Adoptivtochter in mindestens neun Fällen geküsst und unsittlich berührt haben soll, muss ein 46-jähriger US-Amerikaner für vier Jahre und sechs Monate ins Gefängnis. Das Landgericht Mosbach erkannte ihn am Montag des sexuellen Missbrauchs Minderjähriger und der Nötigung für schuldig.

Der Mann lebte zuletzt in Buchen. Die Taten hatten sich zwischen 2012 und 2015 im US-Bundesstaat Washington ereignet, wo der Angeklagte mit seiner deutschen Ehefrau, der Adoptivtochter und dem gemeinsamen Sohn lebte. Die Staatsanwaltschaft hatte eine Haftstrafe von fünf Jahren und neun Monaten gefordert, die Verteidigung für eine Bewährungsstrafe plädiert.

Update: Montag, 25. September 2023, 11.53 Uhr


46-Jähriger soll sich an Adoptivtochter vergangen haben

Mosbach. (lu) Wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern und Körperverletzung muss sich seit Freitag ein 46-jähriger US-Amerikaner vor dem Mosbacher Landgericht verantworten. Die Staatsanwaltschaft legt dem zuletzt in Buchen wohnhaften Mann zur Last, zwischen 2012 und 2015 seine damals höchstens 13-jährige Adoptivtochter in insgesamt zehn Fällen geküsst und/oder unsittlich berührt zu haben. Später soll er sie in zwei Fällen geschlagen bzw. gewürgt sowie genötigt haben, sich ihm unbekleidet zu zeigen.

In ihrer Anklageschrift schilderte die Vertreterin der Staatsanwaltschaft die Vorwürfe im Detail: Der Angeklagte lebte zur Tatzeit mit seiner Ehefrau, deren in Deutschland geborener Tochter, die er adoptiert hatte, und dem gemeinsamen Sohn im US-Bundesstaat Washington. Die Mutter hatte ihrer Tochter verboten, unter der Woche abends am Computer zu spielen.

In Abwesenheit der Mutter versuchte das Mädchen, ihren Adoptivvater zu überreden, sie dennoch spielen zu lassen. Unter der Bedingung, ihn zunächst zu umarmen und zu küssen und später zuzulassen, dass er sie erst über, dann unter der Kleidung intim berühren darf, sah der Mann über das Spielverbot hinweg. Das Kind ließ derartige Übergriffe mehrfach über sich ergehen, um spielen zu dürfen.

In einem weiteren Anklagepunkt wird dem 46-Jährigen vorgeworfen, seiner Adoptivtochter im Jahr 2017 oder 2018 heftig ins Gesicht geschlagen und sie 2018 oder 2019 gewürgt zu haben. Schließlich soll er die junge Frau in den Jahren 2019 und 2020 mit seinem Wissen über einen Diebstahl erpresst haben. Seine Adoptivtochter soll einem Mitschüler eine Geldbörse mit 500 US-Dollar gestohlen haben. Der Mann versprach, sie nicht bei ihrer Mutter zu verraten, wenn sie nackt vor ihm durch das Haus laufe. Dieser Forderung habe er teils mit Gewaltandrohung Nachdruck verliehen. Die junge Frau ließ sich auch hierauf wiederholt ein.

Vor Gericht machte der Angeklagte lediglich Angaben zu seiner Person: Der auf Hawaii Geborene war zehn Jahre lang mit der Mutter seines Opfers verheiratet; mittlerweile hat er einen weiteren, einjährigen Sohn mit einer anderen Frau, die er erst kürzlich geheiratet hat.

Von seiner Verteidigerin ließ er dann eine Erklärung verlesen, in der er die gegen ihn erhobenen Vorwürfe weitgehend einräumte. Allerdings beharrte er darauf, dass seine Adoptivtochter bei den ersten Übergriffen mindestens 14 Jahre alt gewesen sei. Den Schlag ins Gesicht bestritt er. Gewürgt haben will er das Mädchen ebenfalls nicht; er habe sie lediglich am Kinn gepackt und ihren Kopf zur Seite gedreht. Die sexuellen Übergriffe gab er zu und ließ erklären, dass er sie bereue und sich sehr dafür schäme. Jedoch seien die Handlungen stets mit der Zustimmung des Mädchens erfolgt.

Seine "unangemessenen Gefühle" gegenüber seiner Adoptivtochter seien dem Angeklagten bewusst, und er habe sich deswegen auch bereits in seiner amerikanischen Heimat in Behandlung begeben. Auch von einem Suizidversuch wurde in der Erklärung berichtet.

Das heute 21-jährige Opfer war im Vorfeld der Verhandlung in den USA vernommen worden. Das Video ihrer mehr als vierstündigen Aussage wurde auf Antrag der Nebenklagevertreterin am Freitag unter Ausschluss der Öffentlichkeit im Gerichtssaal abgespielt.

Offenbart hat sich die junge Frau erst nach einer Hausdurchsuchung durch das FBI. Der Angeklagte hatte im Darknet eine Pädophilen-Plattform aufgesucht und war so ins Visier der Ermittler geraten. Kurze Zeit später reiste er nach Deutschland und beantragte hier Asyl.

Hintergrund

Hinweis der Redaktion: Wenn Sie sich betroffen fühlen, kontaktieren Sie die Telefonseelsorge (www.telefonseelsorge.de). Unter der kostenlosen Hotline 0800/1110111 oder 0800/1110222 oder 116123 erhalten Sie Hilfe

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Hinweis der Redaktion: Wenn Sie sich betroffen fühlen, kontaktieren Sie die Telefonseelsorge (www.telefonseelsorge.de). Unter der kostenlosen Hotline 0800/1110111 oder 0800/1110222 oder 116123 erhalten Sie Hilfe von Beratern, die Auswege aus schwierigen Situationen aufzeigen können.

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Nachdem die Öffentlichkeit wieder zur Verhandlung zugelassen worden war, sagte zunächst eine Mitarbeiterin des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge als Zeugin hierzu aus, bevor die Mutter des Opfers gehört wurde. Sie berichtete von den großen psychischen Schäden, die ihre Tochter durch den Missbrauch erlitten habe. So leide sie noch heute unter Panikattacken, Depressionen und einer posttraumatischen Belastungsstörung.

Die psychologische Sachverständige, die die junge Frau begutachtet hat, wurde zum Abschluss des Verhandlungstages gehört. Sie stufte deren Aussagen als durchweg glaubhaft ein.

Mit den Plädoyers und dem Urteilsspruch wird die Verhandlung am 25. September fortgesetzt und geschlossen.

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