Pfarrer bieten Online-Gottesdienste an
Thomas Schnücker (Osterburken) und Dr. Markus Roser (Sennfeld) über die Angebote - "Die durchweg positiven Rückmeldungen waren überwältigend"

Osterburken/Sennfeld. (ahn) Gerade in den schwierigen Zeiten der Coronakrise ist die Kirche ein Anker, der einem Halt geben kann. Dabei spielt nicht nur der individuelle Glaube eine Rolle, sondern vor allem auch der Glaube, der in der Gemeinschaft gelebt wird. Allerdings wurde dieses gemeinsame Ausleben des Glaubens schwer, als das Verbot von Gottesdiensten im Beisein einer Gemeinde kam. Deshalb hieß es für die Kirchen, kreativ zu sein und neue Wege als Ersatz für den Gottesdienst zu beschreiten.
Pfarrer Thomas Schnücker aus Osterburken und Pfarrer Dr. Markus Roser haben sich dazu Gedanken gemacht und diese in die Tat umgesetzt: Sie bieten unter anderem Online-Gottesdienste an, wobei die zwei Initiatoren immer mehr Kollegen für diese Idee begeistern können. Denn die gestreamten Gottesdienste sowie auch sämtliche weitere Maßnahmen kommen gut an.
"Nachdem sich abzeichnete, dass immer mehr Gottesdienst im Beisein einer Gemeinde abgesagt würden, habe ich mich bereits vor dem Sonntag am 15. März mit dem Thema ,Gottesdienste per Livestream‘ befasst", berichtet Schnücker. "Auch der Kirchengemeinderat war von Anfang an offen für die Idee, den Gottesdienst zusätzlich zur anwesenden Gemeinde live ins Internet zu übertragen."
Am 15. März war es dann so weit: Die Premiere für den Livestream des Gottesdienstes. "Das Setup war so einfach wie möglich: Smartphone auf einem Foto-Stativ befestigt und über Facebook live gestreamt, wo das ja sehr, sehr einfach geht", blickt der Osterburkener Pfarrer zurück.
Wegen des Coronavirus war dieser Gottesdienst mit 25 Gemeindemitglieder vor Ort bereits eher schwach besucht. Die Onlinezahlen seien da besser gewesen: "29 Geräte waren zur besten Predigtzeit verbunden", sagte Schnücker. "Von einigen Gemeindegliedern habe ich im Nachgang Rückmeldung erhalten, dass vor vielen Geräten – seien es Tabletts, Smart-TVs oder PCs – tatsächlich mehrere Menschen, meist die ganze Familie, saßen. Vermutlich sind also bereits diesem Online-Gottesdienst mehr Menschen gefolgt, als sonst an einem Sonntag im März in die Kirche gehen würden."
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Nach diesem Anfangserfolg wurde es professioneller: Schnücker schaffte eine Webcam mit Stereo-Mikrofon an, arbeitete sich in eine professionelle Livestreaming-Software ein und schaltete entsprechende Werbung über Plakate und über Social Media.
Dies alles fiel auf fruchtbaren Boden: Eine Woche später am Sonntag, 22. März, streamte man über den YouTube Kanal der evangelischen Kirchengemeinde Osterburken. Im Gotteshaus waren lediglich Pfarrer Schnücker sowie der Organist und eine Lektorin zum Gottesdienst anwesend. Doch von daheim schauten Interessierte auf 110 Geräten mit zum Teil mehreren Personen zu.
"Die durchweg positiven Rückmeldungen waren überwältigend. Besonders für ältere Gemeindeglieder, die aus gesundheitlichen Gründen schon länger nicht mehr in den Gottesdienst kommen, war dies eine wundervolle Erfahrung, endlich wieder mal einen Gottesdienst der eigenen Gemeinde mitverfolgen zu können", freut sich Schnücker,
Im Verlauf des Sonntags und des Montags wurde der Gottesdienst noch einige Male abgerufen, so dass die YouTube-Statistik inzwischen über 600 Abrufe anzeigt, die von über 390 verschiedenen Geräten abgerufen wurden. "Im Verhältnis zu den üblichen Besucherzahlen unserer Gottesdienste von 40 bis 50 Gemeindegliedern erscheint uns das ein voller Erfolg zu sein. Allerdings muss man bedenken, dass die Gottesdienste ja nun als Ersatz für viele nicht mehr stattfindende Gottesdienste im Kirchenbezirk dienen müssen", relativiert der Pfarrer aus Osterburken.
Auch in Sennfeld, Korb und Leibenstadt geht man den Weg des Online-Gottesdiensts, wie Pfarrer Dr. Markus Roser berichtet. "Wir haben bereits einen YouTube-Kanal eingerichtet und werden ab dem 29. März sonntags jeweils um 10.30 Uhr aus der Sennfelder Kirche einen Onlinegottesdienst anbieten."
Hintergrund
Osterburken
> Online-Gottesdienste: Ab Sonntag, 29. März, übertragen im Kirchenbezirk Adelsheim-Boxberg vier Gemeinden Online-Gottesdienste: Osterburken, Hardheim/Höpfingen, Sennfeld / Leibenstadt / Korb sowie Neunstetten. Die Gemeinden Hardheim/Höpfingen und
Osterburken
> Online-Gottesdienste: Ab Sonntag, 29. März, übertragen im Kirchenbezirk Adelsheim-Boxberg vier Gemeinden Online-Gottesdienste: Osterburken, Hardheim/Höpfingen, Sennfeld / Leibenstadt / Korb sowie Neunstetten. Die Gemeinden Hardheim/Höpfingen und Osterburken dienen dabei als Stützpunkte für Bezirksgottesdienste mit jeweils unterschiedlichen Pfarrern. Die Gottesdienste aus Osterburken werden dabei (außer von Gründonnerstag bis Ostermontag) um 10.30 Uhr übertragen, die aus Hardheim / Höpfingen ab etwa 11.30 Uhr.
> Sonntag, 29. März: Online-Gottesdienst mit Pfarrer Philipp Tecklenburg aus Schillingstadt / Schwabhausen / Windischbuch.
> Palmsonntag, 5. April: Online-Gottesdienst mit Pfarrer Dr. Dietmar Reizel aus Ravenstein.
> Gründonnerstag, Karfreitag und Osternacht: Online-Gottesdienst mit Pfarrer Thomas Schnücker.
> Ostersonntag: Der Ostergottesdienst mit Dekan Rüdiger Krauth aus der Kirche in Hirschlanden wird auf dem Osterburkener YouTube-Kanal übertragen
> Glocken laden ein zum Gebet: Ab sofort läuten abends die Glocken etwas länger, nämlich circa 15 Minuten. Nach der Zeitumstellung wird ab Sonntag, 29. März, das Glockenläuten um 19 Uhr sein und lädt zum Gebet ein.
> Licht der Verbundenheit: In Leibenstadt regte der Kirchengemeinderat sowie eine entsprechende katholische Initiative an, täglich ab 19 Uhr eine brennende Kerze sichtbar ins Fenster zu stellen – auch verbunden mit einem Gebet – als Zeichen der Solidarität und der Verbundenheit der Christen miteinander.
> Offene Kirche: An den Sonntagen sind die Kirchen von 10 bis 18 Uhr geöffnet. Einzeln oder in Familiengruppen kann man zur Meditation und zum Gebet in die Kirche kommen. Handzettel mit entsprechenden Texten liegen aus. ahn
Außerdem hat sich die Kirchengemeinde noch weitere Maßnahmen überlegt, die in Zeiten der Coronakrise zur Ruhe und Besinnung einladen.
Trotz der herausfordernden Situation sieht Pfarrer Dr. Roser im Alltag auch viel Positives: "Es ist sehr ermutigend, die vielen Initiativen in der Nachbarschaftshilfe zu beobachten sowie das Interesse an Gesprächen über das Telefon oder den Gartenzaun. Oder auch – wie wir es hier in Sennfeld erleben dürfen –, dass sich eine kleine Gruppe von Chorleuten zusammengefunden hat, die älteren Menschen in ihrem Viertel christliche Lieder singen. Das Virus und die darauf reagierenden Maßnahmen haben bereits jetzt schon unsere Gesellschaft verändert. Aber es gibt nicht nur Hamsterkäufe und Diebstähle, sondern auch viel Solidarität und gemeinsames Tun – natürlich immer in gebührender Distanz", so Dr. Roser.
"Mehr als zuvor merken wir, wie brüchig und kurzlebig unsere menschlichen Planungen sind. Vielleicht spüren wir in dieser Zeit auch gerade, dass wir eine Kraft brauchen, die wir nicht aus uns selbst heraus machen, sondern uns nur schenken lassen können. Als Christen wissen wir uns gehalten und getragen vom Schöpfer der Welt und des Universums, der uns seinen Sohn Jesus Christus als Retter geschickt hat."
Außerdem ruft Dr. Roser dazu auf, sich im Glauben Mut und Zuversicht, Hoffnung und Leben schenken zu lassen und für die Helfer und Einsatzkräfte sowie für die Entscheidungsträger in Politik und Wirtschaft um weise Entscheidungen zu beten.



