Osterburken

Das Neubaugebiet "Bofsheimer Weg II" erntet heftige Kritik

Viele "zugepflasterte" Flächen, wenig grün und "zu große Häuser auf zu kleinen Grundstücken". Die Anwohner äußern Unmut gegenüber Stadt.

22.11.2025 UPDATE: 22.11.2025 04:00 Uhr 4 Minuten, 1 Sekunde
Blick auf eine Straße im Neubaugebiet „Bofsheimer Weg II“ in Osterburken: Anwohner kritisieren, dass in den letzten beiden Jahren mehrere Drei-Familienhäuser auf viel zu kleinen Grundstücken umgesetzt worden seien. Dadurch sei die Flächenversiegelung deutlich größer, als es im Bebauungsplan vorgesehen sei. Foto: Dominik Rechner

Von Dominik Rechner

Osterburken. Ein Wohngebiet mit einer aufgelockerten Bebauung, viel Grünfläche und einem schönen Blick auf die Umgebung: So hatten es sich viele Anwohner vorgestellt, die in das Neubaugebiet "Bofsheimer Weg II" gezogen sind.

Der dritte und vierte Bauabschnitt mit 57 Bauplätzen (insgesamt wurden im Baugebiet "Bofsheimer Weg II" 96 Bauplätze geschaffen) war im Sommer 2020 fertig erschlossen. Heute, mehr als fünf Jahre später, ist von dieser geplanten Ausrichtung nicht viel übrig geblieben, wie Joachim Steffan erklärt.

Kritik der Anwohner

Zusammen mit weiteren Anwohnern macht er im Gespräch mit der RNZ seinem Ärger Luft. Ein Vorwurf: "Trotz langer Warteliste und angeblicher Vergabe aller Grundstücke ist das Neubaugebiet ,Bofsheimer Weg II‘ immer noch nicht komplett bebaut." Und trotz Niedrigzinsphase und Bauboom sei es nicht gelungen, eine Vergabe der Grundstücke zu regeln – obwohl die Warteliste in der Spitze bis zu 150 Interessenten umfasste.

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"Die Voraussetzungen haben sich inzwischen grundlegend geändert. Mit der aktuellen Hochzinsphase sind die Bautätigkeiten deutlich zurückgegangen. Um die Bebauung im ,Bofsheimer Weg II‘ dennoch voranzutreiben, werden von den Verantwortlichen der Stadt plötzlich die Regeln gelockert, großzügig ausgelegt oder gar komplett ignoriert", so Steffan.

Auch die Einhaltung des geltenden Bauzwangs innerhalb von zwei Jahren nach Erwerb eines Grundstücks werde von der Stadt nicht überprüft bzw. nicht eingefordert, so ein weiterer Vorwurf. Außerdem seien in den letzten beiden Jahren mehrere Dreifamilienhäuser vom gleichen Architekten genehmigt und auf viel zu kleinen Grundstücken umgesetzt worden, womit wertvolle Ausgleichsflächen verloren gegangen seien. Es stelle sich die Frage, warum es trotz der Vielzahl an Bewerbern nicht gelungen sei, den ursprünglich geplanten Bebauungsplan umzusetzen.

Auch die Parksituation sei ein Ärgernis, erklärt ein weiterer Anwohner, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte: "Es wird oft auf Gehwegen geparkt, und Kinder können dadurch nicht mit dem Fahrrad auf den Gehwegen fahren, und auch für Fußgänger ist oft kein Platz." Im ursprünglichen Bebauungsplan seien Parkbuchten vorgesehen gewesen, diese habe die Stadt jedoch mit der Begründung, es gebe keinen Platz mehr, gestrichen.

"Wir haben Angst, dass auch die letzten Bauplätze so zugepflastert werden", sind die Anwohner besorgt. Und ein weiterer Bewohner sagt: "Ich habe hier mein Lebensziel für die nächsten 30 bis 35 Jahre verwirklicht, und dann möchte ich nicht in so einem Baugebiet wohnen."

Ein Brief der besorgten Anwohner an den Bauamtsleiter und den Bürgermeister sei unbeantwortet geblieben, so Joachim Steffan.

Das sagt der Bürgermeister

Die RNZ hat Bürgermeister Jürgen Galm mit den Vorwürfen konfrontiert. Zu dem Brief erklärt Galm: "Eine schriftliche Antwort ist in der Tat unterblieben. Fälschlicherweise waren wir der Annahme, dass durch die persönlichen Gespräche und Diskussionen mit den Anwohnern (zumindest) am Rande der Sitzungen des Technischen Ausschusses (eventuell gar innerhalb der Sitzung – das lässt sich aber nicht mehr feststellen) die notwendigen Antworten gegeben wurden. Gleichwie hätte auf die schriftliche Anfrage eine entsprechende Antwort erfolgen müssen. Dafür können wir uns nur entschuldigen."

Das Baugebiet "Bofsheimer Weg II" habe im Unterschied zu früheren Wohnbaugebieten erheblich reduzierte Grundstücksgrößen. "Schon von daher steigt das Verhältnis von überbauter und nicht überbauter Fläche tatsächlich wie auch optisch an", erklärt Galm. Das sei den politischen Forderungen und gesetzlichen Vorgaben zur Einschränkung des Flächenverbrauchs geschuldet. So würden z. B. bei der Ausweisung von neuen Bauflächen für Osterburken regionalplanerisch höhere Dichtewerte als Grundlage vorgegeben als bei kleineren Gemeinden. Das führe zwangsläufig zu einer Verdichtung.

In Folge der "Null-Zins-Politik" und der damit verbundenen äußerst günstigen Kreditkonditionen habe es einen regelrechten Boom an Interessensbekundungen gegeben. "In der Spitze lag die Zahl bei rund 150", bestätigt der Bürgermeister. "Diese konnten selbstverständlich nicht alle bedient werden. Wobei es noch nie Praxis war, den Verkauf von Bauplätzen von der Vorlage von Bauplänen abhängig zu machen." Aktuell habe sich die Zahl der Interessenten auf rund 30 für noch zwei verfügbare städtische Plätze eingependelt.

Bestehende Bauverpflichtungen würden sehr wohl überprüft und in der Regel auch eingehalten, so Galm. In Einzelfällen könne es aber zu verfahrensrechtlich bedingten Verzögerungen kommen, so z. B. durch Einwendungen von Nachbarn. "Die noch ca. zehn unbebauten Bauplätze befinden sich in Privatbesitz", erklärt der Bürgermeister. "Die Eigentümer haben Flächen in die Baulandumlegung eingebracht und daher anteilsweise Bauplätze zugeteilt bekommen."

Zur tatsächlichen Bebauung sagt er, dass sich der Gemeinderat dafür entschieden habe, keinen reinen Einfamilienhausbereich auszuweisen. Es gehe nicht zuletzt darum, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. So habe man zwar drei Wohneinheiten zugelassen, dafür jedoch die First- bzw. Traufhöhe sehr wohl begrenzt. "Diese orientieren sich jedoch am natürlichen Gelände, so dass in dem einen oder anderen Fall vom Technischen Ausschuss geringfügige Befreiungen erteilt wurden, wenn das Vorhaben insgesamt mit der Umgebung noch verträglich war." Dort, wo man nicht mehr von Geringfügigkeit habe sprechen können, seien die Anträge auf Befreiung abgelehnt worden.

Der Bebauungsplan setze eine Grundflächenzahl fest, also den Anteil, der von einem Grundstück prozentual überbaut werden dürfe. Jedoch lasse das Gesetz Überschreitungen zu, z. B. durch Stellplätze, Zufahrten und Nebenanlagen. "Es liegt zudem in der Natur der Sache, dass jeder Bauherr sein Grundstück individuell gestalten und die Spielräume zu seinen Gunsten ausnutzen möchte." Der Landesgesetzgeber habe jedoch insbesondere etwas zu den sogenannten Schottergärten geregelt. "Hierfür sind jedoch die Baurechts- und Naturschutzbehörden zuständig." Andererseits habe der Gemeinderat durch Festsetzungen im Bebauungsplan die gesetzlichen Vorgaben verstärkt. "So wurde die Zahl der Stellplätze über die gesetzliche Pflicht der Landesbauordnung hinaus von einem auf zwei verdoppelt."

Dass die möglichen Flächen höchstmöglich ausgenutzt würden, sei auch veränderten Bauweisen und den rasant gestiegenen Baukosten geschuldet. So gebe es kostenbedingt so gut wie keine Unterkellerungen mehr und oft werde auch auf ein Dach- oder Obergeschoss verzichtet, sondern mit Blick auf das Alter auf einer Ebene gebaut.

Zur Parksituation äußert sich Galm wie folgt: "Mit der Festlegung von zwei Stellplätzen pro Wohneinheit hat die Stadt die Parksituation auf die Grundstücke verlegt. Da es in vielen Familien aber mehr als zwei Fahrzeuge geben wird, wird es auch weiterhin parkende Autos in den Straßen geben." Der Gemeinderat der Stadt Osterburken habe sich dennoch bewusst gegen Parkbuchten entschieden. "Die Grundstücke sind so gerade hinsichtlich der Stellplätze besser plan- und nutzbar, was die Parksituation insgesamt verbessert", meint der Bürgermeister.

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