"Wir wollen keine Schließungen von Schulen"
Im Gespräch nimmt Minister Peter Hauk Stellung zu Themen wie den verschärften Corona-Maßnahmen, Schulen und der Gastronomie.

Von Alexander Rechner
Neckar-Odenwald-Kreis. In Deutschland breitet sich das Coronavirus stark aus, wie die aktuellen Zahlen zeigen: Auch der Neckar-Odenwald-Kreis hat den kritischen Wert von Corona-Neuinfektionen – 50 pro 100.000 Einwohner in sieben Tagen – aktuell überschritten und ist zum Corona-Hotspot geworden. In Baden-Württemberg gilt seit Montag mit der dritten Pandemiestufe die höchste Corona-Warnstufe des Landes. Peter Hauk hat als Minister für Ernährung und Ländlichen Raum am Samstag die Entscheidung der Landesregierung mitgetroffen. Über die verschärften Corona-Maßnahmen und die damit einhergehenden strengen Einschränkungen hat sich der CDU-Landtagsabgeordnete geäußert.
Herr Hauk, das Land hat am Samstag die dritte Pandemiestufe ausgerufen. Auf was müssen sich die Bürgerinnen und Bürger nun einstellen?
Die hochdynamische Entwicklung der Infektionszahlen im Deutschland und in Baden-Württemberg erfordert rasches Handeln. Unser Land befindet sich in einer sehr ernsten Phase der Corona-Pandemie. Deshalb haben wir uns dazu entschlossen, die dritte Pandemiestufe, quasi die "Warnstufe Rot", auszurufen. Denn wir müssen jetzt handeln, um den kritischen Trend schnellstmöglich wieder zu stoppen. Außerdem müssen wir alles daransetzen, dass die örtlichen Gesundheitsbehörden alle Kontaktpersonen von Neuinfizierten ermitteln können. Wenn allerdings die Zahl der Neuinfektionen weiter rasant ansteigt, kann verzögert auch die Anzahl der schweren Krankheitsverläufe zunehmen. Eine Überlastung des Gesundheitssystems muss vermieden werden. Mit unseren nun beschlossenen Maßnahmen wollen wir dafür sorgen, dass wir die Entwicklung verlangsamen.
Droht Baden-Württemberg gar erneut ein Lockdown?
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Wir haben diese Maßnahmen ergriffen, um gerade einen erneuten Lockdown zu vermeiden. Unser klares Ziel ist es, das Ruder wieder herumzureißen, damit wir das öffentliche Leben nicht herunterfahren müssen und unsere Wirtschaft nicht ins Stottern gerät. Die Fachleute sagen uns, dass vor allem private Feiern für das erneute Aufflammen des Coronavirus sorgen. Deshalb appelliere ich an alle Bürgerinnen und Bürger im Kreis, bitte verzichten Sie auf private Feierlichkeiten und reduzieren Sie Ihre sozialen Kontakte.
Der Neckar-Odenwald-Kreis ist nun offiziell auch ein Corona-Hotspot. Müssen sich die Menschen auf noch härtere Einschnitte einstellen?
Unsere Heimat ist bisher vergleichsweise gut durch die Krise gekommen. Aber nun sind wir an einem Punkt angelangt, an dem Zusammenhalt, Rücksicht und Vernunft gefragt sind. Die Ausbreitung des Coronavirus hängt an der Zahl der Begegnungen, die jeder von uns hat. Deshalb sollten wir alle zusammen die Regeln befolgen und damit unseren Nächsten schützen.
Im Mosbacher Altstadtkern gilt schon seit Samstag die Maskenpflicht ...
Das war vonseiten der Mosbacher Stadtverwaltung eine richtige Maßnahme. Denn es schärft auch das Bewusstsein der Menschen für die schwierige Situation. Wir haben nun im Land die dritte Pandemiestufe ausgerufen, damit wir an Weihnachten möglichst keinen Lockdown haben. Wir alle haben es selbst in der Hand.
Im Landkreis gab es dennoch einige Schulen, an den Coronafälle auftraten. Wie lange können die Schulen und Kindergarten geöffnet bleiben?
Unser Ziel ist klar: Wir wollen keine Schließungen von Schulen und Kindergärten. Denn unsere Kinder müssen weiterhin unterrichtet und betreut werden. Damit entlasten wir auch die berufstätigen Mütter und Väter in dieser ohnehin schon schwierigen Zeit. Deshalb möchte ich auch allen Lehrerinnen und Lehrern sowie Erzieherinnen und Erziehern danken, sie leisten Großartiges. Im gesamten Land sind derzeit etwa 800 von rund 67.000 Schulklassen in Quarantäne, sprich ein gutes Prozent. Nach den Erkenntnissen, die uns vorliegen, sind jedoch nicht die Schüler für die Verbreitung des Coronavirus verantwortlich, sondern eher die Eltern, die Gefahr laufen, sich bei privaten Feiern anzustecken. Deshalb mussten wir die Gästeanzahl bei privaten Zusammentreffen und Ansammlungen bei mehr als 50 Neuinfizierten pro 100.000 Einwohner im Landkreis auf maximal zehn Personen oder zwei Haushalte begrenzen.
Die Coronakrise hat für die Gastronomen gravierende Auswirkungen. Wie hilft das Land der Branche?
Als Land Baden-Württemberg haben wir zum einen ein weiteres Hilfsprogramm im Juli auf den Weg gebracht, das nun bis in den Winter hinein verlängert wurde. Damit wollen wir unsere Gastronomen, die besonders hart getroffen wurden, finanziell unterstützen. Zum anderen helfen die aktuell von uns ergriffenen Maßnahmen auch den Wirten. Denn ein Lockdown hätte für die gastronomischen Betriebe noch gravierendere Folgen. Außerdem werden wir die noch beschlossenen Verschärfungen wieder aufgehoben, wenn die Infektionszahlen wieder zurückgehen. So hatten wir das schon im Sommer gehandhabt, als wir Lockerungen vorgenommen haben. Für den Notfall hätten wir in Baden-Württemberg noch finanziellen Spielraum.
Und das heißt?
Wenn es erforderlich ist, könnten wir als Land im Zweifel nochmals nachlegen und den Gastronomen dann im Frühjahr erneut finanziell helfen.
Der Verwaltungsgerichtshof in Mannheim hat das Beherbergungsverbot gekippt. Halten Sie dies für richtig?
Die Entscheidung ist richtig und nachvollziehbar. Der Verwaltungsgerichtshof hat klare Grundsätze angelegt, dass bei Corona-Verordnungen Wirkungen und Ursachen stimmen müssen. Die Corona-Verordnungen müssen in Zukunft den Kern der Ursachen treffen, darauf müssen wir als Regierung achten.