Mostbirnen und Mauersteine – Der RNZ-Heimatkalender
An der 40. Ausgabe von "Unser Land 2025" wirkten 72 ehrenamtliche Autoren mit.
Von Peter Lahr
Neckar-Odenwald-Kreis. Das "Heimatbuch in Fortsetzungen" feiert mit der 40. Ausgabe des RNZ-Heimatkalenders einen runden Geburtstag und könnte sich – entsprechend dem Reglement der württembergischen Nachbarn – endgültig im Schwabenalter wähnen. Eine "g’scheite" Lektüre verspricht der "Heimatkalender für Neckartal, Odenwald, Bauland und Kraichgau" – so sein topografischer Untertitel – auf jeden Fall wieder. Die Mischung macht’s bekanntlich, und bei 72 ehrenamtlich tätigen Autorinnen und Autoren sowie der bewährten Herausgeber-Ägide mit Dr. Karl Wilhelm Beichert, Karl Heinz Neser, Hans Rückert (†) und Schriftführer Gerhard Layer – seit 35 Jahren redigiert er die einkommenden Beiträge, ordnet, sortiert und layoutet – kann eigentlich gar nichts mehr schiefgehen.
"Eine wunderbare Mischung aus Beiträgen über nennenswerte Personen, Gebäude, Artefakte, Lebensmittel, Gewohnheiten und Begebenheiten", erkannte bei der öffentlichen Vorstellung in Schefflenz bereits der Erste Landesbeamte Dr. Björn-Christian Kleih in dem großen Werk mit seinen 304 prall gefüllten Seiten. Wer noch kein Exemplar unter dem Weihnachtsbaum fand, kann auch im neuen Jahr für eine bunte Lektüre sorgen. Auch, was es mit dem besonderen Zeitabschnitt der Raunächte eigentlich auf sich hat, erfährt der Leser, die Leserin, ebendort.
81 Beiträge bilden ein Kaleidoskop all dessen, was man unter den großen Begriffen Heimat und Geschichte verorten kann. Dass hier kein Platz für "Gute-Alte-Zeit"-Reminiszenzen ist, liegt in der Natur der Sache. Einen Schwerpunkt bildet das Ende des Zweiten Weltkriegs vor 80 Jahren. Wir erfahren vom Schicksal französischer, russischer und polnischer Kriegsgefangener in Hardheim, lernen die Funktionsweise des "Würzburger Riesen" kennen und begleiten "Den letzten Einsatz" zweier US-Bomber, der im Buchener Stadtwald endete. Das Kriegsende gestaltete sich in manchen Orten der Region blutig und verlustreich. Die mitunter erschütternden Berichte enden mit dem zeitlosen Wunsch nach einem friedlichen Zusammenleben der Menschen.
Wozu das neolithische Steinbeil in Oberschwarzach einst diente, bleibt spekulativ – zumal das jungsteinzeitliche Arbeitsgerät mittlerweile als verschollen gilt. Die Zeitschiene von "Unser Land" passiert das Mittelalter und die Neuzeit, tangiert sogar das Reich der Märchen und Legenden. Die (gescheiterte) Revolution von 1849 hatte auch in Mudau Anhänger. Die industrielle Revolution zeigte sich am Bau diverser Bahnlinien – inklusive erster Zugunfälle, etwa bei St. Ilgen. Von der Gründung des "Odenwälder Boten" bis zu einer Presseschau über den Ort Bargen ist es nur ein kleiner Sprung. Die Entstehungsgeschichte der Schefflenzer Friedhofsmauer wird akribisch verfolgt, Mostbirnen und Rahmkuchen weisen den Weg ins Kulinarische – inklusive einem Rezept der Hardheimer Straßenwartin Maria Luise Henn aus dem Jahr 1901. Die Frage, ob man eine Essigsau schlachten kann, wird ebenso beantwortet wie die nach dem Ende der Zeitschiene. Mit "Jawads Weg" ist der Heimatkalender in der Gegenwart angekommen. Denn der junge Mann aus Afghanistan findet auf dem Berghof Weinäcker eine neue Heimat.
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Der Aufforderung "Ab jetzt wird Kurpfälzisch gebabbelt" leisten mehrere Autoren Folge. Gedichte und Anekdoten runden die Lektüre ab. Ebenso ein Kalendarium, Bauernregeln und die Prophezeiungen des Hundertjährigen Kalenders sowie Hinweise auf die zu erledigende Gartenarbeit.
Info: Der RNZ Heimatkalender "Unser Land 2025" ist in unserem Shop und allen Geschäftsstellen der Rhein-Neckar-Zeitung sowie im örtlichen Buchhandel für 14,80 Euro erhältlich.