Johannes-Diakonie fand Freiwillige, die Mund-Nase-Masken nähen
Die Nahtstellen der Solidarität: Nach einem Aufruf in den Sozialen Netzwerken meldeten sich innerhalb eines Tages 150 Helfer.

Von Stephanie Kern
Neckar-Odenwald-Kreis. Die Wege sind nicht immer kurz im Neckar-Odenwald-Kreis. Manchmal aber eben doch. Denn während Schutzausrüstung und Mund-Nasen-Masken von den normalen Medizinbedarf-Lieferanten so gut wie nicht mehr zu bekommen sind, werden in der Coronakrise nun neue (und oft eben kurze) Wege gefunden. So sattelt der Babyschlafsackhersteller "Odenwälder Babynest" aktuell auf die Produktion von Mund-Nasen-Masken um.
Das Odenwälder Babynest hat seinen Sitz in Limbach. Elvira Hoffmann, Leiterin der katholischen Sozialstation in Mosbach, wohnt in Krumbach. Und da zeigt es sich eben, dass auch in einem Flächenlandkreis die Wege kurz sind. Keine drei Kilometer liegen zwischen dem Wohnort von Elvira Hoffmann und der Firma, die nun für das Pflegepersonal der Sozialstation wiederverwendbare Masken geschneidert hat. "Ich habe im Fernsehen einen Bericht über Trigema gesehen", erzählt Hoffmann. Und dann habe sie kurzerhand Kontakt mit Babynest-Geschäftsführer Guido Bangert aufgenommen. "Es wurde eine Probemaske genäht, die habe ich mir dann angesehen – und gleich 200 Masken bestellt", erzählt Hoffmann. Etwa 60 Angestellte in der Pflege betreuen über die Station 700 Patienten in ihren eigenen vier Wänden. "Diese Masken bieten einen doppelten Schutz", sagt Hoffmann. "Sie sind ein Schutz für das Pflegepersonal, aber auch für die Patienten selbst." Die neuen Masken sind bei der katholischen Sozialstation übrigens schon im Einsatz. "Die werden einfach mit der Dienstkleidung mitgewaschen", sagt Hoffmann.
Mundschutzmasken wie sie das "Babynest", aber auch Trigema oder Eterna produzieren, sind ausdrücklich nicht für medizinische Risiko-Einsätze gedacht. Sie schützen auch den, der sie trägt, nur in geringem Maße. Die Masken können aber dazu beitragen, andere Personen vor einer Infektion zu bewahren. Wenn man zum Beispiel niest, werden die dabei freigesetzten größeren Tröpfchen von der Maske abgefangen. Und da man bekanntlich auch ansteckend sein kann, ohne es zu wissen, halten es viele Virologen durchaus für sinnvoll, in diesen Tagen einen Mundschutz zu tragen. Doch eines ist für Babynest-Geschäftsführer Guido Bangert auch klar. Die Masken werden schon bald wieder aus dem Sortiment verschwinden. "Ich will wieder Schlafsäcke produzieren", sagt er.
Um Masken ging es auch bei einem Aufruf der Johannes-Diakonie in den sozialen Netzwerken. Erst am Donnerstag veröffentlichte Ehrenamtskoordinatorin Tanja Bauer den Aufruf. Es ging einerseits darum, Menschen zu finden, die Masken nähen. Andererseits um Materialspenden, um selbst Masken in den Neckar-Odenwald-Werkstätten zu produzieren. "Hintergrund ist natürlich das Coronavirus", erklärt Andreas Lang, Sprecher der Johannes-Diakonie. Es gehe allerdings nicht darum, einen aktuellen Mangel zu kompensieren, sondern darum, Krankenhäusern und anderen Pflegeeinrichtungen keine Schutzkleidung weg zu kaufen.
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Eigentlich habe man die Masken gerne in den Neckar-Odenwald-Werkstätten selbst herstellen wollen – hier sind aber aktuell von 250 Beschäftigten nur noch 16 an ihrem Arbeitsplatz. Zudem komme die Knappheit des Materials. "Deshalb haben unsere Ehrenamtlichen den Aufruf geschaltet und da hat uns bis Freitagnachmittag schon eine unglaubliche Welle der Hilfsbereitschaft erreicht", sagt Lang. Das Telefon habe nicht still gestanden, innerhalb eines Tages haben sich 150 Menschen gemeldet, die helfen wollen. Nicht nur, um zu nähen, sondern auch, um Stoffe zu spenden. Lang: "Das ist enorm und wirklich überwältigend." 9000 Mund-Nasen-Masken wollte man gerne produzieren. "Wir können sagen: Dieser Bedarf ist durch die vielen Angebote schon gedeckt", berichtete Lang am Freitagnachmittag.
Die Masken sind auch hier als doppelter Schutz zu sehen: Einerseits sollen die Mitarbeiter geschützt werden, andererseits aber auch die Bewohner der Johannes-Diakonie. Aber, betont Lang, "die Maske ersetzt natürlich nicht die sonst gültigen Hygieneregeln wie Händewaschen oder Abstand halten".
Nachdem der Aufruf so große Resonanz erfahren hat, geht es nun an die Organisation: "Das Material muss zu den Nähern gelangen." Das sei eine "logistische Herausforderung" für die Johannes-Diakonie, räumt Andreas Lang ein, nicht ohne anzufügen: "Aber eine, der wir uns natürlich gerne stellen. Wir sind unheimlich dankbar und beeindruckt, wie viele Menschen hinter uns stehen und helfen wollen."
Auch in Waldbrunn werden Menschen gesucht, die Masken nähen. Die Gemeindeverwaltung koordiniert die Hilfe für Menschen der Hochrisikogruppe und Menschen in Quarantäne. "Zum Eigenschutz und zum Schutz der Hilfesuchenden werden Mundschutze benötigt", heißt es auf der Webseite der Gemeinde. Da man dem medizinischen Personal das Hygienematerial nicht streitig machen wolle, ist man auch hier auf der Suche nach selbst genähten Mund-Nase-Masken.
Info: Wer solche Masken nähen kann, kann sich per E-Mail an tourismus-waldbrunn@t-online.de oder unter der 0162 / 963-1474 melden. Die Wege im Neckar-Odenwald-Kreis sind irgendwie gar nicht mehr so weit wie früher.



