Corona-Krise

"Odenwälder Babynest" in Limbach produziert Mundschutz statt Baby-Schlafsack

Produktion umgestellt - 7 Euro pro Stück plus Mehrwertsteuer

26.03.2020 UPDATE: 27.03.2020 06:00 Uhr 1 Minute, 56 Sekunden
Im „Odenwälder Babynest“ in Limbach nahe Mosbach rattern die Nähmaschinen. Allerdings werden keine Schlafsäcke, sondern Mundschutzmasken produziert. Foto: zg

Von Matthias Kros

Limbach. In der Corona-Krise werden immer mehr Unternehmer erfinderisch und stellen ihre Produktion um. Nach den schwäbischen Bekleidungsherstellern Trigema und Eterna fertigt seit kurzem auch das "Odenwälder Babynest" in Limbach bei Mosbach Mundschutzmasken und hilft damit nicht nur sich selbst, sondern auch dem Gesundheitswesen und Behörden, die auf Nachschub angewiesen sind. Eigentlich produziert das Unternehmen Baby- und Kleinkinderschlafsäcke, größtenteils in Handarbeit.

Anfang der Woche habe er vom Sozialamt in Mosbach die Anfrage erhalten, ob er die Masken produzieren könne, erinnert sich Firmeninhaber und Geschäftsführer Guido Bangert. Daraufhin habe er sofort zwei Näherinnen aus der Kurzarbeit zurückgeholt und "erstmal 1000 Stück produziert". Technisch sei das für die geübten Mitarbeiterinnen überhaupt kein Problem gewesen.

Verwendet werde ein Stoff aus Baumwolle und Polyester, der auch für die besonders robusten und langlebigen Klinik-Schlafsäcke für Neugeborene verwendet würde. Die Schutzmasken seien aber nicht für den Einsatz in Kliniken geeignet und dafür auch nicht zertifiziert, schränkt Bangert ein. Getragen werden könnten sie aber zum Beispiel vom Personal mobiler Hilfsdienste oder Pflegeheimen, die regelmäßig in Kontakt mit hilfsbedürftigen Senioren seien, also mit einer Risikogruppe. Die gelb-weiß-gestreiften Masken seien bei 95 Grad wasch- und damit wiederverwendbar und kosteten pro Stück sieben Euro plus Mehrwertsteuer.

Das "Odenwälder Babynest" ist ein Traditionsbetrieb in Limbach, seit 1934 werden die Kinderschlafsäcke gefertigt und größtenteils über den Einzelhandel vertrieben. Derzeit gehe aber nichts mehr, sagt Bangert, die Fachgeschäfte mussten wegen der Corona-Schutzmaßnahmen schließen und bestellten entsprechend keine Ware mehr.

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Gleiches gelte für den Werksverkauf. Und auch an ein Vorproduzieren sei momentan nicht zu denken, da man die Stoffe für die Schlafsäcke größtenteils aus Italien erhalte. "Das liegt völlig brach, dazu muss ich wohl nichts mehr sagen", so Bangert. Also habe er die 70 Mitarbeiter, die sonst rund 500 Teile pro Tag produzierten, am Montag in Kurzarbeit schicken müssen. "Da hat mir ganz schön das Herz geblutet".

Mundschutzmasken wie sie das "Babynest", aber auch Trigema oder Eterna produzieren, sind ausdrücklich nicht für medizinische Risiko-Einsätze gedacht. Sie schützen auch den, der sie trägt, nur in geringem Maße. Die Masken können aber dazu beitragen, andere Personen vor einer Infektion zu bewahren. Wenn man zum Beispiel niest, werden die dabei freigesetzten größeren Tröpfchen von der Maske abgefangen. Und da man bekanntlich auch ansteckend sein kann, ohne es zu wissen, halten es viele Virologen durchaus für sinnvoll, in diesen Tagen einen Mundschutz zu tragen.

An die Verkaufszahlen wie Trigema sie plant hat, wird das "Babynest" aber wohl kaum herankommen. Die Schwaben hatten am Montag vollmundig angekündigt, schon kurzfristig bis zu 100.000 Masken pro Woche produzieren zu können.

"Wir schauen mal, wie es läuft", sagte Bangert und denkt dabei auch an Privatleute als Kunden. Entsprechende Ankündigungen hat er deshalb bereits in dem sozialen Netzwerk Facebook gepostet. Doch eines ist für den Geschäftsführer auch klar. Die Masken werden schon bald wieder aus dem Sortiment des "Odenwälder Babynest" verschwinden. "Das ist mal klar", sagte er. "Ich will wieder Schlafsäcke produzieren".

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