Neckar-Odenwald-Kreis

Im Haushaltsplan 2022 steht unterm Strich ein Minus

Im Kreistag brachte Landrat Dr. Achim Brötel am Mittwoch den Haushaltsplan 2022 ein. Die Kreisumlage soll noch einmal gesenkt werden.

13.10.2021 UPDATE: 14.10.2021 06:00 Uhr 3 Minuten, 40 Sekunden
Viel Geld nimmt der Kreis im kommenden Jahr für seine Weiterentwicklung in die Hand. Landrat Dr. Achim Brötel stellte im Kreistag den Haushaltsplan 2022 vor. Foto: Heiko Schattauer

Von Heiko Schattauer

Neckar-Odenwald-Kreis. Probleme heißen heute Herausforderungen – bringen aber auch mit angepasster Bezeichnung viel Arbeit mit sich, da ändert die Verpackung nichts am Inhalt. Von jenen Herausforderungen stehen dem Neckar-Odenwald-Kreis einige ins Haus, das verdeutlicht auch der Haushaltsplan für das Jahr 2022, den Landrat Dr. Achim Brötel am Mittwochnachmittag in der Kreistagssitzung in Dallau vorstellte. Dabei machte der "mutige Anführer" (wie ihn Kreisrat Rippberger bei dessen Amtseinführung bezeichnet hatte) aber trotz Herausforderungen und Unwägbarkeiten klar: "Auch Zuversicht kann ansteckend sein" – und hielt ein "Plädoyer für den gemeinsamen Neustart in die Zukunft". Der soll optimistisch angegangen werden; trotz Defizit sieht der Haushaltsplan 2022 eigentlich ganz gut aus.

Das der Haushaltsrede zugrunde liegende Zahlenwerk schmückte Achim Brötel gewohnt bildreich aus, die Botschaften wurden so nur klarer. Die ersten Anleihen lieferte – in herrlicher Schlichtheit – Pippi Langstrumpf: Der Sturm wird stärker? Macht nichts, ich auch! Auch im Kreistag sei man sich stets einig gewesen, selbst in den stärksten Stürmen mit Zuversicht nach vorne zu schauen. Und das wolle man weiter tun. Im Wissen, dass in manchen Bereichen der (nächste) Sturm erst noch aufziehen könnte.

Der zuversichtliche Haushalt 2022 sei geprägt von "kraftvollen Investitionen, einer spürbaren Entlastung der Städte und Gemeinden und einer generationengerechten weiteren Rückführung der Kreisverschuldung", so Brötel. Auch wenn die Pandemie nach wie vor nicht zu Ende sei, wolle man mit dem Haushaltsentwurf ganz bewusst und mutig in die Zukunft blicken. Apropos Pandemie: In der habe man von Bund und Land wirklich große Unterstützung erhalten. Der Landrat sprach dabei vom größten Hilfspaket in der gesamten Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. Es müsse allerdings auch klar sein: "Das Geld, das man dafür gebraucht hat, ist nicht aus dem Farbkopierer gelaufen. Alle Programme sind kreditfinanziert. Die dafür aufgenommenen Schulden müssen irgendwann wieder zurückgezahlt werden."

Bei der Aufstellung des Haushaltsentwurfs 2022 ging man gleichwohl davon aus, dass der Erholungstrend der Wirtschaft anhält, prognostizierte Steuereinnahmen über den kommunalen Finanzausgleich eingehen und keine außergewöhnlich hohen pandemiebedingten Zusatzbelastungen im Sozialhaushalt aufschlagen. Wesentlich geprägt ist der Haushaltsplan 2022 von der vorgesehenen Senkung der Kreisumlage auf 28 Prozent (minus 1,0). Der Preis für diese neuerliche Senkung des Hebesatzes, der die Städte und Gemeinden in der Region um rund 2,2 Mio. Euro entlastet, ist ein unausgeglichener Kreishaushalt. "Das nehmen wir aber bewusst in Kauf, weil es hier einfach um mehr geht", so Brötel mit Blick auf die pandemiegeplagten Gemeinden und auf das Defizit, das unter dem Strich des Entwurfs steht. Minus 1,26 Mio. Euro laufen laut Haushaltsplan 2022 zum Ende des kommenden Jahres auf, die allerdings durch eine Entnahme aus der Rücklage ausgeglichen werden können. Erträge von rund 180,97 Mio. Euro stehen im Ergebnishaushalt Aufwendungen von 182,23 Mio. Euro gegenüber.

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Größter Ertragsposten bleibt die Kreisumlage. Deren Senkung sieht man dank einer erfreulichen Entwicklung der Steuerkraftsummen der Städte und Gemeinden ermöglicht. Die ist bekanntlich die Basis für die Bemessung der Umlage. "Und diese Basis erhöht sich bei uns um sage und schreibe 9,5 Prozent", konnte Brötel voll Freude verkünden. Trotz niedrigerem Hebesatz fließen so in der Summe 3,8 Mio. Euro mehr in die Kreiskasse, insgesamt sind 62,7 Mio. einkalkuliert.

Einen Gutteil davon braucht man, um nach Saint-Exupéry weiter an der Zukunft des Kreises zu bauen. Die drei zentralen "Baustellen" der Kreisentwicklung liegen, so Landrat Brötel, in den Bereichen Mobilität, Bildung und Gesundheit. So sei die Datenautobahn der wichtigste Verkehrsweg der Zukunft, an dessen Ausbau man bereits intensiv arbeite. Greifbar an der Bildung gebaut wird vor allem in Osterburken: Für den Neubau des Ganztagsgymnasiums sind insgesamt 26 Mio. Euro und rund zehn Millionen Euro im Haushalt 2022 veranschlagt. An den weiteren Kreisschulen soll vor allem in die Ausstattung und die Umsetzung des Digitalpakts investiert werden. Ähnlich stattlich sind die Investitionen in den Gesundheitsbereich, u. a. in den Bettentraktneubau am Krankenhaus Buchen; der Kreis wird hier im zweistelligen Millionenbereich mitfinanzieren müssen.

Den größten Finanzbedarf hat auch 2022 der Teilhaushalt Soziales und Jugend. Die ordentlichen Aufwendungen belaufen sich dort inzwischen immerhin auf 96,4 Mio. Euro – mehr als die Hälfte aller Aufwendungen im Kreishaushalt und noch einmal 2,3 Mio. Euro mehr als im laufenden Jahr. "Diese Summe übersteigt sogar, wenn auch nur knapp, das Jahresgehalt von Lionel Messi bei Paris Saint-Germain", verbildlichte Brötel, der sich aber sicher ist: "Das Geld ist bei uns wesentlich sinnvoller angelegt als in zwei Beine und ein klein wenig Kopf."

Eine große, da mit stetig steigenden Kosten verbundene Baustelle sei der Bereich der Pflege. Auch bei der Eingliederungshilfe gebe es Unwägbarkeiten. Für die Jugendhilfe seien die Folgen von Corona noch nicht wirklich absehbar, so der Landrat. Spürbar gestiegen sei zuletzt die Zahl der Schutzsuchenden; für die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz habe man daher die Ansätze erhöht.

Ob der "offenkundigen strukturellen Unterfinanzierung" wird bei den Neckar-Odenwald-Kliniken auch 2022 ein stattliches Defizit auflaufen: Als Verlustausgleich sind hier 5,25 Mio. Euro veranschlagt. Die Personalaufwendungen des Kreises belaufen sich 2022 auf rund 47,1 Mio. Euro (plus 2,9 Mio.), was unter anderem zusätzlichen Stellen zur Pandemiebekämpfung und Tariferhöhungen geschuldet sei. Mit einem Erweiterungsbau will man der Raumnot am Landratsamt in Mosbach begegnen; eine Machbarkeitsstudie soll die Möglichkeiten beleuchten.

Dringend sanierungsbedürftig: 600.000 investiert der Kreis in den Ausbau der K3969 zwischen Waldauerbach und Schloßau. Foto: Rüdiger Busch

"Erhalt vor Neubau" heißt es weiter bei den Straßen im Kreis. 1,25 Mio. sind für das Erhaltungskonzept vorgesehen. Einen Neubau soll es 2022 dennoch geben: Rund 600.000 fließen vom Kreis in die K3969 zwischen Waldauerbach und Schloßau. Zum Ausbau der Radwege bei Mudau und entlang der K3917 zwischen Hollerbach und Oberneudorf sind im Haushalt rund 810.000 Euro eingestellt. Vorantreiben will man zudem die energetische Sanierung von Kreisgebäuden und die Installation von Fotovoltaikanlagen.

Zum kritischen Exkurs brach Brötel dann noch in Sachen Regionalplan auf, ehe er den Haushaltsbogen noch einmal über die Senkung des Schuldenstands spannte. "Erstmals seit Menschengedenken" werde man – so der Plan – Ende 2022 wieder unter der Zehn-Millionen-Euro-Grenze landen, rund 1,87 Mio. Euro an Schulden tilgen. Eine neue Kreditaufnahme ist nicht vorgesehen. Der Haushaltsentwurf geht nun zur Vorberatung in die zuständigen Ausschüsse.

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