Die guten Zahlen sind schlecht einzuordnen
Im Kreistag wurden die Jahresabschlüsse 2020 von Neckar-Odenwald-Kliniken, AWN und Digeno beleuchtet und kommentiert

Von Heiko Schattauer
Neckar-Odenwald-Kreis. Vorbereitung, Feststellung, Ausgleich, Verwendung, Entlastung – gleich dreifach stand dieses Programm auf der Tagesordnung des Kreistags. In dessen jüngster Sitzung im Billigheimer Ortsteil Allfeld waren jeweils die Jahresabschlüsse 2020 von Neckar-Odenwald-Kliniken, Abfallwirtschaftsgesellschaft (AWN) und Digeno (weitere Berichterstattung folgt) zu erörtern, die Gesellschafterversammlungen vorzubereiten, Aufsichtsrat und Geschäftsführung(en) zu entlasten. Recht trockene Sitzungskost also, die man seitens der Landkreisverwaltung mit Kostproben der neuen, absolut fair gehandelten "NOKolade" versüßen wollte.
Im Anschluss an einen kurzen Wahlnachklapp von Landrat Dr. Achim Brötel und den Blick in die Gastgebergemeinde Billigheim von Bürgermeister und Kreisrat Martin Diblik ging’s an die Zahlenwerke. An Nummer eins (nicht nur was die Tagesordnung anbelangte) stand dabei natürlich die Jahresbilanz der Neckar-Odenwald-Kliniken. Noch bevor Kliniken-Geschäftsführer Frank Hehn die Entwicklungen des Jahres 2020 ausführlich darstellte, unterstrich Achim Brötel die Bedeutung der Kliniken: "Es ist ein Segen, dass es die Neckar-Odenwald-Kliniken gibt."
Die vom Kreistag vorgegebene Verlustobergrenze (7,7 Millionen Euro) sei "deutlich unterboten" worden, was wiederum eine "enorme Kraftanstrengung" vonseiten der Mitarbeiter und Verantwortlichen ermöglicht habe, so der Landrat weiter. In Zahlen manifestiert sich genannte Defizit-Unterbietung in einem Jahresergebnis von minus 6,185 Mio. Euro, bei einem Gesamtumsatz von rund 84 Mio. Euro. Nach dem traurigen Rekordjahr 2019 mit einem Fehlbetrag von annähernd 14 Mio. Euro ein durchaus erfreuliches Ergebnis.
Dessen Einordnung fällt allerdings schwer, Aussagekraft hat die Jahresbilanz 2020 nur sehr bedingt. "Die Zahlen des Jahres 2020 sind durch verschiedene Sondereffekte nicht wirklich vergleichbar", konstatierte auch Frank Hehn im Rahmen seiner Präsentation. Zu jenen Sondereffekten zählte er die einmaligen Buchungen im Kliniken-Haushalt, die sich durch den Verkauf des Wohn- und Pflegezentrums (WPZ) in Hüffenhardt sowohl auf Ertrags- wie auch auf Ausgabenseite ergeben haben. Ebenso die besonderen Verrechnungen und Pauschalen, die im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie zu verbuchen waren.
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Eine enorme Ergebnisverbesserung lässt sich auch im Bereich der Rückzahlungen an die Krankenkassen ausmachen. Das liege, so Hehn, zum einen an den auf den Weg gebrachten Verbesserungen im hausinternen Codierungs- und Abrechnungsprozess von erbrachten Leistungen. Zum anderen aber wohl auch an einer aufgrund der Pandemie sehr niedrigen Prüfquote in diesem Bereich. Insgesamt weist die Bilanz 2020 bei den Krankenkassen-Rückzahlungen eine Verbesserung von 5,1 Mio. Euro aus.
Ungeachtet der Sondereffekte zeigte sich der Geschäftsführer überzeugt, dass die Verbesserungen und Umstrukturierungen greifen, verwies nicht ohne Stolz auch auf Einsparungen von rund 600.000 Euro an Verwaltungskosten. Frank Hehns Dank galt einem motivierten Mitarbeiterteam. Ausblickend skizzierte der Geschäftsführer, dass eine Steigerung der Patientenzahlen (und des Schweregrads der Behandlungen) unabdingbar sei und vonseiten der Politik eine ausreichende Finanzierung der Grund- und Regelversorger im ländlichen Raum zu schaffen sei. Die Vorgabe für das laufende Jahr 2021 ist indes schon klar: Ein Defizit von 5,7 Mio. Euro soll von den NO-Kliniken nicht überschritten werden.
Nur wenige Schlüsse aus dem "Sonderjahr" 2020 bei den Kliniken ziehen will oder kann auch Simone Heitz (Grüne), ob die getroffenen Maßnahmen tatsächlich wirken, sei nicht wirklich überprüfbar. Die Erweiterung des Krankenhauses Buchen mache aber deutlich: "Wir geben nicht auf". Zum wiederholten Mal forderte Heitz mit Blick auf die Klinikfinanzen die Einrichtung einer Beteiligungsverwaltung.
"Bisher scheinen die Mechanismen zu greifen", befand Norbert Bienek (SPD) in Bezug auf die Bilanzentwicklung der Kliniken. Die SPD-Fraktion habe bei aller Wachsamkeit volles Vertrauen in Verwaltung und Mitarbeiter; die Strukturen müssten aber weiter optimiert werden.
Halbwegs beruhigt, dass man nicht auf einem "toten Gaul" sitze, zeigte sich Volker Rohm für die Freien Wähler ob der Kliniken-Bilanz. Die Veränderungen seien unabdingbar gewesen, auch wenn Narben blieben. Basis für die Finanzierbarkeit sei künftig neben besseren politischen Rahmenbedingungen auch das Vertrauen der Patienten.
Mehr Erfolge als Rückschläge sieht Rainer Houck (CDU) in der jüngsten Entwicklung der Kliniken; die strukturellen Veränderungen verbesserten Patientenversorgung und Betriebsergebnis. Mit dem Neubau des Bettentrakts in Buchen sei eine wesentliche Weichenstellung für die Zukunft der Kliniken vollzogen.
"Mit Vorsicht anzusehen" ist für Achim Walter (FDP) die Kliniken-Bilanz des Jahres 2020. Es sei nicht klar, ob die Veränderungen greifen, die Aussagekraft für weitere Entwicklungen fraglich. Gerade was Prüfungen und Rückforderungen anbelange, sei 2020 sicher ein Sonderjahr. Walter blickt daher "gedämpft optimistisch" in die Zukunft.
So oder so: Der Kreistag votierte am Ende einstimmig für die Beschlussvorschläge zum (von unabhängiger Seite geprüften) Jahresabschluss der Neckar-Odenwald-Kliniken; der Aufsichtsrat wurde ebenso einstimmig entlastet.
> Weitere Berichterstattung zur jüngsten Kreistagssitzung folgt in einer kommenden RNZ-Ausgabe.



