Freude und Anspannung zum Start der Grundschulen
Die Grundschulen in Baden-Württemberg starten wieder in den Wechselbetrieb.

Von Stephanie Kern
Neckar-Odenwald-Kreis. Es ist vor allem ein Gefühl, das überwiegt, wennam Montag die Grundschulen im Land wieder in den Wechselbetrieb starten: Freude! Freude bei den Lehrern, wieder Leben im Schulhaus zu haben und die Schüler zu sehen. Freude bei den Schülern, die ihre Freunde wieder sehen dürfen. (Etwas) Freude bei den Eltern, dass die Kinder wieder in der Schule lernen dürfen.
"Ich finde es wunderbar, die Schüler wieder hier zu haben", sagt Barbara Rünz, die Leiterin der Grundschule in Hüffenhardt. "Es überwiegt bei mir die Freude, wieder mit den Kindern arbeiten zu können." Das Unterrichten über Plattformen sei in den Grundschulen nicht gerade schön. "Grundschule lebt vom Miteinander", ist Rünz überzeugt. Vorerst wolle man nun schauen, wo die Kinder stehen. "Ich befürchte, dass da die Schere auseinandergehen wird."
Rünz hofft aber, die Lücken schließen zu können. Der Schwerpunkt werde nun auf die Fächer Deutsch, Mathe und Sachkunde (in Klasse 3 und 4 auch Englisch) gelegt. Für gute Schüler stelle das Homeschooling nicht so ein großes Problem dar. Aber es braucht Motivation: "Die Motivation war am Anfang hoch, aber sie ist gesunken – teilweise so weit, dass Kinder in Depressionen verfallen sind und gar nichts mehr ging. Egal, wie liebevoll sich die Eltern gekümmert haben", erzählt Rünz.
Auch die Möglichkeit von Schnelltests, die ab März gegeben werden soll, findet Rünz gut. "Ich sehe es aber nicht als meine Aufgabe, mich in der Handhabung der Tests schulen zu lassen", sagt sie. "Ich hoffe, dass es gut geht, und dafür müssen sich alle leider an die Kontaktbeschränkungen halten." Angst vor einer Infektion hat sie aber nicht. "Ich habe dem Montag entgegengefiebert", so Rünz abschließend.
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Freude ist auch das Gefühl, das Natascha Lettau, die Leiterin der Aglasterhausener Grundschule empfindet. Dazu komme aber auch die Anspannung, ob alles, was im Vorfeld organisiert werden musste, so klappt, wie man sich das vorstellt. "Wir sind alle der Meinung, dass die Schulöffnung wirklich dringend notwendig ist. Denn für manche Kinder ist es wirklich schwierig." Besonders die, die vorher schon Schwierigkeiten hatten, drohe man, zu verlieren. "Ich denke aber schon, dass wir den Stoff aufholen können. Wir wiederholen jetzt alles aus der Homeschooling-Zeit. Ich denke, wir bekommen es hin", zeigt sich Lettau optimistisch. Von der Idee, dass alle Kinder das Schuljahr wiederholen sollen, hält Lettau nichts. "Es gibt sicher Kinder, für die das gut wäre, aber auch viele andere, für die es nicht gut wäre. Ich empfinde es aber nicht als Makel, wenn ein Kind ein Schuljahr wiederholt."
Auch sie ist froh, dass Lehrkräfte nun mit Schnelltests getestet werden dürfen. "Und wir haben hier wirklich viel Glück", erzählt Lettau. Denn die Gemeindeverwaltung habe einen Mitarbeiter der Gemeinde dafür zugesagt, der in der Anwendung der Tests geschult ist. "Da bin ich sehr glücklich über das Engagement unserer Bürgermeisterin. Denn ich denke, je niederschwelliger das Angebot ist, desto eher wird es auch angenommen." Jedes Kind wird nun 15 Unterrichtsstunden pro Woche haben. "Ein Teil kommt vor der großen Pause, der andere danach." Für viele Eltern sei aber auch der Wechselbetrieb eine organisatorische Herausforderung. "Ich freue mich aber einfach darauf, dass jetzt im Schulhaus wieder Leben herrscht, es war hier teilweise schon etwas unheimlich."
Carmen Knoll-Bauer leitet die Grundschule in Allfeld. Sie sagt: "Die Eltern müssen jetzt entlastet werden, die Schulen müssen öffnen." Sie sagt aber ebenfalls: "Ich habe auch Angst vor einer dritten Welle." Die Größe der kleinen Grundschule in Allfeld beruhige sie zwar etwas, sie führe aber auch zu einem Problem: "Ich muss zwei Gruppen im Wechselunterricht an die Schule holen und dazu die Notbetreuung anbieten." Das sind eigentlich drei Gruppen. Und da in Allfeld die Kinder (wie sonst auch) an fünf Schulstunden am Tag betreut werden sollen, fehlen rein rechnerisch Lehrerstunden. "Aber wir werden das schaffen", ist Knoll-Bauer überzeugt.
"Die Kinder müssen beschult werden", meint die Grundschulleiterin. Auch wenn das Homeschooling mit (täglichem!) Fernunterricht geklappt habe. "Aber: Die Eltern haben das stemmen müssen." Man habe versucht, so viel wie möglich abzunehmen, zum Beispiel indem man genaue Tagespläne ausgearbeitet habe. "Aber alle Kinder haben Verluste. Das Soziale fehlt komplett, und auch die Motivation ist gesunken."
Man merkt Carmen Knoll-Bauer an, in welchem Zwiespalt sie steckt. Sie freut sich auf die Kinder, sie sieht, dass es dringend geboten ist, sie wieder in Präsenz zu unterrichten. Sie sieht aber auch, dass Infektionsschutz nur begrenzt möglich ist. "Wir Lehrer wollen mit Maske arbeiten und die Schüler bitten, welche zu tragen, wenn sie nicht an ihrem Platz sind."
Bei Elisa Seeber aus Mosbach sind die Gefühle ähnlich ambivalent. Die dreifache Mutter hat nun seit Dezember Homeschooling mit drei Grundschulkindern absolviert. "Für unseren Alltag finde ich es toll, dass die Schulen wieder öffnen. Ich hoffe allerdings, dass alle verantwortungsvoll mit der Pandemie-Situation umgehen." Auch sie selbst muss ab dieser Woche wieder ran, sie arbeitet als Erzieherin und auch die Kindergärten machen wieder auf. "Das wird natürlich eine Herausforderung, da der Unterricht ja im Wechselmodell stattfindet", meint Seeber.
Dass sie als Erzieherin und die Lehrer ihrer Kinder nun die Möglichkeit haben, sich testen zu lassen, empfindet sie als "sehr gut". Man müsse sich aber bewusst sein, dass ein Schnelltest nur eine Momentaufnahme sei. "Man muss damit unter Vorbehalt und vorsichtig umgehen", ist Seeber überzeugt.
Ihre Homeschooling-Erfahrungen fasst Seeber als "anstrengend" zusammen – auch wenn aus dem Hintergrund Widerspruch der Tochter erklingt. "Drei Kinder in drei Grundschulklassen – ich denke, mit großem Aufwand konnte ich dem gerecht werden", sagt Elisa Seeber. "Wir hatten das große Glück, dass ich nicht arbeiten musste. Und auch so war es eine große Herausforderung, die mit unserem normalen Alltag nicht zu vergleichen ist." Zumal Eltern sich auch emotional gesehen nicht immer als LehrerInnen eignen.
Am Ende ist es doch wieder die Freude, die man aus den Gesprächen (oder aus dem Hintergrund) heraushört. Und auf was freuen sich die Schüler am meisten? "Auf ihre Mitschüler", ist Carmen Knoll-Bauer überzeugt. Die Motivation, das Lernen kommen (hoffentlich) wieder ganz von selbst.



