Lockdown-Notbetreuung

"Die Eltern sind am Rande der Belastungsgrenze"

Die Regeln für die Notbetreuung in Kindergärten und Schulen sind in diesem Lockdown deutlich weiter gefasst als im Frühjahr 2020.

19.01.2021 UPDATE: 20.01.2021 06:00 Uhr 2 Minuten, 56 Sekunden
Notbetreuung im katholischen Kindergarten in Obrigheim: In der gesamten Region werden deutlich mehr Kinder als noch im ersten Lockdown in Kindergärten und Grundschulen betreut. Foto: Stephanie Kern

Von Stephanie Kern

Neckar-Odenwald-Kreis. Im ersten Lockdown war Notbetreuung exklusiv: Eltern, die in systemrelevanten Berufen arbeiten, durften ihre Kinder in Kindergarten und Schule bringen. Viele andere mussten Arbeit und Kinderbetreuung zu Hause unter einen Hut bringen. Nun ist Deutschland seit Mitte Dezember im zweiten Lockdown, wieder gibt es Notbetreuung.

"Man merkt, dass die Eltern am Rande der Belastungsgrenze sind", sagt Jens Wittmann. Der Fahrenbacher Bürgermeister weiß auch: Die Notbetreuung im kommunalen Kindergarten und in der Grundschule wird sehr gut angenommen. "Weil die Regeln gelockert wurden, bringen mehr Eltern ihre Kinder in die Notbetreuung als noch im Frühjahr."

Voraussetzung ist dieses Mal, dass beide Erziehungsberechtigten durch ihre berufliche Tätigkeit (oder ihre schulische Ausbildung bzw. Studium) an der Betreuung gehindert sind und auch keine andere Betreuungsperson zur Verfügung steht. Es kommt dabei nicht darauf an, ob die berufliche Tätigkeit außerhalb der Wohnung oder in Homeoffice verrichtet wird – oder ob man in der kritischen Infrastruktur beschäftigt ist.

Diese etwas lockerere Regelung ist für Wittmann einfacher zu handhaben: "Die Erwartungshaltung während des ersten Lockdowns war sehr groß. Das konnten wir nicht immer erfüllen, da wir uns ja an die Regeln halten mussten. Jetzt sind wir etwas flexibler und stehen auch nicht so im Kreuzfeuer", sagt Wittmann. "Viele Familien gehen auf dem Zahnfleisch", ist er überzeugt. "Darum bieten wir die Notbetreuung auch gerne an. Wir können den Familien dieses Mal etwas mehr Entlastung anbieten", ist er überzeugt.

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> Auch in den Mosbacher Grundschulen sind deutlich mehr Kinder zur Notbetreuung angemeldet. "An allen Mosbacher Schulen findet Notbetreuung bis Klassenstufe sieben statt", berichtet Silke Heiß, die bei der Mosbacher Stadtverwaltung für die Schulen zuständig ist. Gerade bei den Grundschulen sei der Bedarf zum Teil sehr groß. Mit den Schulleitern stehe die Verwaltung in engem Kontakt. "Wir haben schon die Rückmeldung, dass die Eltern sehr verantwortungsbewusst mit der Notbetreuung umgehen", meint Heiß. Auch die Kernzeitbetreuung werde weiterhin angeboten (und genutzt). Eine Schule im Stadtgebiet bietet sogar schon wieder ein warmes Mittagessen an.

So viel Normalität wie möglich – so lautet das Credo bei den katholischen Kindergärten in der Region, die von der katholischen Verrechnungsstelle Obrigheim betreut werden. Kindergarten-Geschäftsführerin Nicola Christ berichtet: "Jeder unserer Kindergärten hat Kinder in der Notbetreuung." Darunter gibt es auch Kindergärten, die zu 80 Prozent ausgelastet sind. Eine Höchstgrenze gibt es dieses Mal nicht. "Wir gehen gelassener mit dem Thema Notbetreuung um. Sobald wir wissen, dass es einen Anspruch gibt, weisen wir die Eltern nicht ab", erklärt Christ. Eine Bescheinigung vom Arbeitgeber fordere man aber trotzdem – zur Sicherheit, falls es bald Pflicht werden sollte. Inhaltlich, pädagogisch und auch was den Tagesablauf in den Einrichtungen angeht, will man Normalität schaffen. Wo Cateringservices Mittagessen anbieten, gibt es das auch. In manchen Einrichtungen wärmen die Erzieherinnen mitgebrachtes Essen auf.

Wie gut den Kindern die Gemeinschaft im Kindergarten und der feste Tagesablauf tut, weiß Ann-Katrin Markowitsch. Die Leiterin des evangelischen Kindergartens in Neckarelz berichtet, dass auch hier deutlich mehr Kinder als noch im Frühjahr in der Notbetreuung sind. "Ich kann verstehen, dass Eltern und Arbeitgeber an ihren Grenzen sind. Und wir sind ja auch dafür da, den Familien den Rücken frei zu halten", sagt Markowitsch. Bei vielen Eltern merke man aber auch, dass sie ihre Kinder lieber nicht bringen würden. "Sie müssen es aber, weil sie arbeiten müssen. Viele machen sich darüber große Gedanken", so die Kindergartenleiterin. Man merke, dass alle Familien bemüht seien, Lösungen zu finden.

Lösungen möchte auch Sabine Schweiger, die Bürgermeisterin von Aglasterhausen, finden. Sowohl im kommunalen Kindergarten als auch in der Grundschule werde die Notbetreuung gut angenommen. Mit Abstrichen – ein warmes Mittagessen gibt es weiterhin nicht, die Betreuungszeiten bleiben eingeschränkt. "Notbetreuung bedeutet Konzentration auf das Wesentliche und Gewährleistung des größtmöglichen Schutzes", sagt Schweiger. Das bedeute auch, dass man kein Mittagessen anbieten könne. Man wolle die Essenszeiten der Kinder entzerren, darum gebe es kein gemeinsames Mittagessen. "Ich würde sagen, etwa 25 Prozent der Kinder werden notbetreut, 75 Prozent sind zu Hause. Die Eltern haben meinen größten Respekt." Die Gemeindeverwaltung gebe dabei ihr Möglichstes. "Das klappt nur, weil wir alle zusammenstehen." Diese Solidarität erwartet sie nun auch von den Familien. "Ich kann mich in die Situation der Familien versetzen, aber die Infektionszahlen sind zu hoch. Einzelwünsche und -interessen müssen jetzt zurückstehen", ist Schweiger überzeugt. "Die Mitarbeiter von Schule und Kindergärten geben ihr Bestes. Ich kann da jetzt auch nur noch um Verständnis bitten", betont Schweiger in Bezug auf diejenigen, die man nicht mitnehmen könne.

Für die Kinder, da ist sich Ann-Katrin Markowitsch sicher, sind die neuen Notbetreuungsregeln besser. "Für die Kleinen ist es wichtig!" Das Wörtchen "Not" sollte sie nämlich am allerwenigsten beeinträchtigen ...

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