Blühwiesen mit ungebetenem Gast
Wiesen mit Sonnenblumen und Disteln prägen das Bild. Das Landes-Programm fördert solche Brachebegrünungen.

Neckar-Odenwald-Kreis. (joc) Sie schießen derzeit wie Pilze aus dem Boden, wenngleich sie mit Pilzen allerdings so rein gar nichts am Hut haben – die Rede ist von den eigentümlichen Wiesenkombinationen, die landauf landab zuhauf anzutreffen sind. Vor allem die seltsame Allianz sticht dabei ins Auge: Da ragen Sonnenblumen hoch heraus und dicht daneben drängeln sich Disteln. Diese beiden Pflanzen dominieren die Wiesen und lassen kaum Platz für andere Blumen. Die RNZ fragte bei Fachleuten nach, was es mit dieser verbreiteten Wiesenkombination auf sich hat. Naturschutzfachkraft Lukas Schäfer sowie Bernhard Heim vom Fachdienst Landwirtschaft des Landratsamts beantworteten die Anfrage.
Beide bestätigten, dass es im gesamten Neckar-Odenwald-Kreis derzeit sehr viele solche Wiesen gebe. Dabei handle es sich um eine landwirtschaftliche Brachebegrünung mit Blühmischung. Diese enthalte neben weiteren Blühpflanzen auch Sonnenblumen. Diese unverwechselbare Art werde als Kulturart zur Ölgewinnung angebaut. Auf den Bracheflächen mit Blühmischung diene sie als Nahrungsquelle für Insekten und damit zur Verbesserung der Biodiversität.
Als Unkraut trete dabei gelegentlich die Ackerkratzdistel auf. Deren Samen tragen silbrige Flughaare wie der Löwenzahn auch. Diese Distel gedeihe in diesem Jahr auf den Wiesen besonders gut. Sie sei aus landwirtschaftlicher Sicht aber ein unerwünschtes Problemwildkraut. Besonders auf ungenutzten Flächen, die nicht der Fruchtfolge unterliegen – sogenannten Brachen – und somit eben auch auf den Blühflächen komme die Ackerkratzdistel zum Vorschein. In diesem Jahr verbreiten sich diese Pflanzen teilweise massenhaft auf den Ackerflächen. Das stelle insbesondere Bio-Betriebe vor große Herausforderungen.
Grundlage für die große Zahl der Blühwiesen ist ein spezielles Blühwiesen-Programm: Baden-Württemberg hat das Programm "Fakt", das steht für "Förderung von Agrarumwelt-Klimaschutz und Tierwohl", auf den Weg gebracht. In diesem Programm werden knapp 50 Einzelmaßnahmen angeboten, an denen die Landwirte teilnehmen können. Sie müssen sich aber jeweils verpflichten, die Maßnahmen fünf Jahre lang einzuhalten. Warum wurde dieses Programm aufgelegt? Die Anlage von Brachebegrünungen geschieht zur Bereicherung des Nektarangebots im Sommer und Spätsommer für Insekten im Zusammenhang mit den geförderten "Fakt"-Agrarumweltmaßnahmen, insbesondere mit der Maßnahme E 2.1 "Brachebegrünung mit Blühmischungen".
Dabei verpflichtet sich der Landwirt, entsprechende Flächen mit vorgegebenen Saatgutmischungen anzulegen. Die Flächen dürfen in der Regel nicht vor Ende November abgemäht werden. Nur wenn eine Winterfrucht angebaut wird, sei eine Bodenbearbeitung ab September zulässig. Allerdings sei es für die Natur von Vorteil, die trockenen Pflanzenstängel noch über den Winter stehen zu lassen. Dann können sie Insekten als Überwinterungsplätze, Vögeln als Winterfutter und dem Niederwild als Deckung dienen.
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Der Neckar-Odenwald-Kreis ist landesweiter Spitzenreiter bei der Anlage von Brachebegrünungen mit Blühmischungen. Das "Fakt"-Programm ist nun auch schon viele Jahre in Gebrauch, und derartige Flächen gehören inzwischen zum Landschaftsbild. Im Neckar-Odenwald-Kreis gibt es in diesem Jahr 2800 Hektar Brache mit einjähriger Blühmischung sowie zudem gut 100 Hektar mehrjährige Blühmischung. So wurden zum Beispiel in der Gesamtgemeinde Buchen etwa 400 Hektar und auf Gemarkung Buchen (Kernstadt) 21 Hektar Brache mit einjähriger Blühmischung angebaut.



