Mosbacher "Poserszene"

Szenen wie aus einem Bond-Film

Örtliche Szene umfasst 25 Fahrer – Polizei geht mit Nadelstichen dagegen vor

31.08.2017 UPDATE: 01.09.2017 06:00 Uhr 3 Minuten, 14 Sekunden
Die Fahrer der Mosbacher Poserzene sind mit ihren bis zu 350 PS-starken Autos auf der Bundesstraße 27 unterwegs und geben (in den Abendstunden) an den Ampeln immer wieder lautstark und kräftig Gummi. Im Gespräch mit der RNZ erläutert die Mosbacher Polizei Hintergründe zur hiesigen Poserszene. Fotos: Alexander Rechner

Von Alexander Rechner

Mosbach. Heulender Motor, röhrender Auspuff, breite Reifen mit glänzenden Felgen - mit ihren "dicken" Autos fahren sie immer wieder durch die Straßen Mosbachs. Gerne auch mal zu schnell (kurz vor Sonnenuntergang). Kein Einzelfall.

Die Mosbacher Straßen bilden die ideale Umgebung, denn an den zahlreichen Ampeln ist ein rasantes Beschleunigen gut für die Poserszene möglich. Die Fahrer lassen ihren Motor aufheulen, erst zaghaft, dann immer lauter. Eine Folge: Lärmbelästigung für Anwohner (wir berichteten). Für die Polizei ist es durchaus ein Katz- und Maus-Spiel, das sich die Beamten mit der Tuningszene liefern.

Über die Mosbacher Poserszene und ihre Zusammensetzung gaben Jürgen Helfrich, Leiter des Mosbacher Polizeireviers, und Dienstgruppenleiter Martin Köpfle im Gespräch mit der Rhein-Neckar-Zeitung Einblicke.

Sie haben die Poserszene fest im Blick: Der Leiter des Polizeireviers Jürgen Helfrich (r.) und Dienstgruppenleiter Martin Köpfle setzen darauf einen Schwerpunkt ihres Handelns.

Was hat Mosbach, was Mannheim für die Poserszene nicht hat. Wo liegen die Unterschiede?

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Helfrich: In Mannheim ist einerseits die Anzahl der Fahrer und der Fahrzeuge der Poserszene deutlich größer, andererseits bietet die Quadratestadt einen idealen Resonanzkörper, um den Motor ohrenbetäubend aufheulen zu lassen. In Mosbach gibt es mit den vielen Ampeln dagegen die ideale Voraussetzung, Beschleunigungsrennen zu fahren.

Die Fahrer geben also auf der Bundesstraße 27 Gummi?

Helfrich: Die Ampeln werden dazu genutzt, um rasant zu beschleunigen. Die Fahrer geben Gas und bremsen unter Umständen bei der nächsten Ampel wieder ab. Zunächst allerdings prüfen Fahrer aus der Tuning-Szene das Umfeld und halten Ausschau, wo sich unsere Kollegen befinden. Über moderne Kommunikationswege wie WhatsApp werden dann die Ergebnisse in Windeseile mitgeteilt.

Was unternimmt die Polizei denn dagegen?

Helfrich: Wir haben deutlich einen Handlungsbedarf gesehen. Deshalb setzen wir trotz angespannter Personalsituation im Polizeirevier Mosbach hier einen Schwerpunkt, um gegen die Poserszene vorzugehen.

Und was bedeutet dies konkret?

Helfrich: Nun, wir beschreiten den Mosbacher Weg. Wir kontrollieren die Fahrer sowie Fahrzeuge und nehmen Geschwindigkeitsmessungen vor. Wir setzen immer wieder Nadelstiche gegen die Szene. Parallel dazu führen wir mit den jungen Erwachsenen Gespräche und klären über mögliche Folgen auf. Den Mannheimer Weg können wir jedoch nicht gehen, dazu fehlt uns das Personal.

Sehen Sie schon Erfolge?

Köpfle: Unser hoher Kontrolldruck hat sich in der Szene herumgesprochen.

Helfrich: Und wir lassen ebenfalls nicht locker. Wir haben ein Auge auf die Mosbacher Poserszene.

Wie setzt sich denn die Poserszene in Mosbach zusammen?

Köpfle: In Mosbach umfasst sie rund 25 Fahrzeuge, die in Mosbach oder Buchen zugelassen sind. Vereinzelt sind auch Autos aus dem Heilbronner Raum dabei. Es sind eher jüngere Fahrer, die sich mit ihren sehr leistungsstarken und teuren Autos in Mosbach treffen.

Helfrich: Die Fahrer kommen unter anderem in Mosbach an der Araltankstelle, am Burger King, am Messplatz zusammen und sind ebenfalls auf der Mosbacher Ortsdurchfahrt B 27 in den Abendstunden unterwegs.

Sie sprachen von leistungsstarken Fahrzeugen.

Köpfle: Die Leistungsbandbreite der Fahrzeuge reicht von 150 bis 350 PS, in der Spitze über 600 PS. Die Fahrer wollen vor allem gehört und gesehen werden.

Und das heißt?

Köpfle: An manchen Stellen in Mosbach hat es schon bis zu 100 Zuschauer gegeben, die diese Fahrten verfolgt haben. Wenn wir so eine Ansammlung an einem Ort sehen, wissen wir sofort, was los ist, und schreiten ein.

Helfrich: Wir müssen feststellen, die zweistreifige B 27 vom Mosbacher Kreuz kommend ist ideal, nebeneinander zu fahren. Unsere Kollegen auf Streife wissen das auch und schauen deshalb dort genau hin.

Würde denn ein Blitzer in Mosbach an der B 27 die Situation verbessern?

Helfrich: Das ist eine Frage, die die Stadt Mosbach beantworten muss. Sie ist im Stadtgebiet dafür zuständig. Grundsätzlich bejahe ich das Aufstellen einer Blitzersäule. Sie dient der Verkehrssicherheit.

Gab es denn Unfälle in der Poserszene?

Helfrich: Nein, zum Glück haben sich bisher noch keine Unfälle ereignet.

Was blüht denn den Fahrern, wenn sie erwischt werden?

Helfrich: Neben den Gesprächen, die unsere Kollegen mit den Fahrern führen, setzen wir die komplette Palette der rechtlichen Möglichkeiten ein, diese reicht vom Erlöschen der Betriebserlaubnis, Sicherstellung des Fahrzeuges bis zum Entzug der Fahrerlaubnis. Wenn wir ein Autorennen feststellen, werden wir sofort einschreiten und gegen die beteiligten Personen vorgehen!

Köpfle: Wir haben auch schon Fahrzeuge sichergestellt, zum Tüv gebracht, und die Fahrer mussten daraufhin vor Ort Teile wieder entfernen, weil ihr Auto nicht verkehrssicher war.

Was sind Ihre skurrilsten Erlebnisse aus dieser Szene?

Helfrich: Bei einer Streifenfahrt haben Kollegen festgestellt, dass ein Fahrzeug ohne amtliches Kennzeichen unterwegs war. Bei einer anschließenden Überprüfung war das Kennzeichen auf einmal wieder sichtbar. Es stellte sich heraus, der Fahrer konnte per Knopfdruck am Schlüssel das Kennzeichen in der Karosserie versenken und dadurch seine Identität verbergen. Es erinnerte an Szenen aus einem James-Bond-Film.

Köpfle: Oder an der Auspuffanlage fehlen die Endschalldämpfer. Der Sound spielt eine große Rolle. Oder die Räder sind so breit, dass die Radkästen voll ausgefüllt sind und ein voller Lenkeinschlag nicht mehr möglich ist. Das birgt eine große Gefahr für Leib und Leben im Straßenverkehr.

Was werden Sie künftig gegen die Szene unternehmen?

Helfrich: Wir werden weiterhin den Mosbacher Weg beschreiten. Unsere jungen Kollegen werden entsprechend geschult. Und wir werden weiterhin mit Nadelstichen gegen die Szene vorgehen. Die Bürger sollen uns immer anrufen, wenn sie etwas hören oder sehen. Wir kommen vorbei.

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