Schwing trifft auf Warken im Gespräch um den Einzelhandel
Dem flammendem Appell des Vorsitzenden von Mosbach Aktiv folgt ein Austausch mit der CDU-Bundestagsabgeordneten

Von Heiko Schattauer
Mosbach. Erst machte sich Holger Schwing öffentlich Luft, dann durfte er wieder aufmachen. Mit seinem ebenso emotionalen wie deutlich formulierten Video-Appell zur Wiederöffnung des stationären Einzelhandels nach etlichen Lockdown-Wochen hatte der Vorsitzende von Mosbach Aktiv dieser Tage viel Aufmerksamkeit erzeugt. Dazu machte man einen Teil der Mosbacher Fußgängerzone zum Open-Air-Schaufenster, um auch ganz greifbar die zunehmend missliche Lage für die geschlossenen Läden zu verdeutlichen (wir berichteten).
Inzwischen darf Schwing die Türen seiner beiden Modeläden wieder öffnen – und unter den ersten Kunden war prompt Besuch aus Berlin. MdB Nina Warken (CDU) wollte sich vor Ort ein Bild von dem machen, was Holger Schwing in seiner Videobotschaft vermittelt hatte.
"Natürlich habe ich das Video gesehen", erklärte die Bundestagsabgeordnete aus Tauberbischofsheim eingangs des Gedankenaustauschs zwischen Anzügen, Hemden und Hosen. Und natürlich könne sie den Ärger des Unternehmers Schwing (und vieler Kollegen) verstehen. Nina Warken versicherte aber auch, dass man sich innerhalb der Fraktionen intensiv und kritisch mit den möglichen Maßnahmen und/oder Lockerungen in der Coronapandemie auseinandersetze. "Da gibt es durchaus unterschiedlichen Meinungen, da wird es auch mal lauter", so die Abgeordnete. Zuletzt sei da auch parteiintern "viel Druck im Kessel" gewesen, unter anderem aufgrund von Appellen und Hilferufen, die auch die Abgeordneten erreichten.
Für ihr Dafürhalten sei es richtig, dass der Einzelhandel nun wieder öffnen, für seine Kunden da sein darf. Der grundsätzliche Ansatz "so wenige Kontakte wie möglich" gelte zwar nach wie vor. Wo das Infektionsrisiko relativ gering sei, müsse man inzwischen aber eben auch wieder Öffnungen ermöglichen. Auf die niedrige Ansteckungsgefahr im Einzelhandel (mit Hygienekonzepten, Einlassbeschränkungen usw.) hatte Holger Schwing auch in seiner Videobotschaft verwiesen, entsprechende Zahlen des Robert-Koch-Instituts angeführt.
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Dass neben den Händlern auch die Kundschaft die Wiederöffnung förmlich herbeigesehnt hat, das konnte Nina Warken am regen Kommen und Gehen in Schwings Herrenmodeladen unschwer erkennen. Während sich die Parlamentarierin mit dem Chef über die Hintergründe der Maßnahmen und deren Wirkungen auf das Geschäftsleben austauschte, nutzten im Hintergrund Kunden die nun wieder ermöglichte persönliche, fachkundige Beratung. Also das, was den stationären Einzelhandel in Mosbach ausmacht. "Das ist, was wir am besten können, das ist, was wir so lange nicht tun durften", verdeutlichte Holger Schwing. Wie sehr die Zwangsschließungen ihn, sein Unternehmen, seine Familie, seine Mitarbeiter und deren Familien bereits belastet haben – auch das machte Schwing seinem besonderen Gast aus Berlin klar. "Irgendwann ist man an einem Punkt, dass es nicht mehr weitergeht."
Soweit will es Nina Warken nicht kommen lassen. "Wir wollen lebendige Innenstädte, wir brauchen lebendige Innenstädte", so die Bundestagsabgeordnete: "Sie sind Teil des Kulturguts." Dafür wolle und werde man künftig viel investieren müssen, monetär wie konzeptionell. Warken sieht hier eine "strukturelle Geschichte"; über mögliche Förderungen oder Kompensationen hinaus brauche es vor allem auch tragfähige Gesamtkonzepte. Da sei ein "größeres Rad" zu drehen, so die Abgeordnete. Um unter den Coronamaßnahmen leidenden Einzelhändler oder auch Gastronomen weiterzuhelfen, wolle man eine Art "Härtefallfonds" auflegen – damit es sie auch nach der Pandemie noch gibt. Um dann gemeinsam am größeren Rad (Zukunft der Innenstädte) drehen zu können ...



