Mosbach-Neckarelz

"Mehrheit der Menschen will in kleinen Städten leben"

Präsident des GdW Bundesverbandes deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen zu Gast im Kreis

18.07.2018 UPDATE: 19.07.2018 06:00 Uhr 2 Minuten, 5 Sekunden

Der Präsident des GdW Bundesverbandes deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen, Axel Gedaschko (r.), kam zu einer Fachtagung nach Neckarelz und stand gemeinsam mit dem Vorstand der BG Familienheim Buchen-Tauberbischofsheim, Thomas Jurgovsky, dem Vorstandsvorsitzenden der gastgebenden BG Familienheim Mosbach, Dr. Klaus-Dieter Roos, und der Direktorin des Verbands baden-württembergischer Wohnungs- und Immobilienunternehmen, Sigrid Feßler, (v.l.) bei einer Pressekonferenz Rede und Antwort. Foto: Frank Heuß

Von Frank Heuß

Mosbach-Neckarelz. Im GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen, der früher "Gesamtverband deutscher Wohnungsunternehmen" hieß, sind viele ehemals gemeinnützige Wohnungsunternehmen zusammengeschlossen. Dazu gehört auch die Baugenossenschaft Familienheim Mosbach, in deren Räumlichkeiten in der Heidelberger Straße der Verbandspräsident auf Bundesebene und frühere Hamburger Wirtschaftssenator Axel Gedaschko am Dienstag zu Gast war.

Den hohen Besuch hatte man für eine Fachtagung genutzt, an der neben Vertretern aus der lokalen Wohnungswirtschaft auch Abgeordnete und Bürgermeister teilnahmen. Gedaschko selbst bekam während seines zweitägigen Aufenthalts im Landkreis mehrere Immobilienobjekte vor Ort gezeigt.

Dass Baugenossenschaften heute anders als früher nicht mehr gemeinnützig sind, machte Thomas Jurgovsky, Vorstand der BG Familienheim Buchen-Tauberbischofsheim, bei der Pressekonferenz am Rande der Tagung deutlich.

So habe man sich von vielen nicht mehr rentablen Immobilien getrennt. "Ein Drittel für Wohnen, zwei Drittel für Leben", sei die Normalrechnung für Mieter. Somit müsse der Haushalt bei den meisten Neubauwohnungen für rund 700 Euro Miete im Raum Buchen mindestens 2100 Euro Nettoeinkommen aufweisen, machte Jurgovsky eine einfache Rechnung auf.

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Wo aber sollen die Leute wohnen, die weniger haben? "Da ist die Frage, wer dafür zuständig ist", antwortete er bezogen auf den sozialen Wohnungsbau mit einem Verweis an die Politik.

Dr. Klaus-Dieter Roos, Vorstandsvorsitzender beim Familienheim Mosbach, ergänzte, dass der konzeptionelle Ansatz der Baugenossenschaften unterschiedlich sei: "Wir haben mehrere Sozialleistungsempfänger, und unsere Durchschnittsmiete ist niedriger", so Roos. Dennoch sah auch er viele Schwierigkeiten in der aktuellen Marktsituation: "Die Baukosten sind exorbitant hoch", unterstreicht er, denn man bezahle mit rund 3000 Euro pro Quadratmeter neue Wohnfläche genauso viel wie in Großstädten, wo sich völlig andere Mieten erzielen ließen.

Wofür es dann noch Baugenossenschaften brauche, wo diese heute doch ebenso marktorientiert arbeiten wie "normale" Bauträger, beantwortete Axel Gedaschko einfach: "Was hier erwirtschaftet wird, steckt sich niemand in die eigene Tasche, sondern das bleibt in der Genossenschaft." Es gehe nicht um Gewinnmaximierung, sondern um längerfristige Kostendeckung.

"Die klare Mehrheit der Menschen will in kleinen und mittleren Städten leben", erklärte Gedaschko, warum es wichtiger sei als politisch wahrgenommen, die ländlichen Räume zu stärken.

Der Trend gehe eher weg von den Großstädten, die kaum "noch dichter bepackt" werden könnten. Und Wohnraum wird dringend benötigt, wie die Direktorin des Verbands baden-württembergischer Wohnungs- und Immobilienunternehmen, Sigrid Feßler, verdeutlichte: "Es müssten jährlich rund 65.000 Wohnungen im Land gebaut werden, 2017 waren es gerade mal die Hälfte." "Es ist eine unbequeme Wahrheit: Wir schaffen es nicht!", fasste Gedaschko zusammen.

Was aber können ländliche Städte und Gemeinden für mehr Wohnraum zu erschwinglichen Preisen tun? Ein wesentlicher Teil der Lösung seien die Bürger selbst, denn häufig gebe es Widerstand, wenn in der eigenen Nachbarschaft höher gebaut werden soll. Voraussetzung sei der "politische Wille" - Wohnraumschaffung müsse "Chefsache" sein. Eine kommunale "Allianz für Wohnungsbau" sollte alle Interessensträger samt Mietervereine zusammenholen, empfahl Gedaschko.

Nachverdichtung - etwa durch Geschossaufsatz - sei erforderlich, da jeder Quadratmeter Grundflächenbedarf die Kosten erhöhe. Wenn mehr neu gebaut würde, ginge durch die ohnehin vollen Auftragsbücher der Handwerker die Spirale der Baukosten weiter nach oben. "Man braucht eine gute Stadtplanung", betonte Gedaschko auf die Erschließung frischer Quartiere im sogenannten "Speckgürtel" um eine Stadt herum angesprochen, denn die Attraktivität hänge von der Infrastruktur ab.

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