Mosbach

Die Tuningszene distanziert sich von "Posern"

Mit der Polizei arbeiten, nicht gegen sie: Gemeinsam soll nun eine Lösung gefunden werden.

01.08.2021 UPDATE: 02.08.2021 06:00 Uhr 3 Minuten, 3 Sekunden
Inklusive Autos traf sich die Mosbacher Tuningszene in der vergangenen Woche mit Beamten der Verkehrspolizeiinspektion Weinsberg und des Polizeireviers Mosbach im Hof des Mosbacher Reviers. Foto: Matthias Pister – Unlimited-Customs

Von Noemi Girgla

Mosbach. Ihre Autos fallen auf. Das ist auch so gewollt. Schließlich stecken sie viel Arbeit in aufwendige Umbauten, schöne Felgen und besondere Folierungen. Was nicht auffallen soll, ist die Lautstärke der Wagen. Und damit grenzt sich die Mosbacher Tuningszene ganz klar von den sogenannten "Posern" ab.

"Poser wollen auffallen, wir wollen unsere Autos zeigen. Wenn ein Poser irgendwo vorbeifährt, lässt er extra den Motor aufheulen und beschleunigt. Wir fahren langsam, damit auch alle das Auto bewundern können", erklären Leon Horvath und Pascal Selbitschka. Beide haben viel Zeit und Geld in ihre Wagen gesteckt. Die Umbauten sind alle legal und im Fahrzeugschein vermerkt. "Und auch diese Eintragungen kosten einen Haufen Geld", verrät Selbitschka.

Umso mehr ärgert es die jungen Männer, dass sie, nur weil sie auffällige Autos fahren, immer wieder mit den allseits unbeliebten Posern über einen Kamm geschoren werden. In jeden Bereich gebe es schwarze Schafe, räumen die Tuner ein, aber bei den Polizeikontrollen, die immer wieder im Neckar-Odenwald-Kreis stattfinden, würde es oft die Falschen treffen.

Seit einer Weile steht die "Tuningszene.Mos", wie sich die Gruppe im sozialen Netzwerk Instagram nennt, mit der Polizei in Kontakt. Das Ziel: Verständnis füreinander schaffen, kooperieren. Die Hoffnung: Gemeinsam einen Ort für die Autovernarrten finden, wo sie keine Anwohner stören, sich aber mit ihren Autos (regel- und gesetzeskonform) treffen können.

Auch interessant
Mosbach: Poser-Szene suchte einen neuen Treffpunkt bei der Schule
Mosbach/Obrigheim: Treffpunkte der "Poser- und Tuningszene" kontrolliert
Neckar-Odenwald-Kreis: Auto-Tuner wollen sich von Poser-Szene differenzieren (plus Video)

Um ihren guten Willen und Verantwortung zu zeigen, trafen sich einige Mitglieder der Tuningszene Ende Juni, um gemeinsam der Vermüllung des inzwischen gesperrten Parkplatzes der Ludwig-Ehrhard-Schule entgegenzuwirken. "Mit sieben Leuten haben wir etwa zwei Stunden aufgeräumt. Am Ende hatten wir rund 15 volle Müllsäcke beisammen", berichtet Sohaib Alilja, einer der Tuner, der regelmäßig mit der Polizei in Verbindung steht, um einen gemeinsamen Konsens zu finden. Dabei haben sich die Mitglieder der Tunigszene.Mos nach eigenen Aussagen kaum auf dem LES-Parkplatz aufgehalten. "Wir wollten zeigen, dass wir nicht gegen, sondern mit der Polizei arbeiten wollen", konstatiert Alilja.

Auch wenn die Aufräumaktion nichts daran änderte, dass der Parkplatz (der sich in einem Wohngebiet befindet) kurz darauf ab 22 Uhr aufgrund massiver Beschwerden über Lärmbelästigungen gesperrt werden musste, hat sich das Pflichtbewusstsein ausgezahlt. Dieser Tage trafen sich die Tuner mit Beamten der Verkehrspolizeiinspektion Weinsberg und des Polizeireviers Mosbach im Hof des Reviers. Mit dabei waren natürlich auch die Autos, die laut Revierleiter Achim Küller für viel Aufsehen sorgten.

Küller bestätigte: "Es war ein wirklich konstruktives Gespräch mit vernünftigen jungen Menschen. Die Tuningszene distanziert sich von der Poserszene. Das gemeinsame Ziel ist nun, einen Platz zu finden, wo sie sich treffen können. Es wurden auch schon einige Vorschläge gemacht. Da sich diese Orte jedoch auf Privatgeländen befinden, müssen die Tuner dort selbst anfragen. Aber sowohl wir als auch die Stadt Mosbach wollen sie darin unterstützen." Das Ordnungsamt der Stadt Mosbach teilte mit, dass man nach dem Gespräch mit der Polizei zunächst intern besprechen wolle, welche Lösungsmöglichkeiten es gebe und wie diese umgesetzt werden könnten. "Dennoch wird es auch dort, wenn ein Ort gefunden wird, weiterhin Kontrollen geben. Dieser Platz soll kein rechtsfreier Raum werden," stellt Küller klar.

Eine Aussage, die bei den Tunern auf offene Ohren und Arme stößt: "Wir würden uns eine verstärkte Polizeipräsenz und noch mehr Kontrollen sogar wünschen", meinen einige von ihnen. Denn wenn die Beamten ihre Autos erst mal kennen würden und wüssten, dass an diesen keine illegalen Umbauten zu finden seien, hoffen sie, seltener angehalten zu werden. "So eine Kontrolle dauert gerne mal eine Dreiviertelstunde – locker auch länger." Kein Wunder – umfassen die Fahrzeugscheine der Autoliebhaber doch oft statt einer Seite leicht mal drei. Küller meint dazu: "Wir fahren auch nicht mit Scheuklappen. Wir wissen ziemlich genau, wer zu welcher Szene gehört. Hauptsächlich sind die Poser das Problem, nicht die Tuner."

Eine Aussage, die Selbitschka, Alilja und Horvath differenziert sehen: "Man merkt oft schon bei der Begrüßung in der Kontrolle, ob die Beamten Tunern gewogen sind oder nicht. Wir haben auch schon Aussagen gehört wie: ,Auf dich haben wir gewartet.’" Dann wisse man gleich, woran man sei. Immer wieder würden auch "Umbauten" bemängelt, die entweder gar nicht in den Fahrzeugbrief eingetragen werden müssten (wie z. B. eine Folierung) oder längst drinstünden. "Selbst der TÜV weiß dann manchmal nicht, was zu tun ist, wenn wir uns da melden müssen. Dort kann dann lediglich ein Schrieb ausgestellt werden, dass alles in Ordnung ist – und das kostet auch wieder einiges", ist der Tenor.

Es gebe aber auch durchaus Polizisten, bei denen man merke, "dass sie Ahnung haben". "Es wäre schön, wenn alle mit einer neutralen Grundeinstellung in die Kontrollen gingen", sind sich die Tuner einig. Denn das Letzte, was sie wollen, ist, in eine Schublade mit den Posern gesteckt zu werden. Und dafür scheint der Grundstein nun gelegt zu sein.

(Der Kommentar wurde vom Verfasser bearbeitet.)
(zur Freigabe)
Möchten sie diesen Kommentar wirklich löschen?
Möchten Sie diesen Kommentar wirklich melden?
Sie haben diesen Kommentar bereits gemeldet. Er wird von uns geprüft und gegebenenfalls gelöscht.
Kommentare
Das Kommentarfeld darf nicht leer sein!
Beim Speichern des Kommentares ist ein Fehler aufgetreten, bitte versuchen sie es später erneut.
Beim Speichern ihres Nickname ist ein Fehler aufgetreten. Versuchen Sie bitte sich aus- und wieder einzuloggen.
Um zu kommentieren benötigen Sie einen Nicknamen
Bitte beachten Sie unsere Netiquette
Zum Kommentieren dieses Artikels müssen Sie als RNZ+-Abonnent angemeldet sein.