Abenteuer und Unterhaltung beim Mittelaltermarkt (plus Fotogalerien)
Fließende Übergänge zwischen einst und heute: Händler, Spielleute und (Kunst-)Handwerker verbreiteten mittelalterliches Flair zwischen Fachwerk und Kirchturm.

Von Peter Lahr
Mosbach. Ein Hauch von Mittelalter lag am Wochenende über der historischen Mosbacher Altstadt. Verantwortlich dafür waren Händler, Handwerker, Spielleute und Gaukler, die auf den Marktterrassen ihr Lager aufgeschlagen hatten. Die Zeitreisenden unter dem Dach von "Pro History" sorgten für Abenteuer und Unterhaltung. Flankierend dazu zählte der Kunsthandwerkermarkt 55 Stände in den Gassen und im regensicheren Rathaussaal. Das Aprilwetter am Samstag hielt die Menschen kaum ab von einem Einkaufsbummel über das letzte Markterlebnis vor der Winterpause. Es brummte bis in die lange Einkaufsnacht, zu der die Fachgeschäfte von Mosbach aktiv eingeladen hatten. Ruhe und Besinnung bot dagegen "Poesie und Licht" in der Stiftskirche. Eine Lichterspirale hatte Annette Reinhart auf dem Boden ausgebreitet, dazu las sie Texte, die ein Lächeln schenkten oder zum Nachdenken anregten.
Buddhas oder Eichhörnchen aus Metall, duftende Seifen oder formschöne Gegenstände aus Olivenholz wetteiferten beim Kunsthandwerkermarkt um die Aufmerksamkeit der Vorbeiziehenden. Viele alte Bekannte waren unter den Händlern dabei. Wer dem Duft von Feuer und dem Klang des Dudelsacks folgte, landete unwillkürlich bei den beiden Zelten von "Firestone". Am Nachmittag übten bereits vier Jongleusen mit einfachen Pois – also Bällen, die an Schnüren durch die Luft sausen. Ihre Mosbacher Premiere am Abend stand dann ganz im Zeichen des Feuers. Seit acht Jahren trainieren die Nusslocher "Feuersteine" regelmäßig.
"Es ist ein hartes Training mit immer neuen Übungen", beschrieb Diana Stein den langen Weg bis zur Schau. Als Mischung zwischen Kunst und Sport empfinden es alle, die das gefährliche Spiel mit dem Feuer wagen. Die jüngste von ihnen war Lea. Trotz ihrer neun Jahre sammelte sie schon viel Erfahrung – und konnte es kaum erwarten, bis es endlich dunkel wurde. "Wir erzählen immer eine Geschichte", beschrieb Stein die Besonderheit von Firestone, die bei vielen unterschiedlichen Gelegenheiten auftreten.
Keine Angst vor Feuer hat auch das Paar am Stand von "Madhammers". Während in der Feldschmiede mit sicheren Bewegungen des Hammers eine Gewandspange entstand, verhandelte daneben ein Paar: "Wenn du mir die Axt kaufst, bekommst du von mir die schwarze Rose."
"Ich mache das historisch. Ich habe das zuerst im Museum gesehen und mich ein Jahr lang reingefuchst." Mittlerweile ist Johannes Lang aus Balingen Experte für Kettenhemden und zeigte das mühsame bis meditative Entstehen der Ritter-Schutzkleidung. "Wie viele Ringe hat ein Kettenhemd?" Die Antwort kennt Lang schon lange: "Mindestens 40.000." Man müsse das schon auch wollen, sonst gehe es nicht, unterstrich der Handwerker. Schon der Weg von der Drahtrolle zum Ring besteht aus vielen Einzelschritten: Abzwicken, die Enden übereinander biegen, zum Glühen bringen, härten, verdichten. "Dann ist es platt und man kann ein Loch reinsetzen." Erst bildet Lang eine Kette aus Ringen, dann verbindet er zwei Ketten miteinander. Mittlerweile hat er ein gut 20 Zentimeter breites Anschauungsobjekt, dazu eine Haube aus Ketten. "Das Kettenhemd konnte sich bewegen und nimmt die Kraft aus einem Schwertschlag", wusste der Experte aus eigener Anschauung. Denn das habe er schon mit Gleichgesinnten ausprobiert. Das gehe dann schon Richtung experimentelle Archäologie.
Die Übergänge zwischen einst und heute sind beim Duo Wormez fließend. In Mosbach waren sie Dank eines Praktikanten gar zum Trio mutiert. Während Stephanie zu Sackpfeife oder Rauschpfeife griff, trommelten die beiden Spielleute in Schnabelschuhen einen raschen Rhythmus. Dazu drehten sich bald nicht nur die drei Tänzerinnen der Tribal-Gruppe "Zariete". Auch zwei junge Prinzessinnen reihten sich ein und viele mehr. "Zariete" bezirzte mit einem diffizilen Säbeltanz und ließ Fächer zu Regenbogen mutieren.
"Ai vis lo lop", sang Stephanie ein Tanzlied auf Okzitanisch. Es gehe darin um die erstaunliche Geschichte, dass sich Fuchs, Hase und Wolf umarmen. "Dahinter steckt das Thema Korruption", erklärte die Sängerin aus Worms. Während der Tanzreigen einmal endete, drehte sich das handbetriebene Holzriesenrad ohne Unterlass und "Marbun der Folterknecht" erschreckte schon durch seine Maskerade.