Maskenpflicht im Unterricht

Die Maske ist auch am Burghardt-Gymnasium Buchen das kleinere Übel

Seit Montag gilt an den weiterführenden Schulen Maskenpflicht im Unterricht. Ein Besuch vor Ort.

19.10.2020 UPDATE: 20.10.2020 06:00 Uhr 3 Minuten, 26 Sekunden
Die Maske den ganzen Schultag über tragen zu müssen, bringt auch am BGB manchen an die Grenzen der Belastungsfähigkeit. Foto: Rüdiger Busch

Buchen. (rüb) "Nach einer gewissen Zeit merke ich gar nicht mehr, dass ich eine Maske trage", sagt Anna Maurer. Ihr Mitschüler Justin Wingate hat dagegen ganz andere Erfahrungen gemacht: "Ich bekomme mit der Maske ganz schlecht Luft, und wenn ich sie länger tragen muss, krieg‘ ich Kopfschmerzen." So unterschiedlich wie in der Klasse 10a des Burghardt-Gymnasiums sind überall im Land die Reaktionen auf die verschärfte Maskenpflicht an den Schulen. Seit Montag muss ab Klasse 5 auch im Unterricht eine Mund-Nasen-Bedeckung getragen werden. Zwar zeigte am BGB jeder der Befragten Verständnis für die Regelung. Die Maske den ganzen Schultag über tragen zu müssen, bringt aber so manchen Schüler – und Lehrer – an die Grenzen der Belastungsfähigkeit.

"Die Maskenpflicht im Unterricht ist nicht einfach umsetzen", ist sich Schulleiter Jochen Schwab bewusst. "Es ist einfach anstrengend, den ganzen Schultag unter der Maske verbringen zu müssen." Was für Vertreter einiger Berufsgruppen schon seit Monaten zum beschwerlichen neuen Alltag gehört, hat nun also auch in der Schule Einzug gehalten.

Das hat natürlich Folgen für den Schulalltag: "Wir überlegen, wie wir den Unterrichtstag an diese zusätzliche Anstrengung anpassen können." So müssten bestimmte Unterrichtsformen möglicherweise mit Blick auf die neue Situation verändert werden, erklärt Schwab. Gruppenarbeit und Projektarbeit seien unter den neuen Vorgaben schwieriger umzusetzen.

"Wir leisten als Schule unseren Beitrag, um die Ausbreitung des Virus zumindest zu verlangsamen, das steht für uns außer Frage", sagt der Schulleiter. Jetzt gehe es darum, einen Weg zu finden, der es Schülern und Lehrern ermöglicht, mit der Maske so gut wie möglich zurechtzukommen.

"Ich habe am Freitag schon selbst zwei Unterrichtsstunden mit Maske gehalten: Das ist schon eine Stufe anstrengender als normal." Die Maske im Unterricht zu tragen, sei in mehrfacher Hinsicht belastend: Das Atmen falle schwerer, die Brille beschlage, und die Kommunikation sei schwieriger. "Man muss lauter und deutlicher sprechen", weiß Schwab.

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Die Erfahrungen der Schüler bestätigen seine Einschätzung: "Ich bin Brillenträgerin und finde es sehr anstrengend, den ganze Tag mit der Maske rumlaufen zu müssen. Vor allem das Treppensteigen ist schwierig. Hinzu kommt: Im Unterricht versteht man kaum etwas mit Maske", findet Emilia Toth. Ihr Klassenkamerad Paul Kirsch hat die gleichen Probleme: "Ich verstehe die anderen kaum, und auch das Atmen fällt mir schwer!" Annika Schwab kommt mit der Maske dagegen gut zurecht. Nur beim Blick auf die Klassenarbeiten sieht sie ein Problem: "Es ist mit Maske schwieriger, sich zu konzentrieren."

Leah Schauder kann nicht verstehen, dass sie und ihre Mitschüler im Unterricht Masken tragen müssen, aber beim Sport darauf verzichtet werden kann: "Das ist unlogisch, auch wenn dort die Abstände leichter eingehalten werden können." Finn Auerbach meint dagegen: "Man kann darüber diskutieren, ob alles sinnvoll und notwendig ist, aber es stört mich, wenn die Vorgaben einfach nicht eingehalten werden und jemand ohne Maske im Zug sitzt."

Doch zurück zum Unterricht: Besonders gravierend seien die Auswirkungen beim Fremdsprachenunterricht, wo die Aussprache und die Konversation untereinander eine große Rolle spielten, meint Jochen Schwab. Katharina Kleiser, die Klassenlehrerin der 10a, pflichtet dem Schulleiter bei: "Vor allem für Anfänger ist es eminent wichtig, die Mundbewegungen des Sprechers zu beobachten." Zudem gebe es an der Schule auch hörgeschädigte Schüler, die das Gesagte normalerweise von den Lippen abzulesen. Mit Maske unmöglich.

Trotz aller Probleme ist für Katharina Kleiser eines klar: "Maske tragen ist mir zehnmal lieber als Fernunterricht!" Das sieht ihre Schülerin Anna Maurer genauso: "Die Maske ist für mich das kleinere Übel: Müssten wir wieder zu Hause bleiben, wäre das viel schlimmer!"

Also bleibt nur, sich mit der Maske zu arrangieren: "Wir gehen nicht davon aus, dass die Maskenpflicht so schnell wieder verschwindet – die Zahlen gehen nämlich in eine eindeutige Richtung."

An die Masken im Unterricht müssen sich alle noch gewöhnen, das regelmäßige Lüften gehört zum festen Ritual: "Wir reißen alle 20 Minuten Fenster und Türen auf", so der Schulleiter. Warme Decken, wie sie vereinzelt schon in den Klassenzimmern zu sehen sind, werden in den nächsten Wochen und Monaten für viele Schüler unverzichtbar werden. "Derzeit geht es noch", sagt Schwab beim Blick auf die herbstlichen Temperaturen. Wie es im Winter sein wird? "Ich habe Angst, mich zu erkälten", meint Emilia Toth. "Und wie soll ich mir mit Maske die Nase putzen?"

Glücklicherweise sind die Schulen bislang keine Infektionstreiber. Das wertet auch Jochen Schwab als Indiz dafür, dass die aufwendigen Hygienekonzepte greifen. "Wir haben uns viele Gedanken gemacht" So gibt es am BGB versetzte Pausen – sowohl zeitlich als auch, was die Jahrgangsstufen angeht, die gemeinsam auf dem Hof sind, etwa die 5er und die 9er oder die 8er und die 12er. Das Ziel: So wenige Begegnungen wie möglich. Auch der Cafeteria-Verkauf wurde entzerrt: Er findet nun in zwei Markthütten auf dem Schulhof statt.

"Corona ist und bleibt eine große Herausforderung für alle Beteiligten", fasst Jochen Schwab die Situation zusammen. Eine Herausforderung, der sich alle stellen: "Man hat das Gefühl, dass die Schüler erkannt haben, dass wir in besonderen Zeiten leben, aufeinander achtgeben und zusammenhalten müssen."

Ganz wichtig ist dem Pädagogen aber auch eine weitere Botschaft: "Wir müssen den Schülern zeigen, dass das Leben immer noch lebenswert ist, dass nicht nur Tristesse herrscht, sondern dass es viel Hoffnungsfrohes beinhaltet." Und: "Es gibt nicht nur den Winter, sondern es wird auch wieder einen Frühling geben – und selbst in diesem Winter werden schöne Phasen, schöne Erlebnisse möglich sein."

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