Aufgaben der Zukunft sorgen für Bauchschmerzen
Einwohnerversammlung: Bürgermeister Thorsten Weber informierte über laufende und künftige Projekte.

Von Gabriele Eisner-Just
Limbach. 300 Stühle standen in der Mehrzweckhalle Limbach, etwa die Hälfte davon war besetzt. Bürgermeister Thorsten Weber hatte die Einwohner von Limbach und allen sechs Ortsteilen eingeladen, um zu informieren und um für einige anstehende Projekte ein Meinungsbild zu erhalten. Gut 4600 Einwohner, davon viele Auspendler, die gern in Limbach wohnen und anderswo arbeiten, etwa sechs Millionen Euro Schulden – Tendenz derzeit abnehmend – acht Millionen Euro Investitionen im Jahr 2023, mit diesen Zahlen startete der Bürgermeister.
Beeindruckend, welche Projekte in den vergangenen Jahren gestemmt wurden: Neben dem Neubau des Feuerwehrhauses in Limbach und der Erweiterung der Schule am Schlossplatz hat die Gemeinde viele weitere Baumaßnahmen umgesetzt. Dazu kamen die Erschließungen des Gewerbegebiets Hilbertsfeld, Straßensanierungen, Investitionen in die medizinische Versorgung und vieles mehr.
Auch momentan gehen neben dem barrierefreien Umbau des Rathauses viele weitere Bauprojekte ihrer Fertigstellung entgegen, beispielsweise die Sanierung und Erweiterung des Kindergartens in Krumbach. Der Bürgermeister wies besonders auf die Pläne für ein Nahwärmenetz hin, die am 26. Oktober (19 Uhr) vorgestellt werden.
Die Aufgaben der nahen Zukunft sorgen allerdings für Bauchschmerzen bei allen Verantwortlichen. Denn die Abwasserbeseitigung, die Wasserversorgung, der Einsatz erneuerbarer Energien, die Kindergärten und Schulen, die Planung neuer Baugebiete und die Unterbringung Geflüchteter sind sehr komplex und werden die Gemeinde viel Geld kosten. Hohe Investitionen stehen in den nächsten Jahren an und damit müsse die Gemeinde mehr Schulden machen.
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Die Gemeinde müsse kostenintensive Vorhaben umsetzen, "ob wir wollen oder nicht". Denn die aktuellen Gesetze und Verordnungen der Bundesregierung belasteten die Kommunen immer stärker. Beispiel Abwasser: Hier stehen die Kanalsanierung, die Erneuerung und Vergrößerung einzelner Abwasserkanäle und vor allem die Erneuerung der Kläranlage an. Der Gemeinderat hat im Juli beschlossen, alle Ortsteile an die Verbandskläranlage in Fahrenbach anzuschließen. Dies wird etwa 18 Mio. Euro kosten.
Wem es bei dieser Summe noch nicht schwindelig wurde, für den hatte Bürgermeister Weber gleich noch eine Zahl parat: 40 bis 50 Mio. Euro müsse die Gemeinde in den nächsten zehn Jahren allein für den Bereich Abwasser investieren. Aktuell hat man Fördermittel von 3,4 Mio. Euro für die Kanalsanierung beantragt, dazu werden weitere Förderanträge kommen. Ohne Fördermittel, so rechnete der Bürgermeister aus, würde der Abwasserpreis auf etwa 13 Euro/m3 steigen. Ähnliches gilt für die Trinkwasserversorgung: Leitungen müssen erneuert, die Eigen- und Bodenseewasserversorgung müssen gesichert werden.
Als weiteres Beispiel nannte Weber die Kindergärten und Schulen. Wegen des Rechtsanspruchs der Kinder auf Ganztagsbetreuung stehen Erweiterungen der Kindergärten und die Errichtung einer Schulmensa an, ein weiteres Millionenprojekt. Außerdem muss geeignetes Personal gefunden und eingestellt werden.
Der Regionalverband Rhein-Neckar will bis 2025 die Regionalplanung für Freiflächen-Photovoltaik und Windkraftanlagen fertigstellen. Auch auf der Gemarkung Limbach gibt es einige mögliche Aufstellorte für Windenergieanlagen. Die Gemeinde habe keine Möglichkeit, Windkraft zu verhindern, sie könne lediglich gemeindeeigenen Flächen zurückhalten.
Weber bat die Zuhörer um ein Meinungsbild. Dieses fiel sehr unterschiedlich aus: Einige Bürger baten darum, die Windkraft mit allen Mitteln zu verhindern, notfalls mit einer Sammelklage. Andere meinten, wenn die Windkraft ohnehin nicht verhinderbar sei, solle man doch lieber eigene Flächen verpachten als anderen Gemeinden oder privaten Eigentümern das Geschäft zu überlassen.
Auch zum Thema Flüchtlingsunterbringung wollte der Bürgermeister die Ansichten der Einwohner hören. Allerdings, so Thorsten Weber, sei auch dies eine Pflichtaufgabe. 33 Geflüchtete müssen laut Verteilungsschlüssel im nächsten halben Jahr zusätzlich zu den 69 schon aufgenommenen untergebracht werden. Beste Option sei die Unterbringung in Mietwohnungen. "Mit einer Mietwohnung je Ortsteil wäre uns gerade sehr geholfen!"
Um die Einwohnerzahlen zu halten oder möglichst zu steigern, hat die Gemeinde eine Bauplatzbörse eingerichtet. Die Besitzer unbebauter, baureifer Grundstücke sollten mit Bauinteressenten zusammengebracht werden. 122 Eigentümer wurden angeschrieben, das entspreche dem Bauplatzbedarf von zehn bis 15 Jahren – jedoch ohne Resonanz, erklärte Weber. Ohne neue Einwohner verteilen sich jedoch die Lasten auf immer weniger Schultern, sodass die Gemeinde die Bauplatzbesitzer auf andere Weise in die Pflicht nehmen wolle. Eine Möglichkeit sei die Anhebung der Grundsteuer für baureife Grundstücke, die nicht bebaut sind. Weitere Optionen wären die Ausweisung kleinerer Grundstücke, die Nachverdichtung im Innenbereich und als letztes Mittel Planverfahren für Einzelbebauungen.
Das Fazit des Bürgermeisters: Die Aufgaben seien groß, die Einflussmöglichkeiten der Kommune jedoch gering. Die größte Notwendigkeit zum Erhalt der kommunalen Handlungsfähigkeit sehe er in einer Deregulierung, also im Abbau oder in der Vereinfachung von staatlichen Normen und Vorschriften, damit man vor Ort wieder entscheidungsfähig werde.