Neckar-Odenwald-Kreis ist weiter besonders sicher
Kriminalstatistik des Polizeipräsidiums Heilbronn fällt positiv aus - Pandemieauswirkungen erkennbar - Kreis mit "Sonderfällen"

Von Heiko Schattauer
Neckar-Odenwald-Kreis. Die Botschaft ist ebenso klar wie erfreulich: "Die Bürgerinnen und Bürger im Zuständigkeitsbereich des Polizeipräsidiums Heilbronn leben in der sichersten Region des Landes", eröffnete Polizeipräsident Hans Becker am gestrigen Mittwoch die Präsentation der Kriminalstatistik für das Jahr 2020. Nimmt man die sogenannte Häufigkeitszahl als Maßstab, so steht das Präsidium Heilbronn nun tatsächlich an Platz eins der landesweiten Tabelle, nachdem man 2019 in Bezug auf die Kriminalitätsbelastung als zweitsicherste Region in Baden-Württemberg gegolten hatte. 3662 Straftaten / 100.000 Einwohner wurden im Jahr 2020 bekannt und verfolgt (2019: 3887). Insgesamt finden sich in der aktuellen Statistik des Polizeipräsidiums Heilbronn 31.482 Fälle (2019: 33.308), was einen Rückgang von 5,5 Prozent bedeutet und zum Landestrend (-6,1 Prozent) passt.
Eine außergewöhnliche Bilanz
Becker berichtete von einer "außergewöhnlichen Statistik", deren Besonderheit er an den positiven Werten und an den extraordinären Umständen festmachte. Die Coronapandemie haben die Kriminalstatistik maßgeblich beeinflusst, dessen ist man sich bei der Polizei bewusst. Ausgangsbeschränkungen etwa wirkten sich positiv auf die Zahl der Wohnungseinbrüche aus. Wie schon bei der eingangs der Woche vorgestellten Unfallstatistik sei auch das aktuelle Zahlenwerk zur Kriminalitätslage nur bedingt für einen Vergleich mit dem Vorjahr geeignet.
"Äußerst zufrieden" macht die Statistik 2020 den Polizeipräsidenten dennoch, vor allem weil man ein bereits vor der Pandemie ausgerufenes Ziel klar erreicht habe: den öffentlichen Raum sicherer machen. Um 18,5 Prozent zurückgegangen ist die Zahl der Straftaten im Bereich der sogenannten Straßenkriminalität, auf rund 4500 statt zuvor gut 5500 Fälle. Becker wertet diese Abnahme als Ergebnis verstärkter Präsenz der Polizei im öffentlichen Raum. "Sicher leben zu können ist ein Merkmal für eine hohe Lebensqualität. Den Mitarbeiter(inne)n des Polizeipräsidiums ist es gelungen, dass die Bürger(innen) bei uns sicher leben und sich dabei auch sicher fühlen können. Diese Tatsache ist unsere Aufgabe, tägliche Motivation und auch weiterhin unser Ziel", erklärt der Polizeipräsident.
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Zufrieden macht Hans Becker auch die Aufklärungsquote. Die konnte um drei Prozent gesteigert werden; mit 65,4 % hat man ein "Fünf-Jahres-Hoch" erreicht. Und toppt den Landesschnitt, vor allem auch dank des Main-Tauber-Kreises, der landesweit die höchste Aufklärungsquote vorweisen kann (70,1 Prozent), und des Neckar-Odenwald-Kreises, der mit 68,9 Prozent den drittbesten Wert in Baden-Württemberg erreicht.
Anstieg im Kreis hat Gründe
Beim Blick in den Neckar-Odenwald-Kreis fällt aber auch auf, dass er als einziger Zuständigkeitsbereich des Polizeipräsidiums einen leichten Anstieg bei den Straftaten verzeichnet. 1,4 Prozent mehr Delikte als noch 2019 finden Eingang in die Statistik 2020, was absolut eine Veränderung von 65 Fällen ausmacht. 4695 Straftaten wurden im Laufe des vergangenen Jahres aktenkundig, was wiederum einer Häufigkeitszahl von 3269 pro 100.000 Einwohner entspricht (plus 1,3 Prozent). Gründe dafür sieht man bei der Polizei in lokalen Sonderfällen und einem verstärkten Kontroll- und Ermittlungsdruck bei der Rauschgiftkriminalität im Bereich Mosbach und Buchen (mit entsprechenden Erfolgen und Fällen). Zu den Sonderfällen, die sich negativ auf die Bilanz auswirkten, zählen unter anderem wiederkehrende Konflikte in Familien/Hausgemeinschaften in Haßmersheim, Aglasterhausen und Obrigheim. Allein in einem "Konflikthaus" in Aglasterhausen registrierte die Polizei im Jahr 2020 insgesamt 34 Fälle.
Weniger Wohnungseinbrüche
Bedeutend weniger Fälle als im Vorjahr sind im Bereich der Wohnungseinbrüche zu verzeichnen, wobei Hans Becker vor allem auf die Langzeitentwicklung verwies. 2015 habe man noch an die 1000 Fälle im Zuständigkeitsbereich gehabt, überdies eine Aufklärungsquote von gerade mal zehn Prozent. 2020 finden sich in der Gesamtstatistik noch 244 Wohnungseinbruchdiebstahl-Delikte (2019: 346), wovon die Hälfte als "gescheiterter Versuch" geführt wird. Auch im Neckar-Odenwald-Kreis ging die Fallzahl zurück: um 11,3 Prozent auf 46. Als Bestätigung der eigenen Bemühungen und geänderten Konzeptionen in diesem Bereich wertet die Polizei aber vor allem auch den Anstieg der Aufklärungsquote auf nun immerhin rund 27 Prozent.
Schläge gegen Hintermänner
"Sehr stolz", so der Polizeipräsident, sei man auch auf die Ermittlungserfolge bei den "falschen Polizisten", die es meist auf Senioren und deren Geld abgesehen haben. Hier sei man über lange Zeit drangeblieben und konnte zuletzt schließlich einen Callcenter-Ring (von der Türkei aus operierend) auffliegen lassen. Wie bei Einbrüchen und der Rauschgiftkriminalität – wo man jüngst große Mengen und Werte aus dem Verkehr ziehen konnte – wolle man, so Becker, "nicht beim Abholer hängen bleiben", sondern auch die Hintermänner und Netzwerke ausfindig machen.
Sorge bereitet den Verantwortlichen bei der Polizei die anhaltende Gewaltbereitschaft gegenüber der Polizei oder auch Rettungsdiensten. "Da gibt es nach wie vor einen Negativtrend", so Hans Becker. An dieser Problematik wolle man ebenso dranbleiben wie an der Negativentwicklung bei der sogenannten Partnergewalt. 900 Straftaten musste man hier 2020 verfolgen (plus 5 Prozent). Noch größer fällt der Anstieg bei den Sexualdelikten aus: 16,4 Prozent mehr Fälle sind es hier (667 im gesamten PP-Bereich). Besonders erschreckend ist der Anstieg (plus 67 Prozent) im Bereich "Ausnutzung sexueller Neigungen", womit u. a. Kinderpornografie oder die Verbreitung von strafrechtlich relevanten sexuellen Inhalten (etwa über Whatsapp-Gruppen) gemeint ist. Um hier wirksamer entgegenwirken zu können, habe man in Hard- und Software ebenso wie in Mitarbeiter (rund 70.000 Euro) investiert, wie der Leitende Kriminaldirektor Thomas Schöllhamer ausführte.
Zu den weiteren Schwerpunkten für das laufende Jahr zählt Hans Becker nach wie vor den öffentlichen Raum, respektive den sicheren Aufenthalt darin. Auch das Thema Wohnungseinbrüche (allein wegen der Wirkung bei den Geschädigten) und Anrufstraftaten bleiben wichtige Punkte beim Kampf gegen Kriminalität.