Der erste war schon um 6 Uhr da
Im Kreisimpfzentrum konnte man sich am Freitagvormittag ohne Termin gegen das Coronavirus impfen lassen.

Von Stephanie Kern
Mosbach. Nahezu alle Stühle in den Wartebereichen waren besetzt; es herrschte rege Geschäftigkeit. Im Kreisimpfzentrum wurden die Türen am Freitagmorgen weit geöffnet – im übertragenen Sinn. Denn dort fand gestern eine offene Impfaktion statt. Jeder, der wollte, konnte ohne Termin vorbeikommen und sich mit dem Impfstoff von Johnson & Johnson gegen das Coronavirus impfen lassen.
"Es ist sehr viel los", sagte Volker Noe, stellvertretender Leiter des Kreisimpfzentrums, am Freitagvormittag. 840 Dosen mit dem Impfstoff standen zur Verfügung – kurz nach 9 Uhr waren schon 265 davon verimpft. Bis 14 Uhr (also zum Ende der Aktion) waren es 415. "Und wir planen auch weitere offene Impfaktionen, die wir zeitnah bekannt geben wollen", so Noe.
Es kommt Flexibilität in die Impfkampagne. Das wissen auch die Impflinge zu schätzen. "Ich bin gerade für mehrere Wochen in Deutschland. In Irland hatte ich bisher noch keine Chance, mich impfen zu lassen", berichtet einer der Wartenden. "Ich hätte eigentlich noch gewartet, aber so kann ich die Quarantäne umgehen, wenn ich zurück nach Irland fahre", sagt der junge Mann. Ein anderer sagt: "Warum sollte ich mich nicht impfen lassen?" Und ein älterer Herr ist froh über das unkomplizierte Angebot: "Ich habe es ohnehin schon viel zu lange aufgeschoben. Meine Tochter wurde auch mit diesem Impfstoff geimpft und hatte keine Probleme." Von dem Andrang war er aber auch überrascht. Eine andere Impfwillige sieht die Impfung als notwendiges Übel – sie hat ihre im Ausland lebende Tochter schon seit sehr langer Zeit nicht mehr gesehen. Und wieder eine andere Frau hat sich entschieden, zu kommen, weil sie sonst wenig Zeit hat. "Es ist eben nur eine Impfung, und das ist für mich ein wahnsinniger Vorteil", sagte sie im Wartebereich.
Philipp Schneider hat am Freitag die ärztliche Schichtleitung übernommen. Normalerweise ist er als Chirurg im Klinikum Gesundbrunnen oder als Notarzt im Einsatz. In diesem Zusammenhang hat er schon viele Menschen gesehen, die schwer an Covid-19 erkrankten. "Ich wollte helfen", sagt Schneider. Deshalb freute ihn der große Andrang bei der offenen Impfaktion auch so sehr. "Der erste stand schon um 6 Uhr vor der Tür", berichtet der Mediziner. Man habe ihn natürlich nicht bis 7.30 Uhr im Regen warten lassen. "Die erste Impfung haben wir dann um 6.54 Uhr verabreicht."
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Der große Andrang war für die medizinischen Fachangestellten und die Ärzte auch überraschend. "Ich persönlich mag das gerne, es ist ja auch so: Jeder, der geimpft ist, ist gut", meint Schneider. Kurzzeitig hat sich vor dem Impfzentrum auch eine ziemliche Schlange gebildet. "Es sind aber deutlich mehr Männer, tendenziell eher jüngere Leute", berichtet Schneider.
Dass der Impfstoff immer weiter fließt – aus dem Kühlschrank in die Impfkabinen –, dafür sorgten die medizinischen Fachangestellten. "Und die sind sehr gut organisiert", betonte Schneider. Ihm war auch eine Botschaft besonders wichtig: "Die Impflinge sind alle sehr diszipliniert und freundlich, niemand meckert."
Flexibilität verspricht auch das Portal "Impfhelden": Der Rhein-Neckar-Kreis hatte es im Juni an den Start gebracht. Das Portal erlaubt es, kurzfristig Impfwillige zu mobilisieren. "RNK-Impfhelden – Jede Dosis wird gerettet" heißt die Aktion, durch die am Ende eines Impftages Restdosen schnell und einfach verteilt werden können.
Aufgrund einer rasch organisierten Kooperation zwischen dem Rhein-Neckar- und dem Neckar-Odenwald-Kreis ist es jetzt auch möglich, sich über das Portal für das Kreisimpfzentrum in Mosbach zu registrieren. Wenn am Ende einer Schicht bzw. eines Impftags Impfstoff übrig gebliebenen ist, werden im Portal hinterlegte Personen nach dem Zufallsprinzip alarmiert. Eine vorab ausgewählte Einschränkung auf bestimmte Impfstoffe ist möglich. Ebenso kann die Registrierung auch für mehrere der vier Impfzentren Weinheim, Sinsheim, Heidelberg und Mosbach erfolgen.
Am Freitagnachmittag war die offene Impfaktion beendet. Dann stand für die zweite Schicht im Kreisimpfzentrum der ganz normale Alltag an: 430 Termine waren gebucht worden. Weiter ging es dann ohne weit geöffnete Türen, aber mit ebenso viel Elan wie am Vormittag.