Kläranlagen-Störfall

Limbacher "Störfall" ist weiter in Bearbeitung

Die Untersuchungen zum Störfall in der Kläranlage Limbach und dem Fischsterben laufen. Die Polizei wartet noch auf das in Auftrag gegebene Gutachten.

09.05.2021 UPDATE: 26.08.2021 18:15 Uhr 6 Minuten, 27 Sekunden
Nach dem Störfall an der Kläranlage Limbach haben allein Privatpächter seit Freitagmittag fast 2200 verendete Fische aus der Elz geholt. Vom Fischsterben betroffen sind auch seltene Arten wie die „Neunaugen“ Foto: privat

Mosbach/Heilbronn. (schat) Die Aufklärung ist weiter in Arbeit, Abschluss offen: Auch drei Monate nach dem folgenschweren Störfall in der Kläranlage Limbach, in dessen Folge es zu einem massiven Fischsterben in der Elz gekommen war, laufen die Untersuchungen zu den Geschehnissen Anfang Mai. "Wir warten nach wie vor auf die Ergebnisse des Gutachters", erklärt auf RNZ-Nachfrage ein Pressesprecher des Polizeipräsidiums Heilbronn zum Stand der Dinge bei den Ermittlungen zur verheerenden Gewässerverunreinigung. Ein staatlich bestellter Fach-Gutachter sei mit dem Fall betraut worden, dessen Erkenntnisse lägen allerdings nach wie vor nicht vor. Jenes Gutachten sei indes die Basis für weitere (juristische) Schritte in der Aufarbeitung des Störfalls, heißt es vonseiten der Polizei weiter.

Update: Donnerstag, 26. August 2021, 18.15 Uhr


Die Aufklärung braucht Zeit

Die Untersuchungen zum Störfall in der Kläranlage Limbach und dem Fischsterben laufen. Ein Gutachten wurde in Auftrag gegeben.

Auf den Schaum folgte in der Elz ein massives Fischsterben. Die Ermittlungen zum auslösenden Störfall laufen. Foto: Romy Bauer

Limbach/Elztal/Heilbronn. (schat) Es wird ermittelt, es wird überprüft. Und es wird wohl noch eine Weile dauern, bis tatsächlich belastbare Ergebnisse vorliegen. "Die Ermittlungen sind noch im Gange. Durch Gutachten soll nun geklärt werden, an was die Fische letztlich verendeten – Polymer, ungeklärtes Abwasser oder an beidem – und ob die Pumpe in einem technisch einwandfreien Zustand war", erklärt Polizeisprecher Carsten Diemer auf RNZ-Anfrage zum aktuellen Stand der Untersuchungen im Nachgang des folgenschweren Störfalls an der Kläranlage Limbach. Zur Erinnerung: Von der Anlage aus war in der Nacht von 5. auf 6. Mai ein zur Verdichtung von Klärschlamm eingesetztes Flockungsmittel in die Lautzenklinge und die Elz gelaufen, woraufhin es im Gewässer zu einem massiven Fischsterben kam. Die Polizei, respektive deren Abteilung Gewerbe und Umwelt, hatte nach dem Vorfall die Ermittlungen aufgenommen.

Die Erstellung der genannten Gutachten werde voraussichtlich mehrere Wochen in Anspruch nehmen, erklärt Carsten Diemer mit Blick auf die Zeitschiene. Außerdem müsse man abwarten, ob sich der Verantwortliche – ein Mitarbeiter der Firma, die an der Kläranlage mit dem Verpressen des Schlamms beauftragt war – zum Tatvorwurf äußere. Parallel dazu setze man die eigentliche Ermittlungsarbeit fort: "Sämtliche Vorschriften bzw. deren Einhaltung werden momentan geprüft", so der Polizeisprecher. Man gehe weiter von Fahrlässigkeit aus, ein Vorsatz sei nirgends zu erkennen. Auch haben sich laut Polizeiauskunft bislang "keine konkreten Anhaltspunkte gegen weitere Handelnde" im Fall ergeben.

Unabhängig von den Ermittlungen der Polizei ist auch die Untere Wasserbehörde weiter mit dem Störfall und dessen Auswirkungen beschäftigt. Ein beauftragter Biologe hat zu Wochenbeginn Proben aus der Elz entnommen, soll nun seinerseits eine Bewertung zum Zustand der (Kleinst-)Lebewesen erarbeiten. Jan Egenberger, Pressesprecher des Landratsamtes, rechnet zeitnah mit Ergebnissen: "Erste Einschätzungen des Gutachters deuten darauf hin, dass in erster Line die Fische betroffen sind, während die Kleinstlebewesen – Makrozoobenthos – voraussichtlich keinen größeren Schaden davongetragen haben."

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Update: Mittwoch, 20. Mai 2021, 17 Uhr


Nach Chemikalien-Austritt aus Kläranlage wird nun ermittelt 

Die Elz ist wohl auf mehreren Kilometern biologisch nahezu tot. Die Fischereipächter sammelten bereits mehr als 2000 verendete Tiere ein.

Limbach/Elztal/Mosbach. (schat) Biologisch nahezu vollständig tot – so lässt sich der Zustand der Elz auf einem mindestens acht Kilometer langen Abschnitt bei Elztal nach dem Störfall an der Kläranlage in Limbach beschreiben. Dort war in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag vergangener Woche ein Flockungshilfsmittel zum Pressen von Klärschlamm in die Klärbecken und später in die Lautzenklinge und die Elz geflossen. Mit verheerenden Folgen in Form eines massiven Fischsterbens (wir berichteten mehrfach).

Während die Privatpächter und verschiedene weitere Helfer am Freitag und Samstag Tausende verendete Tiere aus der Elz zogen, liefen auch die eingehenden Untersuchungen zu den Hintergründen des folgenschweren Vorfalls an. Polizeisprecher Gerald Olma berichtet auf RNZ-Anfrage von Ermittlungen gegen die Firma, die an der Kläranlage mit den Arbeiten am Klärschlamm beauftragt war. Es sei zu prüfen, ob bzw. inwieweit dort fahrlässig gehandelt wurde, man stehe aber noch ganz am Anfang, so Olma am Montag. Der Fachbereich Gewerbe und Umwelt des Polizeipräsidiums Heilbronn habe die Ermittlungen übernommen, nachdem man am Freitagmittag über den Störfall informiert worden und in der Folge mit mehreren Beamten vor Ort an der Kläranlage wie auch an Lautzenklinge und Elz gewesen sei.

Vonseiten des Landratsamts, über die Untere Wasserbehörde in die Untersuchung des Vorfalls involviert, meldete man gestern: "Ein Gutachten mit dem Ziel einer gewässerökologischen Bestandsaufnahme zum Schadenumfang und einer Prognose zur Regenerierung des Gewässers wird in Auftrag gegeben." Ein externer Gewässer-Ökologe solle sich möglichst zeitnah ein Bild von der Situation und den Aussichten einer Wiederbelebung der Elz machen, erklärt Pressesprecher Jan Egenberger. Bereits am Sonntag hatte man vonseiten des Landratsamts mitgeteilt, dass die am Kläranlagenablauf gemessenen Parameter seit Samstag wieder unterhalb der zulässigen Grenzwerte lägen.

Update: Dienstag, 11. Mai 2021, 10.30 Uhr


Störfall in der Kläranlage Limbach hat massive Auswirkungen

Limbach/Elztal/Mosbach. (schat) "Die letzten zwei Jahre hatte sich das Leben an der Elz bei uns so prächtig entwickelt, da ist einem wirklich das Herz aufgegangen", schildert Michael Schmidt, Sprecher der Gemeinschaft der privaten Fischereipächter an der Elz bei Elztal. Umso mehr blutet dieses Herz nun – denn infolge des Störfalls an der Kläranlage Limbach mitsamt Einfluss einer chemischen Substanz in die Lautzenklinge und die Elz kam es zu einem massiven Fischsterben in den Gewässerabschnitten unterhalb der Anlage. Fast 2200 verendete Tiere fischten allein die Privatpächter bis Samstagabend aus dem acht Kilometer langen Abschnitt von der Mündung der Lautzenklinge in die Elz bis auf Höhe des Viadukts bei Auerbach, wie Schmidt der RNZ berichtet: "Die Elz ist auf diesem Abschnitt zu 80 Prozent biologisch tot".

Auslöser für das Fischsterben war ein Störfall, der sich bereits in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag in der Kläranlage ereignet hat. Dort war offenbar ein zur Verdichtung von Klärschlamm eingesetztes Flockungshilfsmittel (Polymer) zunächst in die Klärbecken und dann über den Anlagenablauf in Lautzenklinge und Elz geflossen. Polizei und Untere Wasserbehörde haben die Ermittlungen aufgenommen, sollen klären, wer die Verantwortung für den Vorfall mit schwerwiegenden Folgen trägt.

In der Lautzenklinge (die unweit der Heidersbacher Mühle in die Elz mündet) und der Elz waren die Auswirkungen des Chemikalieneintrags verheerend. Denn im freien Gewässer wirkt das Flockungsmittel leider ganz ähnlich wie an seinem eigentlichen Einsatzort. In der Kläranlage soll es Schlammteilchen anziehen, die dann ausflocken und abgeschöpft werden können. "Der Klärschlamm lässt sich ohne dieses Polymer so nicht entwässern", erklärt Michael Schmidt: "Wasser lässt sich auch erst als Schneeflocke zum Schneeklumpen verdichten, so ähnlich ist es mit dem Klärschlamm auch." Das Polymer, das seine Wirkung bereits bei sehr hoher Verdünnung entfalte, ziehe Partikel an, hafte an Oberflächen bis zur vollständigen Sättigung. Jene Anhaftung erfolgte nun in den Kiemen der Fische, verklebte sie."Dann ist kein Durchfluss mehr möglich und die Fische ersticken, was bei den verendeten Tieren deutlich zu erkennen war", verdeutlicht Schmidt. Bei den zur Klärschlammverdichtung eingesetzten Polymeren handle es sich meist um Substanzen der Gefährdungsklassen I und II, also um Produkte, die meist toxisch für alle Gewässerlebewesen wirken.

Die toten Fische, von denen auch die Feuerwehr Rittersbach und Helfer der Anglervereine aus der Umgebung seit Freitagnachmittag noch etliche weitere aus der Elz holten, seien demnach nur das deutlich sichtbare Zeichen für die zerstörerische Wirkung. "Wir haben den genauen Schaden noch nicht aufgenommen, aber die Elz ist biologisch weitestgehend tot", so Schmidt. Auf "mindestens vier bis fünf Jahre" schätzt er die Zeitspanne, die es braucht, bis das Gewässer sich halbwegs erholt habe. Und mit einem Neubesatz an Fischen könne man ohnehin erst beginnen, wenn sich im Bach auch wieder Nahrung finde. Zunächst müsse sichergestellt sein, dass keine Giftstoffe mehr im Wasser sind, dann brauche es eine eingehende Bestandsaufnahme durch einen Biologen. Erst dann könne man sich an Maßnahmen zur "Wiederbelebung" machen, so der Vertreter der privaten Pächter.

Das Fischsterben wirkt derweil weiter: Vögel – wie etwa der dort heimische Eisvogel – finden in diesem Elzbereich nun kein Futter mehr für ihre Brut. "Für die sieht es ganz düster aus", sagt Michael Schmidt. Schlimm für die Angler und Naturfreunde: Der betroffene Abschnitt der Elz liegt mitten in einem Flora-Fauna-Habitat-Schutzgebiet. Und vom Fischsterben betroffen sind auch so seltene und bedrohte Arten wie die Neunaugen, die Mühlkoppen und die Bachschmerlen. "Es wäre sehr bedauerlich, wenn der Bestand ausgelöscht wäre – es ist aber mit hoher Wahrscheinlichkeit der Fall", sagt Schmidt etwa in Bezug auf die Neunaugen.

Doch Schmidt klagt nicht nur, er lobt auch: Die Gemeinde Limbach, respektive Bürgermeister Weber habe umgehend auf die Hinweise der Pächter reagiert. So sei zur Entsorgung der Fischkadaver rasch ein Container organisiert worden. Auch habe der Bauhof der Gemeinde sich schnell daran gemacht, ungesättigtes Flockungsmittel, das noch in Teilen der Lautzenklinge zu finden war, dort herauszuholen, ehe es weitergespült wurde.

Privatpächter in Elztal wie auch die Anglerfreunde Mosbach fragen sich allerdings, warum sie erst am Freitag vom Vorfall informiert wurden. Und warum nicht Maßnahmen ergriffen wurden, um einen Abfluss des Flockungsmittels zu verhindern oder zumindest einzudämmen. "Es wirkt so, als habe man erst reagiert, als es dann schon zu spät war", findet Michael Schmidt.

Das Landratsamt selbst sei vom Klärmeister am frühen Donnerstagmorgen über den Vorfall informiert worden, erklärt Pressesprecher Jan Egenberger auf RNZ-Anfrage: "Als das Klärpersonal vom Schaden am Donnerstagmorgen um 7 Uhr Kenntnis erhielt, war das Polymer in den beiden Belebungsbecken und der Nachklärung verteilt und gelangte über den Ablauf der Kläranlage bereits ins Gewässer", so Egenberger weiter. Das Regenüberlaufbecken der Anlage sei voll, ein Umleiten des Zulaufs daher keine Option gewesen. Durch Beifahren von Belebtschlamm (ab Donnerstagmorgen) aus der Kläranlage Fahrenbach habe man die biologische Reinigung stabilisiert. "Die Ablaufwerte zeigten den Hochpunkt der Konzentration des Chemischen Sauerstoffbedarfs (CSB) bei der Probenahme am Donnerstag um 12 Uhr" so der Pressesprecher, bei der Probe vom Freitagmorgen (7 Uhr) sei die Konzentration bereits wieder deutlich niedriger gewesen. "Die Stabilisierungsmaßnahmen zeigten Wirkung."

Der Schaden am Gewässer sei durch ein "Abklemmen" der Anlage bzw. durch Abpumpen des verunreinigten Wasser nicht mehr vermeidbar gewesen, so die Einschätzung der Unteren Wasserbehörde. Vielmehr habe durch die "Stabilisierung der Belebung" der Schaden begrenzt werden können. Seit Samstag, so Jan Egenberger weiter, unterschreiten die im Kläranlagenablauf gemessenen Parameter wieder die zulässigen Grenzwerte. Den Fischen in der Elz hilft das allerdings nicht mehr.

Nach dem Störfall an der Kläranlage Limbach haben allein Privatpächter seit Freitagmittag fast 2200 verendete Fische aus der Elz geholt. Foto: privat
Vom Fischsterben betroffen sind auch seltene Arten wie die „Neunaugen“. Foto: privat
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