Schäfer sehen ihre Existenz gefährdet
Auch wenn es noch Wochen dauern kann, bis geklärt ist, ob ein Wolf bei Kailbach Schafe riss, sorgen sich Tierhalter um ihre Herden

Schafhalter Harald Brandel aus Kailbach entdeckte die toten Schafe, die Klaus Kobolds Schäferei gehören. Beide hoffen, dass das Senckenberg-Institut so bald wie möglich fetstellt, ob ein Wolf der Täter war. Foto: Hüll
Von Felix Hüll
Kailbach. Inzwischen sind es acht tote Tiere, die der bayerische Schäfer Klaus Kobold als einen Verlust von bis zu 2900 Euro auf seiner Weide im hessischen Kailbach zu verbuchen hat. Wie berichtet, sind am Donnerstagmorgen Tierkadaver am Itterbach entdeckt worden. Fachleute entnahmen DNA-Proben, die ans Senckenberg-Institut nach Gelnhausen zur Überprüfung geschickt wurden. Geklärt werden soll, ob eventuell ein Wolf die Schafe riss.
Mehrere Wochen kann es dauern, bis das eindeutige Ergebnis feststeht, erklärt der Wolfsbeauftragte für den Odenwaldkreis im Dienste des Landes Hessen, Karlheinz Kinzer. "Mir ist gesagt worden, dass das in einer Woche feststeht", meint Schafhalter Kobold.
Sein Unternehmen ist aus dem bayerischen Markt Kirchzell im unterfränkischen Landkreis Miltenberg, etwa 17 Kilometer von Kailbach entfernt südwestlich von Amorbach. Die Schäferei Kobold hält in insgesamt zwölf Gemeinden von ihren insgesamt 600 Schafen Tiere auf verschiedenen Weideflächen. In Kailbach waren 220 Merinoschafe. Die Schäferei hat Weiden auch in Schöllenbach, Hebstahl, Eutergrund- Bullau, aber auch im Eberbacher Ortsteil Friedrichsdorf. Kobold geht derzeit davon aus, dass er für die in Kailbach gerissenen Tiere keinen Schadensersatz bekommen wird.
So heißt es auf den Internetseiten des hessischen Umweltministeriums zum Wolfsmanagement unter Hinweisen für Tierhalter, dass es unbestreitbar sei, dass es durch Wildtiere zu wirtschaftlichen Einbußen in der Land- und Forstwirtschaft sowie in der Jagd kommen kann. "Und um es gleich deutlich zu sagen: Es gibt, bis auf wenige jagdrechtlich klar geregelte Ausnahmen, in diesen Fällen keinen Rechtsanspruch auf Entschädigung, sondern Schäden durch Wildtiere gehören zu den ,normalen‘ Umweltrisiken, wie auch Hagel, Gewitter und Trockenheit."
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Aber selbst wenn es Entschädigungszahlungen wie in Baden-Württemberg gebe, decke dies nicht den Schaden ab, der etwa entsteht, wenn wie in Kailbach ein gekörter Schafbock unter den getöteten Tieren ist: Kobold veranschlagt dessen Verlust gar mit 1200 bis 1500 Euro.
Um neben der noch abzuwartenden DNA-Analyse der eingeschickten Gewebe- und Flüssigkeitsproben für einen weiteren "Beweis" zu sorgen, hat Kobold auf der Kailbacher Schafweide am Sportplatz einen Kadaver liegen lassen und eine Wildtier-Kamera installiert. Kobold hofft, damit zeigen zu können, dass ein Wolf in der Umgebung ist. Die übrigen Kadaver sind am Freitag in die Tierkörperbeseitungsanstalt nach Hardheim gebracht worden.
"Langfristig können wir uns nicht halten, wenn das so weitergeht", erklärt Kobold, der über 40 Jahre die Schäferei aufgebaut und betrieben hat. Vorübergehend bringen Schafzüchter ihre Tiere jetzt in den Stall, was aber auf die Dauer keine Lösung sei, ebenso wenig die empfohlene Lösung größere Herden mit noch größeren Elektrozäunen als bisher zu schützen. Die unter Strom gesetzte Weideumgrenzung in Kailbach war 1,10 Meter hoch, aber selbst ein 1,80 Meter hoher Zaun biete keine Garantie und sei zudem nicht praktikabel.
Der Kailbacher Harald Brandel, der die Tierkadaver am Donnerstag entdeckt hatte, besitzt selbst 20 Heidschnucken. In der Nacht von Donnerstag auf Freitag hat er immer wieder nach ihnen gesehen. Er bemerkte zudem, dass die Tiere ungewöhnlich unruhig waren und sich nachts nicht hinlegten, sondern durchgehend stehen blieben.
Brandel meint, dass die Tiere "den Wolf gerochen haben" und auch am Folgetag noch unter dem Stress standen, den sie erlitten, als sie die Geräusche am frühen Donnerstagmorgen wohl mit wahrnahmen. Brandel: "Jetzt am Wochenende ist in Hungen-Nonnenroth der 14. Hessische Schaftag. Ich werde da die entsprechenden Leute auch darauf ansprechen."