Hüffenhardt

Neckar-Odenwald-Kreis gibt das Wohn- und Pflegezentrum ab

Kreistag beschließt mehrheitlich die Übergabe des Wohn- und Pflegezentrums Hüffenhardt - Domus Cura betreibt künftig das Haus

17.10.2019 UPDATE: 18.10.2019 06:00 Uhr 2 Minuten

Es ist beschlossen: Der Betrieb des Wohn- und Pflegezentrums Hüffenhardt wird zum Januar kommenden Jahres auf das private Unternehmen Domus Cura übertragen. Die Kreisräte votierten am Mittwochabend in Schefflenz mehrheitlich für diesen Schritt. Foto: A. Rechner

Von Alexander Rechner

Hüffenhardt. Die Würfel sind gefallen: Die Neckar-Odenwald-Kliniken trennen sich vom Wohn- und Pflegezentrum (WPZ) Hüffenhardt. Der Kreistag des Neckar-Odenwald-Kreises hat in seiner jüngsten Sitzung am Mittwochabend in Schefflenz beschlossen, den Betrieb des Altenzentrums an das private Unternehmen Domus Cura zu übertragen. Das Thema allerdings diskutierten die Kreisräte kontrovers. Dem zum Teil lebhaften Meinungsaustausch und der von Landrat Dr. Achim Brötel vorgetragenen mehrheitlichen Empfehlung des Klinik-Aufsichtsrates für eine Übergabe folgte das klare Votum: 27:15 lautete das Ergebnis, mit dem die Übertragung des Altenheimes zum 1. Januar 2020 beschlossen wurde. Dabei votierten die Kreisräte der CDU, Freien Wähler und der FDP für die Betriebsübergabe, während die der SPD mehrheitlich, der Grünen und der AfD geschlossen dagegen stimmten (drei SPD-Kreisräte enthielten sich).

Der Verkauf war bereits im Mai vom Kreistag in einer nicht-öffentlichen Sitzung an den Investor "Luehrsen Investment Group" aus Bremen beschlossen worden, jedoch sprang der damals präsentierte Betreiber später ab.

Hintergrund

Der Verkauf des Wohn- und Pflegezentrums (WPZ) sorgte schon für reichlich Gesprächsstoff. Im Kreistag bezogen Vertreter der Fraktionen dazu Stellung.

> CDU: Für die Christdemokraten ergriffen Fraktionsvorsitzender Dr. Norbert Rippberger und der

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Der Verkauf des Wohn- und Pflegezentrums (WPZ) sorgte schon für reichlich Gesprächsstoff. Im Kreistag bezogen Vertreter der Fraktionen dazu Stellung.

> CDU: Für die Christdemokraten ergriffen Fraktionsvorsitzender Dr. Norbert Rippberger und der Obmann für die Kliniken, Rainer Houck, das Wort. "Auch wir machen uns Sorgen um die Mitarbeiter und Hüffenhardt, und genau deshalb stimmen wir für den Verkauf, damit der Bestand des Altenheims gesichert werden kann", betonte Rippberger. Zuvor legte Houck die Ursachen für die Fehlbeträge des Altenheims dar, er nannte dabei den Erweiterungsbau, der eine wirtschaftliche Betriebsführung erheblich erschwert habe, und die mit aktuell 93 Prozent unzureichende Auslastung. "Angesichts der Klinik-Defizite kann es kein Weiter-so geben", sagte Houck. Zumal es keine Pflichtaufgabe des Kreises sei. "Domus Cura" habe sich als qualifizierter, in der Region tätiger und anerkannter Betreiber präsentiert.

> Freie Wähler: Für die Fraktion sagte Hubert Alois Kieser die Zustimmung zum Betreiberwechsel zu. "Wir verstehen, dass die Verunsicherung der Mitarbeiter groß ist und es erhebliche Bedenken im politischen Umfeld gegen den Verkauf gibt", sagte er zwar. Aber Kieser sehe auch für das Personal dort eine Zukunft gegeben. Darüber hinaus sei der Betrieb des WPZ keine Pflichtaufgabe des Kreises. "In den letzten Jahren ist das Defizit auf ein Niveau gewachsen, das zum Handeln zwingt." Alle bisher getroffenen Sanierungsmaßnahmen - bis hin zum Gehaltsverzicht der Mitarbeiter - hätten das Betriebsergebnis nicht durchgreifend verbessert, so bliebe nichts anderes übrig. > SPD: Warum ihre Fraktion mehrheitlich dem Beschlussvorschlag nicht folgt, legten die Kreisräte Norbert Bienek und Karlheinz Graner dar. "War es der einzige Bewerber oder hätte man noch einen anderen Betreiber finden können?", fragte Bienek. Er betonte zudem, dass das Problem der Neckar-Odenwald-Kliniken nicht in Hüffenhardt zu suchen sei, sondern vielmehr in der finanziellen Ausgestaltung der Krankenhäuser liege. Er beschwor mehrmals die soziale Verantwortung gegenüber den Mitarbeitern, Bewohnern und der Gemeinde Hüffenhardt. Dieser wolle man als SPD gerecht werden. Skeptisch zeigte er sich, ob die Übertragung auf ein privates Unternehmen der richtige Schritt sei. Man habe in Hüffenhardt wunderbare Mitarbeiter, so Graner, der die Frage in den Raum stellte, warum ein Privater betreiben können sollte, was in öffentlicher Hand nicht funktionierte. "Mit Wehmut nehmen wir Abschied vom WPZ", sagte Graner.

> Grüne: "Nach unseren Beratungen sind wir zu dem Ergebnis gekommen, dass wir dem Verkauf nicht zustimmen können", sagte Andrea Schulz. Anhand der Zahlen sei nicht nachvollziehbar, ob mit dem Verkauf des WPZ nicht sogar noch das Defizit der Kliniken vergrößert werde. Und zur Marktsituation sagte sie: "Die Tatsache, dass im Kreis weitere Pflegeplätze entstehen, belege, dass entsprechende Einrichtungen benötigt werden." Mit Blick auf die Bewohner und Mitarbeiter erschließe sich den Grünen nicht, weshalb ein Verkauf und damit eine Privatisierung eine Verbesserung der Situation bringen soll. Gabriele Metzger plädierte dafür, dem WPZ eine Chance zu geben.

> FDP: Achim Walter signalisierte Zustimmung zu der Betriebsübertragung, da ihm wichtig sei, dass der Bestand der Einrichtung gewährleistet sei, die Mitarbeiter eine Zukunft hätten und Domus Cura eine Perspektive aufzeige.

> AfD: Für seine Fraktion unterstrich Tobias Eckert, dass man nicht für die Übertragung des Betriebs votiert. (ar)

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Am Mittwochabend stellten die beiden Geschäftsführer Christian Ersing und Peter Wisgott das Unternehmen Domus Cura im Kreistag vor und verwiesen auf die sich ergebenden Synergien. Domus Cura ist in der Region kein unbekanntes Unternehmen, es betreibt bereits zwei Pflegeheime in Michelbach und Neunkirchen.

"Angesichts der örtlichen Nähe der Einrichtungen wollen wir Synergieeffekte generieren", bekräftigten die beiden Geschäftsführer. So wolle man in Hüffenhardt eine Küche neu errichten, und in der Folge die beiden anderen Einrichtungen über einen Cateringservice beliefern. Auch eine Wäscherei möchten die Verantwortlichen aufbauen. "Das schafft neue Arbeitsplätze", unterstrich Peter Wisgott. Ansonsten möchte man in Hüffenhardt unter anderem die Haustechnik und EDV neu anschaffen und die Gartenanlage aufwerten. Unter dem Gesichtspunkt der beabsichtigten Teilmodernisierung nannten die beiden u. a. Hilfsmittel, zudem sollen neue Pflegebetten angeschafft sowie Gemeinschaftsräume für die Bewohner(innen) und die Aufenthaltsräume für das Personal neu gestaltet werden.

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Besonders unterstrichen die Geschäftsführer, dass man als privater Betreiber "alles selbst erwirtschaften müsste". Auch die Mitarbeiter sprachen sie an - so möchte man das Personal übernehmen. Gesetzlich sei vorgeschrieben, wie der Personalschlüssel aussehen müsse. "Ansonsten kommt die Heimaufsicht ins Spiel", erläuterte Wisgott und fügte auch mit Blick auf den Fachkräftemangel hinzu: "Wir werden einen Teufel tun, die Mitarbeiter schlecht zu bezahlen."

Landrat Achim Brötel zeigte sich nach der Vorstellung davon überzeugt, dass man das WPZ "in sehr gute Hände" übergebe. Zuvor hatte er in seiner Rede zur Einbringung des Haushaltsentwurfs 2020 keinen Hehl aus seiner Meinung gemacht, dass es keine verantwortbare Alternative zur vorgeschlagenen Betriebsübertragung auf ein privates Unternehmen gebe. Angesichts der finanziell "desaströsen Entwicklung der Neckar-Odenwald-Kliniken", stehe weitaus mehr auf dem Spiel. Der Kreischef erwartet ein Defizit von mindestens zehn Millionen Euro bei den Neckar-Odenwald-Kliniken. Für 2020 hat man nochmals die gleiche Summe an Verlustabdeckung eingeplant.

Das Pflegezentrum erwirtschaftete seit Jahren ein - zuletzt wieder stark wachsendes - Defizit, 2018 betrug der Verlust 658.000 Euro. "Und die Fehlbeträge in Hüffenhardt haben nicht mit der Eingliederung in die Kliniken begonnen, sondern vielmehr mit dem Neubau, der Anfang 2007 eingeweiht worden ist", sagte der Landrat. Daneben sah er darin - anders als bei der Trägerschaft für die Kliniken - keine Pflichtaufgabe des Kreises.

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