Schulsanierung hält für beteiligte Firmen Überraschungen bereit
Umbauen ist "wie Kinderkriegen" – Drei Kleinkindgruppen zum Jahresende

Eine einzige riesige Baustelle ist derzeit die Schule in Höpfingen. Mit nirgendwo verzeichneten alten Leitungen (rechts im Bild) hält diese so manche unangenehme Überraschung für die Arbeiter bereit. Architekt Bernhard Thiry (l.) wirft gemeinsam mit Hauptamtsleiterin Lisa Bender und Bürgermeister Adalbert Hauck einen Blick in die neuen Pläne. Foto: Janek Mayer
Höpfingen. (jam) "Das ist wie beim Kinderkriegen", sagt Bürgermeister Adalbert Hauck und deutet auf die riesige Baustelle. "Man weiß vorher nicht, was alles auf einen zukommt." Denn eigentlich wollte die Gemeinde lediglich ihre Kleinkindbetreuung aus dem Kindergarten St. Lioba in die Schule auslagern und erweitern - doch das Projekt hielt einige "Überraschungen" parat: Mittlerweile arbeiten fünf Firmen plus der Bauhof gleichzeitig in drei Stockwerken daran, die Schule zu ertüchtigen. Die Arbeiter brechen durch Wände, tauschen Türen aus, verlegen neue Elektrik - und staunen beim Abreißen einer Wand über Leitungen, die in keinem Plan eingezeichnet waren.
Das Gebäude samt Elektrik stammt aus den 60er Jahren, ist hellhörig, hat wegen eines Anbaus unterschiedliche Klassenzimmerstrukturen und - das ist der Knackpunkt - erfüllt nicht die heute gültigen Brandschutzvorschriften. Die besagen, dass aus jedem Geschoss einer Kindertageseinrichtung mindestens zwei voneinander unabhängige Rettungswege auf möglichst kurzen Wegen ins Freie führen müssen. Bislang profitierte Höpfingen noch vom Bestandsschutz: Gebäude, die ursprünglich legal und mit rechtmäßiger Baugenehmigung errichtet wurden, sind vor späteren Rechtsveränderungen geschützt und dürfen selbst dann weiter genutzt werden, wenn sie nach neuem Recht so nicht gebaut werden dürften. Dieser Bestandsschutz erlosch allerdings mit Beginn des Umbaus.
"Wegen der Nutzungsänderung mussten wir das ganze Schulgebäude betrachten", erklärt Bürgermeister Hauck beim Vorortbesuch. "Da wären wir sonst erst drangegangen, wenn man uns die Pistole auf die Brust gesetzt hätte", fügt er mit Blick auf die klammen Gemeindefinanzen an. Trotzdem kann er dem unerwarteten und 760.000 Euro teuren Großprojekt auch Positives abgewinnen: "Wir erhöhen damit die Sicherheit der Grundschüler." Und: Mit dem Auszug der bestehenden Kleinkindgruppe aus dem Kindergarten St. Lioba verbessert sich nun dort das Platzangebot für die drei Regelgruppen. Der "alte" Kindergarten war bereits zu beengt, um dort eine zweite dringend benötigte U3-Gruppe einzurichten.
In den ursprünglich als Außenstelle geplanten neuen Räumen im Schulgebäude ist nun sogar noch Platz für eine vierte Gruppe, so Hauck. Allerdings ist Höpfingen mit drei Kleinkindgruppen dann bereits sehr gut aufgestellt. "Wir können sogar das ein oder andere Kleinkind aus Nachbargemeinden aufnehmen, um dort für Entlastung zu sorgen", kündigt Adalbert Hauck an. Zunächst hatte die Gemeinde sogar nur mit einer neuen U3-Gruppe geplant. Aber: "Wenn wir schon umbauen, ist der Aufwand nicht allzu groß, auch eine dritte Kleinkindgruppe einzurichten", begründet der Bürgermeister diese Aufstockung und fügt an: "Der Bedarf dafür ist da."
Obwohl sich ursprünglich alles um die Kinder unter drei Jahren drehen sollte, liegt das Augenmerk auf der Großbaustelle erst einmal auf anderen Bereichen: "Der Schulbetrieb soll am 10. September ganz normal beginnen können", so Hauck. Bis dahin sollen also alle Klassenzimmer hergerichtet sein - ein ambitionierter Zeitplan, wie der Bürgermeister eingesteht. Acht geeignete Räume verteilen sich auf die oberen beiden Stockwerke, dazu kommen noch Technik- und Computerräume im Untergeschoss. Zwar gab es zuletzt nur fünf Klassen in der Grundschule, trotzdem nutzten die Schüler jedes Zimmer - wenn auch manche eher sporadisch.
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All diese Räume bekommen nun einen zweiten Fluchtweg - zum Teil auf durchschlagende Art und Weise. Bewaffnet mit Abbruchhämmern, brechen die Arbeiter in den drei Stockwerken durch Wände, um neue Rettungswege für die Kinder anzulegen. Im Obergeschoss sollen die Grundschüler dann künftig im Notfall über eine Stahltreppe ins Freie gelangen. Im Erd- und Untergeschoss führen Türen ebenerdig nach draußen. Um die strikten Vorschriften des Brandschutzes zu erfüllen, sind die Spiel- und Schlafräume der drei Kleinkindgruppen nicht nur über den Gang, sondern auch per Durchgang verbunden. Dem Personal des Kindergartens St. Martin wird dagegen zugemutet, im Brandfall über die Fensterbrüstung zu klettern. Im Büro und den Aufenthaltsräumen müssen also keine Wände durchschlagen werden. Gleiches gilt auch für den "Raum der Vereine", in dem der TSV Ausdauersport auf Spinning-Rädern anbietet.
Andere Arbeiter isolieren derweil die Räume in Richtung Schulstraße, damit es dort nicht zu kalt für die Kinder ist. Zuletzt hatte es die Heizungsanlage in den betroffenen Zimmern nicht mehr geschafft, in den Wintermonaten eine angenehme Temperatur zu erzeugen. Viel zu tun gibt es außerdem im ehemaligen Hauptschulpausenhof: Der erhält einen Kleinspielbereich, im September soll das erste kleinkindgerechte Spielzeug aufgestellt werden. Auch in Sachen Abbrucharbeiten steht noch einiges aus: "Der Bauhof wird derzeit eingesetzt wie die Feuerwehr", sagt der Bürgermeister. Eine vom Hagel durchlöcherte Pausenhofabdeckung wartet zum Beispiel noch auf ihren Abriss.
Auch die sanitären Anlagen im Untergeschoss sind noch ein großer Brocken. Während in der einen Toilette die Durchgangstür versetzt werden muss, haben Arbeiter im vorgesehenen Wickel- und Duschbereich nach dem Abriss einer Zwischenwand plötzlich eine Wasserleitung mitten im Raum stehen, die niemand auf der Rechnung hatte. "Die war nirgendwo eingezeichnet. Jetzt müssen wir sie umlegen." Trotz solcher "Überraschungen" soll der Kindergarten St. Martin noch in diesem Jahr öffnen. "Wir sehen tagtäglich große Fortschritte", sagt Bürgermeister Hauck.
Damit dieses Ziel zu erreichen ist und die vielen unterschiedlichen Firmen effektiv nebeneinander arbeiten können, hat Architekt Bernhard Thiry vom Büro Haberkorn (Obrigheim) die Zügel fest in der Hand. "Wir profitieren von seinem großen Erfahrungsschatz", ist Adalbert Hauck überzeugt. Und - das ist in Anbetracht der klammen Kasse wichtig - "er hat uns schon viel Geld gespart". Finanzielle Unterstützung erhält die Gemeinde zudem für die Einrichtung zweier Kleinkindgruppen (140.000 Euro) und aus dem Ausgleichstock (186.000 Euro). Für Höpfingen bleiben somit Kosten von etwa 434.000 Euro - kein hoher Preis für einen neuen Kindergarten und eine sicherere Grundschule.



