Stadtwerke Eberbach sollen Wasserversorgung übernehmen
Es gibt keine Wassermeister mehr. Das Magistrat der Stadt empfiehlt, die technische Betriebsführung abzugeben.

Von Carmen Oesterreich
Hirschhorn. Die technische Betriebsführung der Wasserversorgung der Stadt Hirschhorn soll zum nächstmöglichen Zeitpunkt an die Stadtwerke Eberbach abgegeben werden. Dies werden der Magistrat und der Haupt-, Finanz- und Sozialausschuss (HFSA) den Stadtverordneten auf ihrer kommenden Sitzung am 4. April empfehlen.
Die Mitglieder der Gremien haben sich diesen Beschluss nicht leicht gemacht. Es ist erschütternd, wie sehr die Stadt in den mehr als zwei vergangenen Jahren aufgrund von besonders viel Pech bei der Personalsuche "improvisieren" musste, um als Wasserversorgungsunternehmen überhaupt noch die Verantwortung tragen zu können.
Leitungswasser ist eines unserer höchsten Güter. Es ist lebensnotwendig und muss qualitativ einwandfrei sein. Die personellen, technischen, wirtschaftlichen und finanziellen Anforderungen an die Regeln zur Wasserhygiene sind hoch. So lange die Stadt Hirschhorn noch einen Wassermeister hatte, schien die Welt wohl noch in Ordnung zu sein. Doch mit seinem Eintritt in den Ruhestand zum 31. Dezember 2020 schien das System zusammenzubrechen. Zu viele Aufgaben lasteten allein auf seinen Schultern.
Aus der Sitzungsunterlage geht hervor, dass der bereits seit einigen Monaten eingestellte stellvertretende Wassermeister eine Elektrofachkraft war und sich noch schnellstmöglich, also binnen zwei Jahren, zum Wassermeister fortbilden musste. Dessen bald darauf ebenfalls neu eingestellter Stellvertreter erfüllte die Erwartungen an seine Stelle nicht und wurde noch in der Probezeit entlassen. Neues Personal war dann nicht mehr zu finden, und so war wieder nur eine Person für die Betriebsführung verantwortlich.
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Weiterhin wurde geeignetes Fachpersonal gesucht, dies im Dezember 2020 über eine allgemeine Bauhofstelle versucht. Für eine nachrangige Rufbereitschaft wurde derweil ein externer Dienstleister beauftragt, einfache Aufgaben erledigte ebenfalls ein externer Fachbetrieb. Schon vor zweieinviertel Jahren wurde die Verwaltung beauftragt, die mittelfristige Übernahme der Betriebsführung der Wasserversorgung durch die Stadtwerke Eberbach mit Übernahme des Wassermeisters bis zur Beschlussreife voranzutreiben.
Anfang März 2021 wurde im Bauhof ein neuer Mitarbeiter eingestellt, der den wegen seiner Schulung zeitweise abwesenden Wassermeister in spe vertreten sollte. Das ging jedoch nur fünf Monate gut, dann kündigte er. Die aufwändige Einarbeitung war für die Katz. In der Folge wurde die Rufbereitschaft breiter aufgestellt, neues Fachpersonal jedoch nicht eingestellt.
Schließlich kündigte am 30. September 2022 auch der gerade bei der Industrie- und Handelskammer (IHK) noch ausgebildete Wassermeister kurz vor seiner handlungsspezifischen Prüfung. Durch diesen "Entfall der Betriebsführung und der Fachkompetenzen" geriet die Stadt Hirschhorn endgültig in eine Notsituation, die das Gesundheitsamt bis heute lediglich "duldet".
Aber was tun, wenn ausgebildetes oder wenigstens annähernd geeignetes Fachpersonal nicht zu finden ist? Wegen geringer Aufstiegschancen ist die Arbeit in der Wasserversorgung gerade in einer kleinen Gemeinde offensichtlich nicht besonders attraktiv. In der Sitzungsvorlage sind von der Verwaltung einige Firmen aufgelistet, die durch ihre technischen Leistungen die Mängel im Wasserversorgungsnetz ausmerzen, so dass der "ordnungsgemäße Betrieb maximal vorübergehend gewährleistet" wird.
"All diese Maßnahmen können nur als Notlösung dienen", mahnt die Verwaltung. Zudem haben das Gesundheitsamt des Kreises Bergstraße als zuständige Aufsichtsbehörde eine weitere Duldung dieses Mangelzustands abgelehnt.
Also machte sich zuletzt eine Arbeitsgruppe daran, eine Lösung zu finden: Dabei kam raus, dass eine Erschließung zusätzlicher Synergien durch Kooperationen mit der Stadt Oberzent oder Neckarsteinach nicht möglich sind. Die großflächige Stadt Oberzent sei zu sehr mit sich selbst beschäftigt, Neckarsteinach erwäge den Anschluss an die Wasserversorgung von Neckargemünd.
Die eigenständige Betriebsführung mit eigenem Personal wurde trotz der verheerenden Erfahrungen mit der bisherigen Personalakquise weiterhin ernsthaft erwogen. Im Stellenplan 2023 sind zwei Vollzeitstellen für die Wasserversorgung eingeplant. Auch die zweijährige Ausbildung wurde bedacht und zur Überbrückung der Dienst eines externen Ingenieurbüros überlegt. Bauhofmitarbeiter sollten die Rufbereitschaft gewährleisten.
Doch vor diesem erneuten Spiel mit dem Feuer, pardon: Wasser, schreckten Magistrat und HFSA jetzt doch zurück. Auch wenn sie den Stadtverordneten "aufgrund der großen politischen Brisanz" diese Option zur Entscheidung vorlegen werden, haben sie sich nach einem "interfraktionellen Gespräch" schon entschieden und werden dies auch auf der nächsten Stadtverordnetenversammlung am 4. April empfehlen: Beim Betriebsführungsmodell mit den Stadtwerken Eberbach als externem Dienstleister behält die Stadt Hirschhorn die eigene Wasser-Infrastruktur, die technische Betriebsführung jedoch übernehmen die Stadtwerke Eberbach (SWE).
Die SWE gewährleisten, dass durch personelle und organisatorische Manpower die Wasserversorgung nach allen Regeln des Gesetzes und der Gesundheitsfürsorge sichergestellt ist. Laut einem schon vorliegendem Vertrag "wird der Betrieb, die Instandhaltung und Wartung, der Bereitschaftsdienst sowie die Beseitigung von Störungen der im Eigentum des Auftraggebers (Stadt Hirschhorn) stehenden Wasserversorgungsanlagen übertragen".
Die Kosten dafür werden aufgrund einer Jahrespauschale von 126.900 Euro, geschätzten Zusatzkosten für Einsätze außerhalb der Geschäftszeiten in Höhe von 13.150 Euro und dem Einsatz von Bauhofmitarbeitern bei größeren Wasserrohrbrüchen oder Störungen mit rund 54.000 Euro auf 194.050 Euro berechnet. Einmalig kommen noch Einarbeitungskosten des Personals im Wasserversorgungsnetz der Stadt Hirschhorn von 36.000 Euro hinzu. Der Wasserversorgungsbetrieb aus eigener Kraft – wenn er denn personell möglich wäre - würde 217.372,75 Euro kosten.
Wolfgang Schilling gab bekannt, dass sich die CDU dem Vorschlag des Magistrats anschließe, da das Gesundheitsamt einen nochmaligen Versuch mit eigenem Personal möglicherweise nicht mittragen werde. Dr. Joachim Kleinmann von Profil Hirschhorn erinnerte an seine Frage nach der Mindestlaufzeit des Vertrags. Bürgermeister Martin Hölz antwortete, er habe den Stadtwerken Eberbach vorgeschlagen, die Vertragslaufzeit auf drei Jahre festzusetzen, was diese nun prüfen würden. Auch Carsten Ahlers signalisierte für die SPD Zustimmung. Er bedauerte, dass man immer weniger Menschen für Jobs im öffentlichen Dienst werben könne.
Wenn dieser wichtige Tagesordnungspunkt in der kommenden Stadtverordnetenversammlung die letzte und wichtigste Abstimmungs-Hürde nimmt, wird es wohl noch mindestens bis Mitte 2024 dauern, bis die Stadtwerke Eberbach tatsächlich die technische Betriebsführung übernehmen können. Die Stadt Hirschhorn muss also noch mindestens zwölf Monate diese Notsituation in der Wasserversorgung, mit Duldung des Gesundheitsamts, überbrücken.