Heidelberg Materials-Pläne

Mit dem Gipsabbau kommen auch die Lkw in Haßmersheim wieder

Das Unternehmen informierte über den geplanten Gipsabbau. Das Vorkommen reicht für die nächsten 60 Jahre.

19.10.2023 UPDATE: 19.10.2023 06:00 Uhr 2 Minuten, 28 Sekunden
In 70 bis 170 Metern Tiefe will Heidelberg Materials wieder Gips in Haßmersheim abbauen. Die erschlossenen Vorkommen (23 Millionen Tonnen) reichen für die nächsten 27 Jahre. Im südlichen Teil des Areals wird zudem eine zweite Gipsschicht vermutet, die ebenfalls schätzungsweise rund 23 Millionen Tonnen Ertrag bringen könnte. Foto: Heidelberg Materials

Von Caspar Oesterreich

Haßmersheim. Heidelberg Materials hat großes vor in Haßmersheim. Einen zweistelligen Millionenbetrag will der Baustoffkonzern in die Reaktivierung der Gipsgrube investieren. Ab Ende 2025 sollen in bis zu 170 Metern Tiefe dann rund 600.000 Tonnen jährlich aus dem Untergrund gesprengt werden. Die Steuerzahlungen des Dax-Unternehmens an Haßmersheim könnten sich damit verfünffachen.

Mehr als 100 Interessierte waren am Dienstagabend in die Sport- und Festhalle gekommen, um sich ausführlich über das Vorhaben zu informieren. Vor allem die Zunahme des Lkw-Verkehrs sorgte für viele Fragen.

Vor allem das steigende Verkehrsaufkommen sorgte beim Infoabend für viele Fragen. Nach wenigen Minuten wurden an den Themenstationen bereits umfangreiche Prognosen und Karten entfaltet. Foto: Caspar Oesterreich

Man werde zu allen Themen Antworten geben, versprach Stefan Berwanger, Werksleiter der Grube Obrigheim. "Die öffentliche Beteiligung ist im aktuellen Genehmigungsverfahren nicht vorgesehen", betonte er, "aber wir machen das heute Abend trotzdem freiwillig, damit wir mit Ihnen ins Gespräch kommen und Sie transparent informieren können."

Neu ist das Vorhaben keinesfalls: Bis 2003 wurde bereits Gips in Haßmersheim gefördert, aus wirtschaftlichen Gründen der Betrieb dann aber eingestellt. Die Nachfrage nach Naturgips werde in den kommenden Jahren weiter steigen, prognostizierte Projektplaner Jens Reimer. "Denn durch den Kohleausstieg wird REA-Gips, der als Nebenprodukt der Kohleverstromung während der Rauchgasentschwefelung entsteht, langfristig am Markt wegfallen." Zudem sei es gut, den heimischen Abbau wieder hochzufahren, um weniger Abhängigkeiten im Ausland zu haben.

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Aktuell ist die Grube in Obrigheim die einzige eigene Abbaustätte von Heidelberg Materials in ganz Mitteleuropa, in der Naturgips gewonnen wird. "In absehbarer Zeit", so Reimer, werde das Vorkommen dort jedoch erschöpft sein. In Haßmersheim finden sich dagegen allein im nördlichen Teil der Grube rund 23 Millionen Tonnen Gips-Ton-Gemisch – im Süden wird noch einmal fast genauso viel vermutet. "Das reicht uns für die nächsten 60 Jahre", machte Reimer deutlich. "Sie haben hier wirklich eine tolle Lagerstätte vor der Haustür."

Entsprechend groß war das Interesse der Anwesenden an den Auswirkungen vor ihren Haustüren, wenn der Untertage-Bergbau im Schifferdorf wieder aufgenommen wird. An vier Stationen standen Experten von Heidelberg Materials für jedwede Fragen bereit. Wer wollte, konnte sich bei ihnen über das Projekt bis ins letzte Detail informieren, mehr über Lärmgutachten und den Wasserschutz erfahren, das Abbauverfahren kennenlernen und in die Tiefen der Geologie eintauchen. Es dauerte keine fünf Minuten, da wurden an den Tischen schon die ersten großen Pläne, Grafiken und Landkarten entfaltet.

Über die verschiedenen Gesteinsschichten und ihre Funktion als Grundwasserstauer informierte Dr. Michael Bindig. Eine "qualitative and quantitative Beeinträchtigung des Grundwassers ist durch die untertägige Gips- und Anhydrit-Gewinnung in Haßmersheim nicht zu erwarten", versprach er den Interessierten. Die oberirdischen Flächen – etwa 4,6 Hektar – befinden sich außerhalb des Landschaftsschutzgebietes "Neckartal III".

Nach einer etwa zweijährigen Anlaufphase mit oberirdischer Aufbereitungsanlage soll der komplette Betrieb tief unter der Erde stattfinden. Eine Beeinflussung der Umwelt durch Staub werde damit ausgeschlossen. Trotz der regelmäßigen Explosionen – für die täglich anvisierten 3000 Tonnen Gips sind ca. 1,2 Tonnen Sprengstoff zur Gewinnung nötig – werden auch Lärmemissionen so gut wie ausgeschlossen. Im Extremfall sind laut Berwanger 35 Dezibel an den nächstgelegenen Wohnhäusern zu erwarten, was in etwa dem Geräuschpegel in einer ruhigen Bibliothek entspricht.

Viel Lärm erwarten Anwohner aus Haßmersheim wie Hüffenhardt (aus der Nachbargemeinde war auch Bürgermeister Walter Neff anwesend) dagegen durch den zusätzlichen Lkw-Verkehr. Mit voraussichtlich 29 Lastwagen verteilt auf drei Routen (über Hüffenhardt und Siegelsbach, durch Haßmersheim, Neckarmühlbach und Gundelsheim sowie über Haßmersheim und Hochhausen gen Mosbach) ist werktags im Regelbetrieb zu rechnen.

70 Prozent des gewonnen Gipses soll per Schiff abtransportiert werden. Für die Frießinger Mühle steht die Anlegestelle dann allerdings nicht mehr zur Verfügung, das Getreide aus den Silos auf dem Gruben-Areal müsste dann ebenfalls per Lkw abgefahren werden. Wie viele Fahrzeuge dafür nötig sind, konnte man bei der Frießinger Mühle am Mittwoch auf RNZ-Anfrage nicht beantworten.

Es müsse endlich die Ortsentlastungsstraße her, forderte nicht nur Monika Wacker. "Die kommt auch", versprach Bürgermeister Ernst. Bei der langwierigen Grundstücksverhandlung zeichne sich in den kommenden Monaten eine Einigung ab.

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