Sogar das Schmutzwasser wird teurer
Die Gebühren steigen rückwirkend um mehr als 50 Prozent, nämlich auf 3,43 Euro.

Hardheim. (jam) Die Preise steigen fast überall – und in Zeiten hoher Inflation scheint jeder darauf aus, sich die eigenen Taschen zu füllen. Anders ist das bei der öffentlichen Verwaltung, die bei Aufgaben der Daseinsvorsorge auf jegliche Marge verzichten muss. "Beim Abwasser dürfen wir gar keinen Gewinn machen", erklärte Kämmerer Bernd Schretzmann am Montag bei der Sitzung des Gemeinderats.
Ob das ein Trost für die Hardheimer ist, die nun rückwirkend zum Jahresbeginn deutlich mehr Geld für ihr Schmutzwasser entrichten müssen, bleibt abzuwarten. Gemeinderat Klaus Kreßner zumindest befürchtete, dass sie "schnauben werden wie Lokomotiven". Denn das Gremium entschied sich – ohne die Stimmen der Freien Wähler – mehrheitlich dafür, die Gebühr von 2,11 Euro pro Kubikmeter auf 3,43 Euro zu erhöhen.
Diese Verteuerung um mehr als 50 Prozent hat jedoch nur im laufenden Jahr Bestand – 2024 sinkt die Gebühr für Schmutzwasser bereits wieder auf 2,49 Euro pro Kubikmeter. Grund dafür ist das Prinzip der Kostendeckung, wie Bernd Schretzmann erläuterte. Denn die Verwaltung kann größere Unterdeckungen aus den Vorjahren letztmals im Jahr 2023 ausgleichen.
Soll heißen: Die Bürger haben in den vergangenen Jahren weniger Gebühren entrichtet, als die Verwaltung für die Beseitigung des Schmutzwassers letzten Endes berappen musste. 2016 bis 2018 zahlten die Hardheimer mehr als 110.000 Euro zu wenig. Holt sich die Gemeinde dieses Geld nicht im laufenden Jahr zurück, hat sie keinen Anspruch mehr darauf.
Noch dazu sorgen die Inbetriebnahme des zweiten Sammelbeckens der Verbandskläranlage, Energiekosten, die laut Schretzmann "exorbitant gestiegen sind", sowie Ausgaben für die anstehende Kanalbefahrung in der Kerngemeinde für höhere Kosten bei der Abwasserbeseitigung. Das alles brachte die Gemeinderäte am Montag in eine Zwickmühle: Winken sie die extreme Kostensteigerung durch oder erhöhen sie den Preis nur moderat, verzichten damit aber auf die Kostendeckung.
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"Wir können die Abwassergebühren über die Steuerzahler subventionieren, aber wollen wir das?", warf Bürgermeister Stefan Grimm vor der Abstimmung in die Runde. Anders ausgedrückt: Zahlt der Verursacher die Kosten für die Verschmutzung des Trinkwassers oder soll die Allgemeinheit zumindest einen Teil der Last schultern? Denn die Differenz bis zur Kostendeckung müsste die Verwaltung aus ihrem eigenen Budget schließen – und dieses Geld würde dann an anderer Stelle fehlen. "Wenn wir weniger verlangen, machen wir letzten Endes nur Schulden für die Bürger", so Grimm. Im Falle einer Kostenunterdeckung verteilt die Gemeinde also Geld um: Profiteure wären alle Bürger, die viel Trinkwasser beziehen, weil bei ihnen eine höhere Abgabe auf Schmutzwasser härter zu Buche schlüge.
Für Kämmerer Bernd Schretzmann ist die Sache eindeutig: "Die Kostenunterdeckung von 2016 bis 2018 muss ausgeglichen werden." Dieser Ansicht folgten ebenso Bürgermeister Grimm und die Fraktionen der CDU und SPD. Die Freien Wähler haderten dagegen mit dem Preissprung von 2022 auf 2023. Für Bauchschmerzen sorgte bei Gemeinderat Eric Bachmann unter anderem, dass das Gremium nun rückwirkend diesen Gebührenanstieg beschließen sollte. Laut Kämmerer Schretzmann komme ein anderes Vorgehen aber gar nicht in Frage: "Genau zu diesem Zweck haben wir im Dezember einstimmig den Bevorratungsbeschluss gefasst."
Letzten Endes liefen die Vorschläge der Freien Wähler, mit denen sie die Gebührenschwankungen minimieren wollten, ins Leere. So argumentierte Kämmerer Schretzmann unter anderem dagegen, die Kanalbefahrung in Hardheim zu verschieben: "Das Geld dafür ist im Haushalt eingestellt."
Mit zwölf Stimmen von CDU, SPD und Bürgermeister winkte der Gemeinderat die neue Abwassersatzung schließlich durch. Neben dem sprunghaften Anstieg beim Schmutzwasser sieht sie eine moderate Erhöhung bei der Niederschlagswassergebühr vor. Seit 1. Januar müssen Hardheims Bürger 0,39 Euro pro Quadratmeter versiegelter Fläche zahlen. Während die Schmutzwassergebühr im Folgejahr deutlich niedriger ausfällt, gibt es beim Niederschlagswasser erneut einen kleinen Anstieg auf dann 0,42 Euro pro Quadratmeter.