Krankenhaus ist bei medizinischer Versorgung gut aufgestellt
Verwaltungsleiter Lothar Beger spricht im RNZ-Interview Chancen des MVZ an und reagiert auf Kritik.



Verwaltungsleiter des Krankenhauses Hardheim
Hardheim. (jam) Unter dem Titel "Gesundheitszentren Badisch-Franken" nimmt am Donnerstag eine neue Genossenschaft ihre Arbeit auf. Getragen wird sie von den Gemeinden Hardheim, Höpfingen und Königheim sowie den Städten Walldürn und Külsheim. Ihr Ziel ist nichts Geringeres, als den Fortbestand des Hardheimer Krankenhauses zu sichern und gleichzeitig die Gesundheitsversorgung für zahlreiche Bürger im ländlichen Raum zu verbessern.
Mit einem Medizinischen Versorgungszentrum (MVZ) will der Krankenhausverband zu diesem Zweck Ärzte in die Region locken. Wie es nach der Gründung der Genossenschaft weitergeht, welche zusätzlichen Ziele der Verband verfolgt und wie jeder Einzelne zum Fortbestand des Krankenhauses vor der Haustür beitragen kann, erklärt Verwaltungsleiter Lothar Beger im RNZ-Interview.
Teilen die umliegenden Kommunen ihre Vision für das Krankenhaus?
Die Genossenschaftsgründung ist der erste formale Schritt in ein erweitertes ärztliches Angebot innerhalb des gesamten Krankenhausverbands. Die Geschlossenheit, mit der die Verbandskommunen hinter unserem Zukunftskonzept stehen und die Tatsache, dass in allen Gemeinderatsgremien einstimmige Beschlüsse gefasst wurden, ist eine hervorragende Basis für die weitere Umsetzung des Konzepts.
Wie geht es nun nach der Gründung weiter?
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Als weitere formale Schritte stehen nun der Beitritt zum Genossenschaftsverband und die Eintragung im Genossenschaftsregister an. Damit wird die Genossenschaft dann formal handlungsfähig sein und die Gründung eines oder mehrerer MVZ angehen können. Dies wird hoffentlich noch vor den Sommerferien möglich sein. Parallel laufen dazu bereits Gespräche mit der Kassenärztlichen Vereinigung, denn Voraussetzung für die Anstellung von Ärzten ist die Freigabe kassenärztlicher Sitze. Im fachärztlichen Bereich sind diese aktuell noch limitiert, im hausärztlichen Bereich sind diese offen.
Liegt der Fokus des Verwaltungsverbands nun also ganz darauf, neue Ärzte anzulocken?
Dies ist eines unserer zentralen Themen, aber neben diesem Projekt zur Gewinnung von Ärzten laufen zur Umsetzung unseres Zukunftskonzepts für das Krankenhaus derzeit noch Untersuchungen zur Optimierung der OP-Abläufe, um den steigenden Zahlen an ambulanten Eingriffen Rechnung tragen zu können. Und als drittes Projekt steht dann im Laufe des Jahres noch die konzeptionelle Umwandlung unserer Bettenstationen an. Hierzu warten wir zunächst auf eine erste Mitteilung des Sozialministeriums, welche Leistungsgruppen uns nach den Vorgaben des zum Jahreswechsel beschlossenen Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetzes voraussichtlich zugeteilt werden. Dann wird sich abzeichnen, welche stationären Eingriffe wir künftig noch vornehmen dürfen. Es bleibt also weiterhin spannend.
Warum braucht es überhaupt eine Genossenschaft und das MVZ?
Der Ärztemangel ist vor allem im ländlichen Bereich seit mehreren Jahren deutlich spürbar. Mit der Möglichkeit, über ein MVZ Ärzte anstellen zu können, wollen wir dieser Entwicklung möglichst zeitnah entgegenwirken. Daneben wird es am Krankenhaus Hardheim aber weiterhin auch niedergelassene selbstständige Ärzte geben, die am Krankenhaus im Belegarztsystem tätig sind. Insgesamt gesehen werden wir also mehrgleisig fahren.
Wie gut ist die Region medizinisch aufgestellt?
Im Vergleich zu vielen anderen Kommunen vergleichbarer Größe sind wir, was das ärztliche Angebot anbelangt, noch verhältnismäßig gut versorgt. Aber wir wollen aktiv daran arbeiten, dass die Versorgung in den nächsten Jahren nicht schlechter, sondern lieber noch besser wird. Wichtig wird dabei sein, dass es keine weiteren Einschnitte gibt, was wir überhaupt an Leistungen anbieten dürfen.
Inwiefern macht sich der Ärztemangel überhaupt vor Ort bemerkbar?
In allen Verbandskommunen ist spürbar, dass neben der fachärztlichen gerade auch die hausärztliche Versorgung schwieriger wird. Es gibt leider immer mehr Praxen, die einen Aufnahmestopp für neue Patienten haben. Dem entgegenzuwirken, wird eine wichtige Zukunftsaufgabe der Gesundheitsdaseinsvorsorge sein. Die jetzt gegründete Genossenschaft will dazu beitragen, den wichtigen Standortfaktor einer grundlegenden medizinischen Versorgung mit Leben zu erfüllen.
Gibt es denn bereits konkrete Anfragen von Ärzten für das MVZ?
Wir sind mit ersten Ärzten im Gespräch, die sich grundsätzlich vorstellen können, sich in einem MVZ anstellen zu lassen. Dazu bedarf es aber wie bereits gesagt auch der dafür benötigten kassenärztlichen Arztsitze. Es sind also verschiedene Fragestellungen parallel zu klären. Grundsätzlich können wir bereits jetzt festhalten, dass das Modell eines Anstellungsverhältnisses in einem kommunal getragenen MVZ, bei dem nicht die Rendite im Vordergrund steht, für Ärzte attraktiv zu sein scheint.
Kann die Bevölkerung etwas tun, um das Krankenhaus bei der Arztsuche zu unterstützen?
Wir haben immer wieder darauf hingewiesen, dass die Gewinnung neuer Ärzte keine Ein-Personen-Aufgabe sein kann, sondern dazu alle verfügbaren Kontakte genutzt werden müssen. Es gibt nach unseren Informationen viele Mediziner, die auf unterschiedlichen Wegen Kontakte in unsere Region haben und auch pflegen. Hier ist auch die Bevölkerung gefragt, bestehende Kontakte zu nutzen und den Kontakt zu uns zu vermitteln. Erste wertvolle Tipps, die zu ersten Kontaktaufnahmen geführt haben, haben wir bereits aus der Bevölkerung erhalten. Das darf gerne weitergeführt werden. Nichts sollte unversucht gelassen werden. Ansonsten erfahren wir über den Freundes- und Förderkreis seit vielen Jahren eine großartige Unterstützung aus der Bevölkerung. Damit konnte vieles verwirklicht werden, was ansonsten nicht möglich gewesen wäre.
"Nicht möglich" ist ein gutes Stichwort. Einige Hardheimer sind unzufrieden, weil das Krankenhaus nicht das gesamte von ihnen gewünschte Spektrum an Leistungen abdeckt. Dringt diese Kritik bis zu Ihnen vor?
Wir wissen, dass viele Bürgerinnen und Bürger enttäuscht sind, weil wir die eine oder andere Behandlung aufgrund unseres Belegarztsystems nicht mehr durchführen können. Hier bitten wir um Verständnis, dass sich die gesamte Gesundheitsbranche in einem Wandel befindet und wir auf viele Entwicklungen keinen Einfluss haben. Andererseits vergeht aber fast keine Woche, in der wir nicht aus der Bevölkerung positive Rückmeldungen nach einem Krankenhausaufenthalt erhalten, in denen durchgängig die herzliche, kompetente und persönliche Betreuung gelobt wird. Das bestärkt uns in unserem Tun und motiviert natürlich auch alle beteiligten Mitarbeitenden für die sicherlich herausfordernde Zukunft.
Herausfordernd ist die Situation aktuell vor allem in der in der internistischen Praxis. Wie ist dort der Stand?
Die internistische Praxis musste nach dem krankheitsbedingten Ausfall von Dr. Rottmann die Sprechstundensituation verändern und auf reine Terminvereinbarung umstellen. Akute Notfälle werden natürlich dennoch zügig auch ohne Termin behandelt. Ansonsten wird das internistische Angebot – soweit möglich – auch dank des verstärkten Engagements von Thomas Schwender in seinem Umfang aufrechterhalten. Tageweise hilft Dr. Andreas Mövius aus, der nach wie vor einen sehr guten Kontakt zu unserem Haus unterhält. Ansonsten hoffen wir, dass Dr. Rottmann in Kürze wieder in den Praxisbetrieb einsteigen kann. Parallel zum laufenden Praxisbetrieb sind wir in Gesprächen zu erweiterten Kooperationen, was die stationäre Versorgung internistischer Patienten anbelangt.




