Fahrenbach

Sie schafften 300 Tonnen Schutt weg

Fahrenbacher Freiwillige half nach der Flutkatastrophe zahlreichen Menschen in Altenahr-Altenburg. "Der Anblick war nicht zu beschreiben".

11.08.2021 UPDATE: 12.08.2021 06:00 Uhr 2 Minuten, 18 Sekunden
Wieder zurück in Fahrenbach: Mit drei Baggern, Lastwagen, Schubkarren, Notstromaggregaten, Schaufeln, Besen und Schlagbohrern waren die 23 freiwilligen Fluthelfer in Altenahr-Altenburg im Einsatz. Foto: zg

 Von Uli Adams

Fahrenbach. Tausende Helfer sind auch vier Wochen nach der Flutkatastrophe vom 14. auf den 15. Juli im Ahrtal bei den Aufräumarbeiten im Einsatz. Ein Streifen von rund 40 Kilometern zwischen Schuld am Nürburgring und Sinzig am Rhein ist verwüstet. Das romantische Tal liegt in Schutt und Asche, 141 Menschen haben ihr Leben verloren, der Sachschaden wird auf mehr als acht Milliarden Euro geschätzt. Mittendrin die Helfer von "Motorsportler für die Eifel", zu denen auch Dennis Schork und seine 22-köpfige Truppe aus Fahrenbach gehörten.

Mit drei Baggern, Lastwagen, Schubkarren, Notstromaggregaten, Schaufeln, Besen und Schlagbohrern, die sie von Spenden finanziert haben, waren sie am Freitagmorgen (30. Juli) um vier Uhr von Fahrenbach aufgebrochen. Das Ziel: Bad Neuenahr-Ahrweiler, dem Treffpunkt für die an diesem Wochenende mehr als 50 Helfer der Motorsportinitiative, die Kollegen vom Bodensee initiiert hatten. Doch der renommierte Kurort, das zerstörte Herz des Ahrtals mit seinen rund 30.000 Einwohnern, war nur das Zwischenziel. Schork und seine Helfer brachen kaum angekommen weiter auf nach Altenahr-Altenburg – rund 15 Kilometer weiter am Beginn des historischen Ahrtals, das bisher über eine Bundesstraße entlang der Ahr erreichbar war.

Die Straße gibt es nicht mehr. Sechs Tage waren die Menschen von Marienthal bis vor Altenahr von der Außenwelt abgeschnitten. Die Fahrenbacher mussten einen Umweg nehmen, um in den Altenahrer Ortsteil Altenburg zu kommen. Sie kamen von oben ins Tal und so mancher der jungen Helfer wurde aschfahl. "Der Anblick, der sich Ihnen bietet, ist nicht mit Bildern zu beschreiben", sagte einer. Drei ehemalige Soldaten aus Schorks Truppe, die über Erfahrung aus Einsätzen in Mali und dem Irak verfügen, erklärten: "Das ist wie Krieg, nur ohne Bomben." Das ganze Dorf mit seinen rund 600 Menschen wurde in der Flutnacht unter Wasser gesetzt. Die Menschen retteten sich auf die Dächer und die Hänge des Ahrgebirges. Mehr als 300 wurden am nächsten Mittag von Hubschraubern ausgeflogen. Für fünf Menschen kam jede Rettung zu spät.

Dennis Schork und seine Trupps hatten zuvor telefonischen Kontakt zu Christa Ketter und Yvonne Knipp. Es war in diesen Tagen der schnellste Weg, konkret zu helfen, für die Freiwilligen aus ganz Deutschland, wenn man vor der Abreise wusste, wem man helfen soll. Das eine Haus hat eine Elementarversicherung, das andere nicht. Später wollen Knipps vierköpfige Familie und ihre Eltern in das gut versicherte Haus ziehen. Und was wird aus dem zweiten? "Mal sehen, aber das Geld für den Wiederaufbau haben wir nicht", so Knipp. "Wir überlegen, wie wir das irgendwie finanziell schaffen. Ich will wieder in mein Haus." Dabei hing ihr Leben eben in jenem Haus am seidenen Faden. Samt Mann und der jüngsten Tochter sowie dem querschnittsgelähmten Nachbarn und dessen Frau musste sie sich über ein Dachfenster in den Berghang retten. 14 Stunden später holte sie ein Hubschrauber unter abenteuerlichen Bedingungen aus dem Dornengebüsch.

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Dennis Schork und seine Freunde halfen, die beiden Häuser zu entkernen. Der Estrich musste raus, Dämmung im Dachstuhl entfernt, Holzverkleidungen rausgerissen und der ganze Schutt auf eine der Sammelstellen gebracht werden. Mehr als 220.000 Kubikmeter Sperrmüll mussten in der ersten Runde allein aus der Verbandsgemeinde Altenahr geschafft werden. Ganze Lastwagen-Karawanen waren über Tage damit beschäftigt. Nicht weniger Müll fiel an, als Menschen wie die Familien Ketter und Knipp ihre Häuser für den Wiederaufbau vorbereiteten.

Der Einsatz in Altenburg war nur für die zwei Häuser geplant. Doch als die Helfer aus Fahrenbach das ganze Elend in einem der am härtesten getroffenen Dörfer an der Ahr sahen, bleiben sie gleich da. Bis zum Sonntag versetzten sie weitere sechs Häuser in einen Rohbaustatus, schafften mehr als 300 Tonnen Bauschutt aus dem Dorf und hinterließen wie die vielen anderen Helfer aus ganz Deutschland unendlich dankbare Menschen im Ahrtal.

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