Wie "Bikeländ", Natur und Wanderer gut miteinander auskommen sollen
"Trailpate" Friedrich Wagner spricht über Rücksicht, Eingriffe in die Natur und die Pflege der Mountainbike-Strecken auch im Winter.



"Trailpate"
Von Moritz Bayer
Eberbach. Nach zwei Selbstversuchen auf den Eberbacher Mountainbike-Trails ist es an der Zeit, die Menschen in den Fokus zu rücken, die dafür sorgen, dass die Strecken das ganze Jahr über in Schuss bleiben. Denn nicht nur die Vorarbeit war umfangreich, auch die Instandhaltung will erledigt sein. Ohne großes, ehrenamtliches Engagement könnten weder die Stadt, noch der betreuende Kanuclub Eberbach die überregionale Touristenattraktion Bikeländ dauerhaft in diesem Umfang und dieser Qualität anbieten. Jeder der zwölf Trails hat zwei Trailpaten. Als "Oberpate" gilt Friedrich Wagner (Foto: Bayer), der im Gespräch über die Vorteile seiner Vergangenheit und das Meldesystem unter den Trailaufsehern Auskunft gibt.
Herr Wagner, wie wird man Trailpate und was unterscheidet den Ober- von den normalen Paten?
Jeder kann mithelfen. Aktuell haben wir für jeden Trail mindestens zwei Paten, diese doppelte Absicherung und die Aufsicht im Wechsel ist also der durchaus hohe Standard. Oberpate ist eher spaßig gemeint, alle zeigen großes Engagement. Bei mir laufen einfach einige Dinge zusammen, seien es Fragen oder Ausleihen von Werkzeugen.
Die Ausrüstung und das Know-how kommen ja aber nicht von ungefähr. Wie kam es zu Ihrer besonderen Rolle?
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Das ist natürlich auch meinem Beruf geschuldet. Ich bin selbst Forstingenieur, daher kann ich mich beispielsweise auch gut in die Rolle von Waldbesitzern hineinversetzen. Auf der anderen Seite fahre ich begeistert Mountainbike, mich selbst bezeichne ich als eine Art Zwitter, ein Vermittler zwischen Radlern und Behörden. Ich war 25 Jahre Förster in Eberbach, habe mich aber vor 13 Jahren mit einer Holz-Firma selbstständig gemacht. Von mir stammt das Gutachten für das Bikeländ, insbesondere auf den Aspekt bezogen, wie es angelegt wurde, damit keine erhöhte Verkehrssicherungspflicht besteht. Von Firmenseite habe ich natürlich genug Geräte, wie beispielsweise Laubbläser oder Sägen, und leihe diese den Paten bei Bedarf aus. Deswegen fällt mein Name vielleicht häufiger als der von anderen, aber wie schon gesagt: Das ist alles gemeinschaftlich gestemmt.
Was hat man sich denn unter der Tätigkeit eines Trailpaten vorzustellen? Wie viel ehrenamtlicher Zeitaufwand steckt dahinter?
Die Paten kontrollieren ihre Trails regelmäßig auf Schäden, Müll oder sonstige Veränderungen wie zugewachsene Äste und Ähnliches. Das wird jeden Monat mindestes einmal erledigt, nach Starkregen, Sturmereignissen oder so natürlich noch zusätzlich. Wir haben über soziale Netzwerke und Mobilfunk gut funktionierende Meldeketten. Fällt jemandem ein konkretes Problem auf, gibt er die Informationen an den Kanuclub. Der leitet diese auch an die Stadt weiter, aber häufig sind wir so schnell, dass bis dahin der Schaden bereits behoben ist. Die Paten befahren ihre Hometrails sicherlich häufiger als andere, da stecken schon einige Stunden extra dahinter. Aber die ganze Community hält auch wirklich gut zusammen. Dass ein Trail regelmäßig genutzt wird, hat in sich schon einen pflegenden Charakter. Die allermeisten interessierten Biker sammeln Kleinigkeiten einfach auf, ohne offiziell dafür zuständig zu sein. Ein weiterer Aspekt ist auch das Feedback. Beim Ausgang eines Trails wurde ersichtlich, dass er dazu verleiten könnte, zu schnell auf den Waldweg zu fahren. Dort sind ja auch Wanderer et cetera unterwegs. Also wurde schnell mit Holzbegrenzungen nachgebessert.
Die Besonderheit des Eberbacher Bikeländs ist neben der Größe auch die Naturbelassenheit. Welche Bedeutung hat das für die Pflege?
Eine positive. Wer nach Eberbach biken kommt, weiß: Das sind Naturstrecken und entsprechend zu befahren. Man muss sich nichts vormachen: Es gab früher auch illegal genutzte Strecken. Der politische Aspekt war von Anfang an, dass man an geeigneten Orten Trails ermöglicht, dort aber eben nur so minimal in die Natur eingreift, dass wie eingangs schon mal erwähnt, keine erhöhte Verkehrssicherungspflicht entsteht. Dieses Gutachten hat die Stadt über meine Firma in Auftrag gegeben. Bei den Naturtrails ist unserer Aufsichtspflicht durch die besagten Kontrollen Genüge getan. Ebenso gibt es die vertraglich geregelte Pflicht, dass ich zweimal im Jahr ein ausführliches Gutachten erstelle – einmal belaubt, also im Sommer, einmal ohne, also im Winter.
Sie sind bikender Ex-Förster, Bürgermeister Peter Reichert war früher ebenfalls Förster: Hat das auch Signalwirkung? Es gibt ja auch Gegenstimmen, denen das Bikeländ eher Dorn im Auge ist.
Ich hoffe zumindest, dass dieses Bild wirkt. Es zeigt ja: Wald und Radsport sind für alle da, es kann ein gutes Miteinander geben. Niemandem sollte egal sein, was mit dem Wald passiert, und sportlich dort aktiv zu sein, schafft auch Bewusstsein. Ein schönes Beispiel: Beim VfR Waldkatzenbach sind aktuell jeden Dienstag über 50 Kinder im Training. Die lernen dort nicht nur Biken, sondern auch verantwortungsvollen Umgang mit Strecken und der Natur.
Für Sie ist es eine Herzensangelegenheit. Was würden sie bislang Unbeteiligten sagen, wieso das Bikeländ gut für Eberbach ist?
Weil es Menschen anzieht und zusammenbringt. Vom Sport und dem Aktiv sein an der frischen Luft abgesehen: Alleine beim Eröffnungstag wurde der Trail "Alle Farben" rund 350 Mal mittels App aufgezeichnet. Die Dunkelziffer liegt noch höher. Wir bieten hier etwas wirklich Schönes, was gemeinschaftlich erarbeitet wurde. Community heißt nicht "Die Kommune machts und gut", sondern das sind Idealisten, die etwas auf die Beine stellen wollten. Alle Parteien wurden eingeladen, miteinander zu sprechen, da unterstützt dann auch die Stadt. Ich lebe gerne in Eberbach und freue mich, wenn ich durch Know-how, Geräte oder Engagement etwas zurückgeben und einen Teil dazu beitragen kann, dass das auch für andere so bleibt.
Info: Weitere Informationen zum Bikeländ mit seinen zwölf Trails im Internet unter www.bikeländ.de.