Mehrheit der Antworten in Eberbach fällt für Windkraft aus
Ohne Diskussion wurden im Eberbacher Gemeinderat die Ergebnisse der Bürgerumfrage vorgestellt

Von Felix Hüll
Eberbach. Am Hebert sollen Windkraftanlagen errichtet werden. Das besagen 2360 Ja-Antworten von 4014 gültigen Stimmen der Bürgerumfrage in Sachen Windenergie. Damit akzeptieren 59 (eigentlich 58,794) Prozent der Befragten mögliche Rotoren am Herbert; bezogen auf alle Wahlberechtigten ergibt sich die Zahl 20,42 Prozent. Die Beteiligung an der Umfrage lag bei 34,8 Prozent.
Hintergrund
Felix Hüll ist PRO Windenergie nach einem fragwürdigen Stimmungsbild
Gestern Abend stand die Grundsatzfrage gar nicht auf der Tagesordnung. Um dennoch Farbe zu bekennen: Ich meine: regenerative Energien gehören dezentral ausgebaut. Jede Kommune, jede
Felix Hüll ist PRO Windenergie nach einem fragwürdigen Stimmungsbild
Gestern Abend stand die Grundsatzfrage gar nicht auf der Tagesordnung. Um dennoch Farbe zu bekennen: Ich meine: regenerative Energien gehören dezentral ausgebaut. Jede Kommune, jede Region muss hier ihren Beitrag leisten und soll Anteile am dabei möglichen Gewinn haben. Gestern ging’s um eine Entscheidungsgrundlage für die gewählten Bürgervertreter.
Da ist es sicher keine Sternstunde der Demokratie, wenn die vergleichsweise doch hohe 34,8 Prozent-Beteiligung gelobt wird. 65,2 Prozent der Wahlberechtigten äußern sich nicht. Offen bleibt, ob sie das Thema gar nicht interessiert oder ob sie diese Umfrage mit stark eingegrenzten Antwortmöglichkeiten generell ablehnen.
Sie kam ja lange nach bereits gefällten ersten Richtungsentscheidungen im Gemeindeverwaltungs- wie im Regionalverband. Lothar Jost von der AGL hat dies öffentlich zurecht angeprangert. Und: Der Gemeinderat ist nicht daran gebunden. Worauf soll sich ein kritischer Kopf wie Karl Braun nun stützen? Auf 60 oder 20 Prozent "Ja"?
Die Stadtmütter und -väter werden halt doch selbst gewichten müssen: geht Heimatschutz und Ablehnen der Windkraft vor, oder steigt Eberbach endlich mit Tempo und Schmackes in den Zug der Zeit mit ein?
Karl Emig von der Stadtverwaltung stellte dem Gemeinderat gestern Abend das Umfrageergebnis in einer kurzen Präsentation vor. Danach war an die 11.558 wahlberechtigten Eberbacher Bürger ein Fragebogen verschickt worden. 4022 sandten diesen zurück; 4014 Stimmzettel davon konnten gewertet werden. Von diesen gültigen Stimmen waren 2360 für den Hebert und 1618 stimmten dagegen; 36 machten keine Angabe.
Die Gliederung nach Altersgruppen zeigt, dass sich die Gegner und Befürworter in den drei Kategorien 16 bis 44, 45 bis 69 und über 70 Jahre annähernd gleich und entsprechend des Gesamtergebnisses verteilen (60:39,6 / 58,08:41,5 und 60,54:37,44).
Nur bei denen, die keine Altersangabe machten, überwiegen mit 60,56 Prozent die Hebert-Gegner; 35,2 Prozent stimmen dafür. Die "Alterslosen" haben mit 4,23 Prozent auch den höchsten Anteil derer, die zum Hebert keine Angabe machten.
Betrachtet man die Ortsteile, finden sich die höchsten Ablehnquoten mit beinahe der Hälfte der dort Antwortenden in Pleutersbach, Neckarwimmersbach und Rockenau sowie unter denen, die keine Ortsangabe ankreuzten. Höchste Zustimmungswerte finden sich für Unterdielbach, Friedrichsdorf, Lindach und Brombach.
In Badisch-Schöllenbach sind sogar 100 Prozent für Windkraft am Hebert; Emig relativierte das allerdings, da es nur 2 Antwortende (von 4022) mit der Angabe Schöllenbach gab, die eben beide "Pro Hebert" waren.
Zur finanziellen Beteiligung antworteten 1256, dass sie dies für richtig, 1221, dass sie es für falsch hielten. 1537 gaben hierzu keine Bewertung ab. Das entspricht Anteilen von 31, 30 und 38 Prozent.
92 Dokumente mit Anmerkungen seien vorgelegt worden. Sie enthielten persönliche Stellungnahmen zu Windhöffigkeit, Artenschutz, Art der Beteiligung selbst, finanzieller Beteiligung an den Anlagen aber auch handfeste Provokationen teils in nicht zitierfähigen Worten, so Emig.
Bürgermeister Peter Reichert bewertete das Befragungsergebnis als Stoff, den man in den nächsten Sitzungen der Diskussion im Rat zugrunde legen könne. Reichert dankte Emig und seinem Team, dass sie auch noch in der Freizeit die Daten ausgewertet hatten. Die Ergebnispräsentation diente lediglich zur Information von Gemeinderat und Bevölkerung; eine Diskussion war nicht vorgesehen.
Hintergrund
Rainer Hofmeyer sagt CONTRA zur Windkraft am Hebert
Energiepolitische Entscheidungen können nur gesamtgesellschaftlich getroffen werden. Jede Region muss ihren sinnvollen Teil zum Ganzen leisten. Es gibt nicht überall gleiche Bedingungen fürs Gewinnen
Rainer Hofmeyer sagt CONTRA zur Windkraft am Hebert
Energiepolitische Entscheidungen können nur gesamtgesellschaftlich getroffen werden. Jede Region muss ihren sinnvollen Teil zum Ganzen leisten. Es gibt nicht überall gleiche Bedingungen fürs Gewinnen regenerativer Energien. Eine Region wie der Odenwald oder die Stadt Eberbach ist nicht dazu aufgerufen, die Situation der Bundesrepublik im Kleinen abzubilden und zu lösen. Es geht um Sinn und Unsinn einer Jahrzehnte bindenden Entscheidung. So gibt es im deutschen Stromnetz bereits ein Überangebot an Energie aus regenerativen Quellen. Zeitweise muss sogar Strom ins Ausland verschenkt werden. Die Industrie wird dafür sorgen, dass weitere Windparks an hervorragend geeigneten Positionen außerhalb unserer Gegend stehen werden. Rechenspiele über Gewinn und Verlust einer Windkraft-Kolonie am Hebert sind fehl am Platz. Es ist geradezu absurd, aus ideologischen Überlegungen oder nur um einem Trend zu folgen, das heile System Odenwald mit seiner Tier- und Pflanzenwelt in Teilen massiv zu beschädigen. Die Lösung der Frage Windkraft auf dem Hebert ist auf eine einzige Formel zu bringen: Die fast schon zügellos galoppierende Energiewende in Deutschland braucht die Zerstörung des Odenwaldes bei Eberbach nicht.
Für die AGL erklärte Fraktionsvorsitzender Peter Stumpf, man sei "über dieses eindeutige Ergebnis hocherfreut". Die AGL habe sich als einzige Fraktion im Rat "im Vorfeld der Befragung eindeutig für grüne Energie auf dem Hebert" positioniert.
Aufgrund der 34,8 Prozent-Beteiligung sieht Stumpf nun ein "aussagekräftiges Ergebnis". Mit ihrer Zustimmung von 59 Prozent hätten die Eberbacher deutlich gemacht, dass sie einen Windpark auf dem Hebert befürworteten. Stumpf: "Damit sehen wir Gemeinderat und Stadtverwaltung in der Pflicht, den Bürgerwillen umzusetzen".
Dies solle auch für den Rhein-Neckar-Kreis ein Signal sein, jetzt zusammen mit Eberbach zügig die Rahmenbedingungen für Windkraft am Hebert zu schaffen. Stumpf dankte allen Engagierten, die informierten und Argumente ausgetauscht hatten. "Wir erwarten, dass auch diejenigen, die sich ein anderes Ergebnis gewünscht haben, den zum Ausdruck gebrachten Bürgerwillen akzeptieren."
Der CDU-Fraktionsvorsitzende Karl Braun wollte wissen, wie viel Befürworter es bezogen auf alle Wahlberechtigten seien? "Die 60-Prozent-Zahl klingt für mich nicht so hoch, wenn man sieht, dass das nur etwa 20 Prozent aller Wahlberechtigten entspreche. Braun: "Das wundert mich, weil so ein großer Teil doch dagegen war."