Wie wilde Tiere die Trockenheit überstehen
Amphibien, Insekten, Vögel, Hoch- und Niederwild haben eigene Strategien bei Trockenheit - Was der Mensch tun kann und tut

Von Ursula Brinkmann
Mosbach/Waldkatzenbach. Das Thema Trockenheit hat auch in diese Zeitung zuletzt auf verschiedene Weise Eingang gefunden – vom Mosbacher Bauhofmitarbeiter, der mit dem Tankwagen städtisches Grün und Bunt versorgt, bis zum Tagesthema, dem zu trockenen Sommer 2020. Auch wie Haustieren geholfen werden kann, stand in der RNZ zu lesen. Ein Aspekt jedoch fand noch keine Beachtung: die Not der Wildtiere, irgendwo Wasser zu finden.
Solche Gedanken kamen dem Lohrbacher Dr. Albrecht Ernst beim Anblick des seit Wochen ausgetrockneten Bachbetts des Gänsbachs, der auch durch das Anwesen seiner Eltern, den Tannenhof, fließt. Oder derzeit eben nicht. "Ich frage mich, ob die Gemeinden in solch trockenen Zeiten, gefördert von Landesmitteln des Natur- und Tierschutzes, nicht doch flache Tiertränken einrichten sollten, um das Überleben der ohnehin gefährdeten Fauna zu sichern", fragte Ernst nicht nur sich, sondern auch beim Landratsamt, der Stadt Mosbach und der RNZ nach.
Gut kennt die Wälder, das Wild und die Wasserstellen um Lohrbach herum Forstrevierleiter Harald Hannich. Seiner Einschätzung nach ist die Lage für Schwarz- und Rehwild nicht bedrohlich, da die Tiere ohnehin mit der Nahrung die benötigte Feuchtigkeit aufnähmen, sich anpassen könnten an längere Trockenperioden oder auch entfernte Wasserstellen aufsuchten.
Der Seebach in der Michelherd beispielsweise führe weiterhin Wasser. "Bei Hasen, Kleinsäugern oder Vögeln sieht es schon anders aus", ergänzt Hannich, "Tiere mit kleinerem Aktionsradius haben es schwerer, wenn Pfützen, Wasserlöcher und kleine Rinnsale trocken fallen und durch frühe Ernte in heißen Sommern plötzlich Äsung, Deckung und Schatten wegfallen."
Im Landratsamt gibt es einen Wildtierbeauftragten. Tobias Kuhlmann weiß, dass viele Jäger in der Region fast täglich Wasser raus in die Reviere bringen und die "Suhlen" füllen. "Diese Wasserstellen dienen natürlich nicht nur unserem Schalenwild, sondern jeglichen Wildtieren, Vögeln, Insekten, Amphibien." Im Kreis seien keine Fälle bekannt, bei denen Tiere aufgrund eines Wassermangels verendet sind.
Grundsätzlich fänden die Tiere auch im Sommer über die Nahrung und noch vorhandene Wasserstellen die notwendige Feuchtigkeit. Aktuell haben in Schefflenz die Jagdpächter in Eigeninitiative Suhlen und Feuchtgebiete angelegt. Gelder, so heißt es in einer Pressemitteilung des Landratsamtes, würden hierfür keine bereitgestellt.
In einer Mitteilung auf Anfrage im Stuttgarter Ministerium für Ländlichen Raum (MLR) wird erläutert, warum: "Wirkvoller ist, statt Einzelmaßnahmen besser ganzheitlich Lebensräume und Vernetzungsstrukturen für wildlebende Tiere und Pflanzen zu gestalten." Daher gebe es kein spezielles Programm zur Förderung von Tiertränken, sondern Fördermöglichkeiten zur Lebensraumverbesserung. Als Reaktion auf die RNZ-Anfrage bei der Stadt Mosbach kam zudem von dort der Verweis auf eine MLR-Meldung: "Während die große Hitze den Haustieren zu schaffen macht, ist die Situation für die heimischen Wildtiere entspannter. Hirsch, Reh und Wildschwein sind von Natur aus überwiegend in den kühleren Stunden der Dämmerung oder in der Nacht aktiv."
Hier nun kann jeder Bürger selbst dazu beitragen, dass die durch Trockenheit verursachte Beeinträchtigung der Wildtiere sich in Maßen hält, nämlich indem man vermeidet, in deren Räumen zu stören, indem man die Wildtiere dort nicht unnötig aufscheucht, sondern in Ruhe lässt. Auf dem eigenen Grundstück empfiehlt Tobias Kuhlmann, kleine Gefäße mit Wasser aufzustellen, das regelmäßig getauscht werden sollte. "Wichtig: immer einen Stein oder einen Ast in das Wasser legen, damit Insekten nicht ertrinken." Ja, auch die mitunter lästigen Wespen sind durstige Wildtiere.
Gerhard Neureither teilt sich mit Harald Hannich und einem dritten Pächter ein Jagdrevier am Katzenbuckel. Zehn Jahre lang war er zudem Nabu-Vorsitzender in Waldbrunn. Er kennt sich bestens aus im Wald und mit dem Wild. Zwar sei die Situation am Katzenbuckel eine besondere, weil hier ungewöhnlich viele Quellen die Versorgung mit Wasser für Reh, Wildsau und Hirsch ziemlich sicherstellen. "Die Wildwechsel zeigen mir, dass diese ganz gezielt angesteuert werden; sie sind auch jetzt noch nicht alle ausgetrocknet." Hirsche, die größere Mengen trinken als Rehe, nähmen im Zweifelsfall zudem größere Wege in Kauf. "Etwa in den Höllgrund oder zur Gaimühle."
Selten habe er in 44 Jagdjahren am Katzenbuckel Rehwild beobachtet, das Wasser aus einem Bach oder einer Quelle schöpfe. Neulich aber war konnte Neureither vom Hochsitz zwei Rehe dabei beobachten. Die anderen Beobachtungen aber bestätigen, wie die Feuchtigkeitsaufnahme des Schalenwildes aussieht: "Mit Äpfeln von den Streuobstwiesen." Der unter uns Menschen gängige Tischgruß "Prost Mahlzeit!" bekommt so eine ganz eigene Bedeutung …



