"Die Eberbacher und ihr Hochwasser"

In Zeiten der Flut steht man zusammen

Gymnasiasten des Neigungskurses Geschichte präsentieren ihre Arbeitsergebnisse - Große Katastrophen alle zwei Generationen

15.12.2017 UPDATE: 15.12.2017 16:00 Uhr 2 Minuten

Wie Eberbacher mit den seit Jahrhunderten regelmäßig wiederkehrenden Hochwasserereignissen umgehen, tauschten die Zuhörer und die jungen Präsentatoren beim Abend des Neigungskurses Geschichte am Hohenstaufen-Gymnasium miteinander aus. Foto: Felix Hüll

Von Felix Hüll

Eberbach. "Ich hab' die Gefriertruhe aufgemacht, und da kam mir die Weihnachtsgans schon entgegen geschwommen." Zitate von Zeitzeugen wie dieses machen greifbar, wie Eberbacher mit Ausnahmeerlebnissen am Neckar umgehen. Bei der Präsentation des Neigungskurses Geschichte am Hohenstaufengymnasium ermöglichten Schüler einen unverstellten Blick auf "Die Eberbacher und ihr Hochwasser - eine niemals endende Geschichte".

Im Rahmen der VHS-Herbstveranstaltungsreihe "Und plötzlich ist alles anders" hatten sich die Gymnasiasten um Lehrer Bernhard Schell mit den Auswirkungen der Neckar-, Itter- und Holderbachfluten auf die Stadt und ihre Bürger beschäftigt. Wie sehr die Wasserkatastrophen auch Jahrzehnte später noch die Leute umtreiben, wurde durch die engagierte Teilnahme von Besuchern des Abends deutlich.

"1956 war gerade Landtagswahl. Und so wie Gondolieren in Venedig sind damals die Leute mit einem Stocherkahn zum Wahllokal und zurück gebracht worden", steuerte Stadtführer Gunter Sokollek den Ausführungen der Jugendlichen bei. "Das war noch der Otto Kappes," ergänzte ein anderer Besucher.

Insbesondere die Erlebnisse von Bernhard Schneider hoben die Jugendlichen in ihren Vorträgen hervor. Schneider war 1975 bis 2012 aktiver Eberbacher Feuerwehrmann und wechselte als Gruppenführer und Oberlöschmeister in die Altersmannschaft. "Eberbach erlebt etwa alle zehn Jahre ein Hochwasser; große Katastrophenhochwasser kommen alle zwei, drei Generationen vor". Die Schüler hatten in Archiven nachgeschlagen und als besondere Fluten die von 1529, 1784, 1824 und 1993 aufgelistet.

Nach dem "Jahrhunderthochwasser" zu Weihnachten 1993 folgte im Frühjahr 1994 noch ein kleineres Hochwasserereignis. Weil aber Versicherungen ihre Verträge nach 1993 gekündigt hatten und teils die Aufräum- und Sanierungsarbeiten der 93er-Schäden noch gar nicht abschlossen waren, ging’s für viele Altstadtbürger und Geschäftsleute an ihre Existenz.

Den Tod gar durch eine Flut fanden drei Menschen am 20. Januar 1806, wie ein Hochwasser eine Mühle einstürzen ließ. Trotz aller Schicksalsschläge setzen die Eberbacher ihr Leben am Fluss weiter fort - und packten vor allem gemeinsam mit an, in der Zeit, in der Not am Mann war: "Die Hilfsbereitschaft war sehr groß" bestätigte Feuerwehrmann Schneider. Und weitere Besucher ergänzten, wie dankbar die Bürger ihren Rettern von Feuerwehr, Technischem Hilfswerk, Rot-Kreuz, DLRG und weiteren Hilfsorganisationen sind, die "wahre Heldentaten" vollbrachten.

Zur Sprache kam die stockfinstere Nacht wegen des Stromausfalls 1993, bei der lediglich die Weihnachtsbeleuchtung in Gang geblieben war und neben dem Licht aus Notstromgeneratoren für Beleuchtung der überfluteten Altstadt gesorgt hatte.

Neben den aufgelisteten Daten, Fakten und Zahlen der Schüler sorgten die Anekdoten für Gesprächsstoff: dass man etwa Sandsäcke besser nicht komplett füllt, so dass man sie beim Mauer-Herstellen besser modellieren kann. Oder die in der Flut aufschwimmenden Heizöltanks; nach Auslaufen eines mit tausenden Litern gefüllten Behälters stank die Stadt noch fünf, sechs Jahre nach dem Heizöl, an manchen Altstadtstellen sei bis heute noch ein Geruch wahrzunehmen.

Ob man aus all diesen Fluterfahrungen gelernt hat? Neben Öltankverbot und Pumpenausrüstungen zeigte sich, dass man bei der Vorbeugung immer noch etwas tun kann. So könne etwa die Kommunikation des Bürgermeisteramts verbessert werden. Jeder einzelne erhalte durch Verfolgen etwa per App der Pegel in Gundelsheim vier Stunden Vorlauf, bis die Flut am Lauer ankomme; auch gibt es heute jede Menge Möglichkeiten, sich durch frühzeitige Information möglichst viel Zeit verschaffen, um sich auf den bevorstehenden Notstand vorzubereiten.

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