Wie Digitalisierung Handwerkern helfen kann
Im Auftrag der Dualen Hochschule wurden 240 Handwerks-Unternehmen und Händler befragt - Studenten bieten Analyse an

Mosbach. (pm) Handwerk lebt von Jahrhunderte alter Tradition. Die Digitalisierung bedeutet jedoch auch für diese Branche einen großen Umbruch, wie eine Studie der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) Mosbach zeigt. Studierende des BWL-Studiengangs Branchenhandel Bau, Haustechnik, Elektro befragten dazu 240 Unternehmen und stellten ihre Ergebnisse auf der Tagung "Branche meets Hochschule" vor.
"Im ländlichen Raum, auf dem Dorf, funktioniert der persönliche Kundenkontakt noch. Der Handwerker ist bekannt und erhält leichter Aufträge als ein unbekannter oder weiter entfernter Mitbewerber", erklärt Studiengangsleiter Prof. Dr. Alexander Neumann zunächst die Risiken der Digitalisierung. "In den Großstädten hingegen wächst der unpersönliche Kontakt über die digitalen Medien immer stärker. Hier ist das klassische mittelständische Handwerk kaum vertreten, sondern die neuen digitalen Wettbewerber dominieren."
Darunter fallen Online-Portale wie MyHammer, auf denen häufig ein Preisbrecher unterwegs ist und die Preise der klassischen Handwerker drückt, genauso wie Großhandwerker, die internet-gestützt einfache Abwicklung und Preisvorteile für die Kunden bieten.
Hintergrund
Die Studierenden des DHBW-Studiengangs BWL – Branchenhandel Bau, Haustechnik, Elektro – bieten noch bis Anfang Dezember eine Betriebsanalyse eines Handwerksunternehmens an. Die Studierenden nehmen die Analyse bei einem Handwerksunternehmen vor, indem sie an mindestens einem
Die Studierenden des DHBW-Studiengangs BWL – Branchenhandel Bau, Haustechnik, Elektro – bieten noch bis Anfang Dezember eine Betriebsanalyse eines Handwerksunternehmens an. Die Studierenden nehmen die Analyse bei einem Handwerksunternehmen vor, indem sie an mindestens einem Tag Mitarbeiter des Handwerksunternehmens bei der Leistungserbringung begleiten und dabei reflektieren, inwieweit die Anforderungen an einen exzellenten Handwerksbetrieb umgesetzt werden.
Die Studierenden müssen dem Handwerksunternehmen eine Rückmeldung ausarbeiten, und das Ergebnis ihrem Studiengang und ggf. dem Handwerker präsentieren. Wie in den letzten Jahren freut sich der Studiengang über Handwerksunternehmen, die sich im Wintersemester 2019 beteiligen wollen, um über die Studierenden eine Rückmeldung zur eigenen Leistung zu erhalten und mögliche Potenziale zur Verbesserung aufgezeigt zu bekommen.
> Anmeldungen sind per E-Mail an: alexander.neumann@mosbach.dhbw.de möglich. Der Studiengangsleiter Prof. Dr. Alexander Neumann beantwortet Fragen unter Telefon 06261/939113.
Zwar sind Dreiviertel der befragten Handwerker mit einer Homepage im Internet vertreten, aber Online-Marketing, also eine aktive digitale Werbung, betreibt nur ein Viertel von ihnen. "Leider sind die kleinen und mittleren Handwerksunternehmen häufig nicht nur in der Außendarstellung wenig digital unterwegs, sondern auch bei der internen Abwicklung", erläutert Neumann.
Die meisten Unternehmen haben ein eigenes Lager in den eigenen Fahrzeugen und zusätzlich zentral am eigenen Standort, doch nur jeder zweite Handwerker bewirtschaftet das mit Software-Unterstützung. Das Material wird dadurch meist nicht systematisch erfasst. Die Hälfte der Handwerker, so Neumann, setzt auf kurzfristige Bestellung des Materials.
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"Deshalb nennen 80 Prozent der Handwerker die Schnelligkeit und Zuverlässigkeit der Lieferung, 67 Prozent die Nähe des nächsten Abholstandorts und 70 Prozent den Preis als Gründe, sich für einen bestimmten Großhändler zu entscheiden." Denn, so Neumann: "Kein Kunde bezahlt bei den heutigen, durch den Handwerkermangel steigenden Stundensätzen auch noch gerne zusätzliche Fahrten zur Materialbeschaffung."
Er sieht deshalb in der Digitalisierung nicht nur Risiken, sondern auch ein großes Potenzial, für die Kunden attraktiv zu sein, schnellere und präzisere Angebote und auch Rechnungen zu schreiben, das richtige Material zur richtigen Zeit zu bestellen und das Personal bestmöglich einzusetzen – und damit Preisvorteile zu erzielen, die an den Kunden weitergegeben werden können.
"Wohnen muss erschwinglich bleiben für den Bürger", fordert der BWL-Professor das Handwerk auf, die Chancen der Digitalisierung ebenso gut zu nutzen wie die großen digitalen Mitbewerber. "Für den mittelständischen und kleinen Handwerker empfehlen wir, sich einen Partner dafür zu suchen."
Auch Handwerkskooperationen bieten neue digitale Lösungen an. "Der konkrete Kundentermin ist häufig dringender als die längst überfälligen Überlegungen, wie man seine Abläufe optimiert. Auch die nächste Werbemaßnahme wird erst dann geplant, wenn der Kopf dafür frei ist. Also eigentlich nie …", bestätigt Ulrich Bergmann.
Er ist nicht nur seit einem Jahrzehnt Lehrbeauftragter an der DHBW Mosbach, sondern auch Geschäftsführer bei BADnet, einem Zusammenschluss von rund 100 Handwerksunternehmen aus ganz Deutschland zu einem Arbeitskreis Komplettbad. "Mit einer digitalen Lösung kann ein Kunde sein individuelles Bad planen und der Handwerker das Projekt anschließend kostengünstig abwickeln." Alexander Neumann, dessen Studierende neben den Handwerksbetrieben auch den Großhandel befragte, weiß: "Bisher bieten nur wenige Großhändler ein vergleichbares, durchgängiges Angebot auch für andere Bereiche."



