Seckach: Hermann ermutigt zum Handeln in Sachen Bahnhof
Der Verkehrsminister besuchte gestern Seckach - Bürgermeister Ludwig fordert Wiedereinführung schnellerer Zug-Verbindungen

Auf seiner Sommertour durch den Kreis besuchte der baden-württembergische Verkehrsminister Winfried Hermann gestern Seckach. Unsere Aufnahme zeigt (v.l.) Landrat Dr. Achim Brötel, Minister Hermann, Seckachs Bürgermeister Thomas Ludwig, die Vorsitzende der Kreistagsfraktion der Grünen, Simone Heitz, den Vorstandssprecher der Kreis-Grünen, Hans-Detlef Ott, die den Neckar-Odenwald-Kreis betreuende grüne Landtagsabgeordnete Schneidewind-Hartnagel und Osterburkens Bürgermeister Jürgen Galm. Foto: Gassenbauer
Seckach. (bg) Der baden-württembergische Verkehrsminister Winfried Hermann legte gestern auf seiner Reise durch den Kreis einen rund einstündigen Zwischenstopp in Seckach ein, wo beim Treffen mit Bürgermeister Thomas Ludwig das Thema "Bahn" im Mittelpunkt stand. Ludwig informierte über das Bemühen der Gemeinde, das leer stehende Bahnhofsgebäude zu sanieren und einer neuen Nutzung zuzuführen, wozu der grüne Verkehrspolitiker die Gemeinde ermutigte. Zugleich forderte der Bahn-Experte Ludwig die Wiedereinführung schnellerer Zug-Verbindungen zwischen dem nördlichen Neckar-Odenwald-Kreis und dem Raum Heidelberg/Mannheim.
Auf seiner Sommertour kam Verkehrsminister Hermann gestern kurz nach 11 Uhr mit der Bahn auf dem Seckacher Bahnhof an, wo Bürgermeister Ludwig dem Gast zunächst dass leer stehende Bahnhofsgebäude vorstellte, das im Jahr 2007 von der Gemeinde erworben wurde und seither einer neuen Nutzung harrt.
Das Thema "Bahnhofsgebäude" und der regionale Schienenverkehr im Allgemeinen standen im Mittelpunkt der anschließenden Gesprächsrunde im Rathaus, an der auch Landrat Dr. Achim Brötel, Osterburkens Bürgermeister Jürgen Galm sowie die Vorsitzende der Kreistagsfraktion der Grünen, Simone Heitz, der Vorstandssprecher der Kreis-Grünen, Hans-Detlef Ott, und die den Neckar-Odenwald-Kreis betreuende grüne Landtagsabgeordnete Charlotte Schneidewind-Hartnagel teilnahmen.
Wie Bürgermeister Ludwig, der kurz die Gemeinde vorstellte, in der Gesprächsrunde aufzeigte, sucht die Gemeinde intensiv Nutzungsmöglichkeiten und Investoren für das 1866 gebaute Bahnhofsgebäude, das ab 1992 mit der Einstellung des Fahrkartenverkaufs von der Deutschen Bahn nicht mehr benötigt wurde. Ziel sei es, aus dem derzeitigen "Schandfleck" alsbald ein Schmuckstück zu machen und neues Leben in das stattliche Gebäude zu bringen.
Dafür gebe es zwar etliche Ideen - von der gastronomischen Nutzung und dem Hotel für Eisenbahnfreunde bis hin zur Schaffung einer Einrichtung für Senioren - und für einen Teilbereich des Gebäudes auch bereits einen potenziellen Nutzer, aber der Sanierungsbedarf sei mit geschätzten 2,5 Millionen Euro enorm für eine ländliche Gemeinde, die vorrangig eine Menge an Pflichtaufgaben finanzieren müsse und für daneben Wünschenswertes wenige finanziellen Spielraum habe. Der Gemeinderat werde in absehbarer Zeit darüber entscheiden müssen, ob sich die Gemeinde die ins Auge gefasste Grundsanierung des Gebäudes im Rahmen der Stadtsanierung leisten könne und wolle.
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Ludwig machte zugleich deutlich, dass die Lage im "Niedrigwertgebiet" Investoren trotz attraktiver Denkmalabschreibung und Städtebauförderung eher abschrecke, sodass sich die Frage stelle, ob sich die Flächen nach einer Grundsanierung durch die Gemeinde nicht leichter vermarkten ließen.
Sollte jemand erwartet haben, dass der Minister hinsichtlich des Projekts auf zusätzliche Fördertöpfe aufmerksam macht, sah er sich getäuscht. Wohl aber ermutigte Hermann die Gemeinde, die ins Auge gefasste Grundsanierung in Angriff zu nehmen. Ein Bahnhof solle und können die Visitenkarte einer Gemeinde sein, unterstrich Hermann mit Blick auf die Zahl von täglich rund 1 000 Reisenden in Seckach. Er bedauerte, dass sich ein großer Teil der Bahnhöfe in Deutschland in einem "miserablen Zustand" befände. Ein Grund liege in Fehlern der Politik bei der Bahnreform.
Osterburkens Bürgermeister Galm bezeichnete es in diesem Zusammenhang als großes Ärgernis, dass die Deutsche Bahn von den Gemeinden die Erledigung von Aufgaben erwarte, die - von der Reinigung des Bahnhofsvorplatzes über das Vorhalten von Toiletten für Reisende bis zur Schaffung von P&R-Parkplätzen - "eigentlich Sache des Staatsunternehmens Bahn" wären. Landrat Dr. Achim Brötel regte die Fortführung eines Bahnhof-Standortprogramms an.
Seckach Bürgermeister Ludwig stellte zugleich die Bedeutung der Bahnknotenpunkte Seckach und Osterburken heraus und forderte die Wiedereinführung schnellerer Verbindungen zwischen dem nördlichen Neckar-Odenwald-Kreis und dem Raum Heidelberg/Mannheim. Die Einführung der S-Bahn im Dezember 2003 sei zwar ein Segen für die Region gewesen; dass mit dem damit verbundene Ende der Ära der Schnell- und Eilzüge zwischen Osterburken und Mannheim schnelle Verbindungen fehlen, sei freilich ein erheblicher Standortnachteil für den Norden des Kreises. Die S-Bahn benötige heute zwischen Osterburken und Mannheim (1 Stunde 44 Minuten) 28 Minuten länger als ein Zug im Jahre 1975.
Als Lösungsmöglichkeit nannte Ludwig unter anderem die Ergänzung der Regionalexpresslinie Mannheim - Heilbronn um einen Flügelzug nach Osterburken und zurück mit Zwischenhalten nur in Mosbach und Seckach (die lange Fahrzeit der S-Bahn resultiert daraus, dass sie 30 Haltepunkte bedient). Die "de-Luxe-Variante" wäre eine Regionalexpress- oder Interregio-Line (Hof-) Würzburg - Mannheim (-Saarbrücken). Zudem sei ein Ringzugmodell der Stadtbahn Heilbronn über Mosbach-Neckarelz und Osterburken denkbar. Es sei dringend geboten, dass die Politik für entsprechende Verbesserungen sorge; die notwendigen Mehraufwendungen seien im Verhältnis zum gesamten Verkehrsetat unerheblich, betonte der Bahn-Experte Ludwig.
Weiter kritisierte Ludwig die "Unsitte" beim Verkehrsunternehmen DB Region Südwest, bei Betriebsstörungen im Kernraum der Metropolregion verspätete Züge der S-Bahn-Linie 1 in Richtung Osterburken bereits in Seckach oder sogar schon in Mosbach-Neckarelz auf den Gegenzug wenden und damit weitere Halte ersatzlos entfallen zu lassen. Diese "Kurzwenden" stellten für die Reisenden und für die Kommunen unseres Raumes einen inakzeptablen Zustand dar.



