Osterburken: Regionaler Industriepark verliert bedeutenden Arbeitgeber
PAN-DUR verlagert seinen Hauptsitz nach Boxberg - In Osterburken ließen sich Expansionspläne nur in eingeschränkter Form verwirklichen

Optisch ein Hingucker und in Sachen Energieeffizienz mit eindrucksvollen Werten: Die neuen Kühlmöbel aus dem Hause "PAN-DUR" kommen auf dem Markt sehr gut an.
Von Rüdiger Busch
Osterburken. Mit bemerkenswerter Innovationskraft hat sich das frühere Textilunternehmen PAN-DUR in wenigen Jahren zum international gefragten Experten auf dem Sektor Energieeffizienz entwickelt. Infrastruktur und bauliche Rahmenbedingungen konnten aber mit dem hohen Tempo, das die Ideenschmiede Tag für Tag vorlegt, nicht Schritt halten. Auch deshalb hat sich die Inhaberfamilie Weiß dazu entschlossen, den Hauptsitz des Unternehmens von Osterburken nach Boxberg-Windischbuch zu verlagern. Noch in diesem Jahr sollen dort eine große Produktionshalle sowie ein Verwaltungsgebäude errichtet werden. Der bisherige Stammsitz im RIO soll künftig in erster Linie nur noch für Entwicklung, Konstruktion, Musterbau und Kleinserienfertigung genutzt werden.
"Zentraler Standort unseres Unternehmens ist und bleibt Osterburken", hatte Albert Weiß vor knapp einem Jahr gesagt und eine Einschränkung hinterhergeschoben: "Wenn wir eine Lösung für unsere Expansionspläne finden!" Doch die wurde nicht gefunden, und so verliert der RIO einen seiner größten Arbeitgeber und Gewerbesteuerzahler.
Die Probleme sind seit Jahren bekannt: Erstens ist am bestehenden Firmengelände eine vernünftige Betriebserweiterung nicht zu verwirklichen. Und zweitens bereitet die unbefriedigende Verkehrssituation den Verantwortlichen Kopfzerbrechen. Zwei Sackgassen flankieren das Firmengelände, und für den Schwerlastverkehr gibt es keine Wendemöglichkeiten. In Spitzenzeiten führt das stetig steigende Verkehrsaufkommen zu teilweise chaotischen Situationen.
"Uns wurden immer wieder Versprechungen gemacht, auf deren Einhaltung wir jetzt nicht mehr warten können", erklärt Firmengründer Albert Weiß und nennt den Bau einer Umgehungsstraße und einer Wendeplatte als Beispiele. Als besonders problematisch hat sich die schon seit Jahren bekannte, völlig unzureichende Internet-Versorgung entwickelt. Nach der Inbetriebnahme des neuen Glaswerkes in Ilmenau ist das innerbetriebliche Netz komplett zusammengebrochen. Auch ein zusätzliches Kupferkabel konnte keine nachhaltige Verbesserung bringen. Was fehlt, ist eine leistungsfähige Glasfaseranbindung.
Die strategische Neuausrichtung des Unternehmens hat jetzt den Handlungsdruck derart erhöht, dass eine Entscheidung nicht mehr länger hinausgezögert werden konnte. PAN-DUR entwickelt sich gerade vom Komponentenlieferanten zum Lieferanten kompletter Kühlmöbel.
Nachdem Gespräche über den Kauf eines benachbarten Firmengeländes gescheitert waren, hatte Weiß begonnen, sich nach Alternativen umzuschauen und war dabei auf das Gewerbegebiet "Seehof" (das früher geplante Daimler-Teststreckengelände) bei Boxberg gestoßen. Dort wurde PAN-DUR ein 43 000 Quadratmeter großes Grundstück angeboten, das zwischenzeitlich in Besitz der Firma Würth war, ehe es die Stadt zurückerwarb.
Im Sinne eines offenen und transparenten Entscheidungsprozesses beauftragte PAN-DUR einen Generalunternehmer für zwei Projektstudien. Verglichen wurde dabei ein Neubau in Osterburken mit dem in Boxberg. Die Osterburkener Variante wäre auf einem etwa zwei Hektar großen Grundstück in unmittelbarer Nähe des Firmenareals, allerdings nicht direkt angrenzend, zu verwirklichen. Zwischen den Gebäuden von PAN-DUR würde dabei - wie eine Insel - das Areal einer andere Firma liegen.
Doch dies wurde in der Studie nicht als einziger Nachteil des Standorts Osterburken angeführt. Auch die Grundstücks- und die zu erwartenden Baukosten sprachen eindeutig für Windischbuch. "Wir wollten am liebsten hierbleiben", verdeutlicht Albert Weiß, "aber die Kostenunterschiede und die logistischen Vorteile waren am Ende so groß, dass uns eigentlich keine Wahl blieb."
Vor gut drei Wochen hat PAN-DUR das Grundstück in Windischbuch erworben. Im Zuge der Verlagerung des Hauptsitzes wurde auch die Unternehmensnachfolge geregelt: Dafür wurde eine neue GmbH und Co. KG gegründet. Hauptgesellschafter sind die Kinder Matthias und Nadine Weiß.
Derzeit laufen die Verhandlungen mit mehreren Generalunternehmern, die den ersten Bauabschnitt, der aus einer großen Produktions- und Lagerhallen und einem Verwaltungsgebäude besteht (Nutzfläche: rund 8500 Quadratmeter), schlüsselfertig errichten soll. Baubeginn soll noch in diesem Jahr sein. Für den ersten Bauabschnitt sind Investitionen von etwa zehn Millionen Euro nötig.
Die Planungen sehen vor, dass der neue Hauptsitz 2016 bezogen wird. In Osterburken würden dann - bis auf Weiteres - die Bereiche Technik, Entwicklung, Konstruktion, Muster- und Prototypenbau sowie Kleinserienfertigung verbleiben. Die Zahl der Mitarbeiter im RIO würde von 100 auf 25 bis 30 sinken. In Windischbuch wären es anfangs 70, wobei diese Zahl mittelfristig auf 100 bis 120 steigen soll. Wie lange PAN-Dur mit zwei Standorten arbeiten wird, ist derzeit völlig offen: "Das muss die Zeit zeigen." In Windischbuch seien ausreichend Erweiterungsmöglichkeiten gegeben.
"Es ist ein gewaltiger Schritt für unsere Firma und die Familie", unterstreicht Albert Weiß. Und welche Gefühlen begleiten ihn dabei? "Einerseits verspüre ich eine Aufbruchsstimmung, denn mit dem Neubau sind viele positive Aspekte wie das Ende der fortwährenden Einschränkungen verbunden. Als Ravensteiner fühle ich mich auch weiterhin der Region verbunden. Der Standort in Windischbuch wird jedoch eine stärkere Orientierung in Richtung Bad Mergentheim mit sich bringen. Die Entfernung von rund 20 Kilometer zwischen den beiden Standorten sollte für unsere Mitarbeiter kein Problem sein."



